Zeit und Regen, beide können sowohl heftig als auch zärtlich sein. Beide sind immer Anlass für Veränderungsprozesse. Verwandlung, Wahrnehmung und die weltverändernde Kraft der Fiktion sind die Themen, um die die Ausstellung „Zeitregen“ kreist, die der Kunstverein Bamberg am 1. April im Kesselhaus eröffnet. Die Bilder von Jochen Plogsties und Bettina Scholz ermöglichen uns sekundenschnelle gedankliche Sprünge in verschiedene Zeiten und Epochen.
Rätselhafte Objekte
Die stark farbigen Glasbilder und rätselhaften Objekte von Bettina Scholz scheinen die visuellen Ideen des Abstrakten Expressionismus mit sakralen Bildentwürfen und Science-Fiction-Szenarien zu kreuzen. Ihre Inspirationen aus Literatur, Mythologie, Film und Musik bezeichnet sie als Wahlverwandtschaften, als ein geistiges Kollektiv, das ihre eigene Arbeit wie eine Familie begleitet oder sogar bedingt. So finden fratzenhafte Wasserspeier, die geisterabwehrend auf den Dächern der gotischen Kathedralen sitzen, ebenso Eingang in ihre Bilder, wie Gedichte von Gertrude Stein oder elektronische Musik aus der Clubkultur der Großstädte. Für die Ausstellung in Bamberg formte die Künstlerin Blattmasken aus Ton, die Bezug nehmen zu der berühmten Blattmaske des Bamberger Reiters, aber auch zur zeitgenössischen Fantasy wie der Serie „Game of Thrones“.
Jochen Plogsties’ Malerei reist ebenso durch Zeit und Raum, mit augenscheinlich anderen Mitteln. Er malt Bilder von Bildern – seine Quellen sind altmeisterliche Ikonen, Hauptwerke verschiedenster kunsthistorischer Epochen oder Darstellungen aus Magazinen. Seine Malerei hat eine offene, durchlässige Struktur, in der wir immer nur fast etwas greifen können, das dann im nächsten Moment wieder zu verschwinden scheint.
Realität, Zeit und Raum
Als Antipoden treffen die künstlerischen Positionen von Bettina Scholz und Jochen Plogsties in „Zeitregen“ aufeinander. Gegensätzlicher kann die Wahl der malerischen Mittel kaum sein. Es verbindet sie jedoch ein assoziativer Umgang mit Realität, in der Zeit und Raum nicht linear erscheinen und in der Ur-Altes mit ganz Neuem gleichzeitig gedacht werden kann.
Bettina Scholz wurde 1979 in Neuruppin/Brandenburg geboren; sie lebt und arbeitet in Berlin. Von 2006 bis 2012 hat sie Malerei/Freie Kunst an der Kunsthochschule Berlin Weissensee und am Chelsea College of Art in London studiert. Ihre Arbeiten wurden in den letzten Jahren unter anderem in der Kunsthalle Rotterdam, den Deichtorhallen Hamburg, in Berlin und Düsseldorf gezeigt. Seit November 2021 ist Bettina Scholz Professorin für Malerei an der Alanus Hochschule/Studienzentrum Mannheim.
Jochen Plogsties wurde 1974 in Cochem an der Mosel geboren; er lebt und arbeitet in Leipzig. Von 1999 bis 2003 studierte er Malerei bei Friedemann Hahn an der Kunsthochschule Mainz, von 2003 bis 2006 bei Arno Rink an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. 2008 beendete er sein Meisterschülerstudium bei Neo Rauch. Er stellte unter anderem in Leipzig, Hannover und Hamburg aus.
Zur Ausstellung
„Zeitregen“, 2. April bis 15. Mai, Eröffnung am 1. April um 17 Uhr mit anschließendem Künstlergespräch im Kunstraum Kesselhaus, Untere Sandstraße 42 (Eingang am Leinritt). Öffnungszeiten: Fr 15-18 Uhr, Sa-So 11 – 18 Uhr, Eintritt frei