Hat ein 22-jähriger Arbeiter aus dem Landkreis bei einer Gerichtsverhandlung im Zeugenstand gelogen, um seinem Kumpel eine Geldstrafe zu ersparen? Diese Frage musste am Mittwoch das Amtsgericht klären. Weil Richter Christoph Gillot Restzweifel an der Schuld des Angeklagten hatte, sprach er ihn am Ende frei.
Im Februar vergangenen Jahres fuhr der Angeklagte mit seinem Kumpel mit dessen Auto in der Brückenstraße in Haßfurt, als hinter ihnen plötzlich ein Polizeiauto auftauchte und sie aufgefordert wurden anzuhalten. Die Beamten warfen dem 25-jährigen Fahrer vor, während der Fahrt in sein Handy geschaut zu haben, strafbar als Ordnungswidrigkeit. Der 25-Jährige erhielt einen Bußgeldbescheid über 228,50 Euro, gegen den er Einspruch einlegte, weshalb es zur Gerichtsverhandlung kam.
Wer hatte das Handy nun wirklich in der Hand?
Dort nahm der Angeklagte im Zeugenstand die Schuld auf sich. Er habe seinem Kumpel, der am Steuer saß, sein eigenes Handy hingehalten, um ihm etwas zu zeigen, sagte er in der Verhandlung. Die Richterin glaubte damals jedoch der Aussage eines Polizeibeamten, der sich absolut sicher war, dass der Fahrer selbst das Handy hielt. Auf Anraten der Richterin nahm der 25-Jährige seinen Einspruch zurück.
Da die Zeugenaussage seines Kumpels unsicher war und Unstimmigkeiten aufwies, leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage gegen den 22-Jährigen ein. Auf der Anklagebank blieb er dabei, dass er damals als Zeuge die Wahrheit gesagt habe. Die Polizeibeamten hätten ihn damals mit seinem Kumpel verwechselt, da sie mit identischen Jacken bekleidet gewesen seien. Die Ordnungshüter hätten die Szene nur für einen Augenblick gesehen. Da sei eine Verwechslung leicht möglich gewesen, argumentierte der Angeklagte.
Haben sie sich abgesprochen?
Eher für Verwirrung als für Aufklärung sorgte sein Kumpel im Zeugenstand. Er gab zu Protokoll, der Angeklagte habe ihm damals auf dessen Handy Essensgutscheine eines Fast-Food-Lokals gezeigt. In einem Beschwerdebrief an die Bußgeldstelle hatte er dagegen zuvor angegeben, er habe auf dem Handy ein anderes Lied ausgesucht. Der Richter mutmaßte daher, dass die Aussage mit dem Angeklagten abgesprochen war.
Denn für den stand viel auf dem Spiel. Er ist siebenfach vorbestraft und stand zum Tatzeitpunkt unter laufender Bewährung wegen einer Körperverletzung. Die Staatsanwältin plädierte daher auf eine achtmonatige Freiheitsstrafe – ohne Bewährung. Sie sah viele Widersprüche in den Aussagen und vermutete ebenfalls eine Absprache der beiden Kumpels.
Freispruch mit Bauchschmerzen für den Richter
Verteidigerin Kerstin Rieger forderte Freispruch für ihren Mandanten. Ihr Argument: „Die Aussagen stimmen weitgehend überein.“ Wer das Handy gehalten habe, sei in der Kürze der Zeit nicht eindeutig zu erkennen gewesen, argumentierte sie. Der Vorsitzende schloss sich der Verteidigerin an, sagte dann aber, dies sei ihm „schwergefallen“.
Der Angeklagte und der Zeuge hätten „viel Mist erzählt“, meinte der Richter. Die Polizeibeamten seien subjektiv davon überzeugt gewesen, dass der Fahrer das Handy in der Hand gehalten habe. Es könne jedoch auch anders gewesen sein, weshalb der Angeklagte – in dubio pro reo – freizusprechen sei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.