Corona
Gibt’s bald ein bisschen „Freiheit“
Eine Frau wartet vor einer Bäckerei. Weitreichende Alltagsauflagen im Kampf gegen die Pandemie sollen in den nächsten Wochen in festgelegten Schritten wegfallen – so hat es die Politik vereinbart.
Eine Frau wartet vor einer Bäckerei. Weitreichende Alltagsauflagen im Kampf gegen die Pandemie sollen in den nächsten Wochen in festgelegten Schritten wegfallen – so hat es die Politik vereinbart.
Arne Dedert, dpa
Christian Grimm von Christian Grimm Fränkischer Tag
Berlin – Obwohl der Omikron-Scheitel der Pandemie überschritten ist, warnt Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Ministerpräsidenten.

Dänemark, Schweden und England sind seine Vorbilder nicht. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will keinen Corona-Freiheitstag feiern wie in anderen Ländern – zumindest nicht in den nächsten Wochen. „Ich finde diese Vorgehensweise richtig. Wir sind nicht wirklich in sicheren Gewässern“, sagte Lauterbach am Freitag in Berlin.

Er appellierte an die Ministerpräsidenten der Bundesländer, trotz der rückläufigen Fallzahlen auf schnelle, zusätzliche Lockerungsschritte zu verzichten. Zuletzt hatten einige Länderchefs ohne Abstimmung mit ihren Amtskollegen die Seuchenpolitik deutlich entspannt.

Noch immer über 200 000 Fälle pro Tag

Bei ihrer Runde am Mittwoch hatten sie sich dann gemeinsam mit der Bundesregierung darauf festgelegt, dass die Corona-Einschränkungen schrittweise aufgehoben werden. Sie sollen schließlich am 20. März bis auf wenige Ausnahmen, wie das Tragen von Masken, entfallen. „Das ist alles auf Kante genäht. (...) Das ist das Maximum, was wir uns leisten können“, betonte der SPD-Minister.

Seine Seuchenpolitik richtet Lauterbach an einem Modell des Robert-Koch-Institutes (RKI) aus, das die Ausbreitung des Virus unter bestimmten Bedingungen vorhersagt. Laut diesem Modell hat Deutschland den Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten. Das RKI hatte zuvor rund 220 000 Neuinfektionen gemeldet und damit 20 000 weniger als die Woche zuvor. Die bundesweite Inzidenz ging weiter zurück, liegt aber immer noch bei über 1300. Die Krankenhäuser sind nach Einschätzung des Gesundheitsministers ungeachtet der rasanten Ausbreitung nicht mehr von einer Überlastung bedroht.

2500 Menschen kämpfen um ihr Leben

Auf den Intensivstationen kämpfen knapp 2500 Corona-Patienten um ihr Leben. Das sind halb so viele wie auf dem Höhepunkt der Delta-Woge Ende vergangenen Jahres. An den aktuellen Zahlen von den Intensivstationen waren zuletzt Zweifel laut geworden, weil zum Beispiel schwer verletzte Unfallopfer mitgezählt werden, die sich mit Corona angesteckt haben, aber nicht deshalb intensivmedizinisch behandelt werden müssen.

Lauterbach kündigte an, dass in der nächsten Woche 1,4 Millionen Dosen des neuen Impfstoffes Novavax ausgeliefert werden. Das Präparat könnte für bislang Ungeimpfte interessant sein, weil es sich um einen Totimpfstoff handelt. Er schleust virusähnliche Partikel in den Körper, der dann dagegen Antikörper bildet. Es handelt sich dabei um das klassische Impfverfahren und nicht um die neue RNA-Methode von Biontech und Moderna, gegen die es Misstrauen gibt.

Novavax: Für Ungeimpfte interessant?

Der SPD-Minister will Novavax hauptsächlich bei nicht geimpftem Personal in Kliniken, Krankenhäusern und Pflegediensten einsetzen. Dort soll ab Mitte März eine Impfpflicht für die Beschäftigten greifen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat angekündigt, die Vorschrift zunächst nicht umzusetzen. Er befürchtet, dass die Versorgung der Alten und Kranken nicht mehr flächendeckend gewährleistet ist, weil ungeimpfte Pfleger, Schwestern und Ärzte nicht mehr zum Dienst kommen dürften.

Der Immunologe Michael Meyer-Hermann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung warnte davor, wegen der vielen Ansteckungen mit der Omikron-Variante davon auszugehen, dass in der Bevölkerung ein guter Immunschutz bestehe. Eine alleinige Omikron-Infektion schütze nicht gut gegen andere Mutationen des Erregers, sagte Meyer-Hermann. Lauterbach hatte den Professor zu seinem Auftritt mitgebracht. Beide riefen bislang Ungeimpfte dazu auf, sich nach einer durchgemachten Omikron-Ansteckung die schützenden Spritzen geben zu lassen. Schon eine Dosis sorge für einen belastbaren Schutz vor einer schweren Erkrankung.

Impfzentren sollen geöffnet bleiben

Damit alle möglichst schnell an eine Impfung herankommen, sollen die Impfzentren geöffnet bleiben, auch wenn das teuer ist. Der Bund hat den Ländern zugesagt, sich daran finanziell zu beteiligen. Zuletzt hatte die Impfkampagne deutlich an Fahrt verloren.

In den zurückliegenden Tagen wurden jeweils weniger als 200 000 Spritzen verabreicht. Vor Weihnachten waren es zeitweise über eine Million Dosen täglich. Mittlerweile sind 75 Prozent der Bevölkerung mindestens zweifach geimpft.

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