Man müsse die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Erinnerns nicht mehr stellen, denn in der Ukraine sei der Krieg wieder mitten in Europa, nur 1750 Kilometer von Kitzingen entfernt. Menschen würden nicht irgendwo auf der Welt Opfer von Krieg und Zerstörung, nicht irgendwo unterdrückt, vertrieben, verschleppt oder gar getötet, nein, alles finde wieder auf unserem Kontinent statt.
Ein Tag zum Nachdenken und Handeln
Der Volkstrauertag sei nicht nur ein Tag der trauernden Erinnerung, sondern ein Tag, der zum Nachdenken und Handeln aufrufe, auffordere, sich damit auseinanderzusetzen, was während der beiden Kriege und der NS-Herrschaft an Gewalt und Unmenschlichkeit geschah und was heute Entsetzliches geschieht. "Der Volkstrauertag ist gerade heute hochaktuell", sagte Güntner. Auch wenn es nicht in unseren Zeitgeist passe, müsse man sich damit auseinandersetzen, was ein Krieg in dieser Nähe zu Deutschland bedeute.
Die Feierstunde wurde vom evangelischen Posaunenchor und dem Gemeindechor InTakt gestaltet, das Gebet sprach Dekanin Kerstin Baderschneider.
Die Reservistenkameradschaft Kitzingen (RK) erinnerte auf dem Neuen Friedhof an die Gründung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge 1919. Vor Jahresfrist habe niemand ahnen können, dass sich die Welt am 24. Februar 2022 um Jahrzehnte zurückdrehen könnte, willkürliche, brutale Gewalt gegenüber Zivilisten jeden Alters, Männer und Frauen vom Kind bis zum Greis auf der Tagesordnung stehen könnte – nur einen Tag nach dem Gedenken an die Opfer des Bombenangriffes auf Kitzingen 1945.
Ein Blumengesteck und eine Kerze für 19 unbekannte Soldaten
Seit neun Monaten herrsche ein völkerrechtswidriger Eroberungskrieg, mit Auswirkungen auch auf uns. Deutschland und Europa seien keine unmittelbare Kriegspartei, würden aber in einen gnadenlosen Wirtschaftskrieg gezwungen, der die Destabilisierung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zum Ziel habe.
Ein Blumengesteck und eine Kerze schmücken die Gräber von 19 unbekannten Soldaten in Kitzingen, an denen man sonst eher achtlos vorübergeht. Hier fanden 53 Wehrmachtssoldaten ihre letzte Ruhe. Das Totengedenken sprach Astrid Glos.