Dass Kirche und Karneval keine Gegensätze sein müssen, wurde am Sonntag wieder in der Magdalenenkirche in Ebelsbach deutlich. In einem stimmungsvollen Gottesdienst kam die Liturgie nicht zu kurz, und den Akteuren gelang auch der Balanceakt zwischen Predigt und Büttenrede, zwischen Evangelium und dem Leben. Diakon Joachim Stapf trat diesmal verkleidet als „Gärtner“ in den „Kirchengarten“ und machte sich seine Reime auf Gott und die Welt, aber auch auf die Ungereimtheiten dieser Tage.
Seit Jahren lädt die Pfarreiengemeinschaft „Maintal-Heilige Länder“ zu diesem besonderen Gottesdienst am Faschingssonntag ein, und schon lange war das Gotteshaus nicht mehr so gefüllt wie diesmal. Selbst der „Kirchenclown“ (Claudia Reinwand) wunderte sich, dass die Besucher keine Angst mehr vor dem Coronavirus und den Hygienevorschriften hatten. „Also, dass wir in der Kirche mal statt Weihwasser Desinfektionsmittel nehmen – hättest du damit gerechnet?“
Der Clown führte mit seinen Helfern die 4G-Einlasskontrolle durch und Gärtner Diakon Joachim Stapf wunderte sich über das 4. G, das der Clown als „Gebetskontrolle“ bezeichnete. Damit hatte er selbst Probleme, weswegen ihm als Extra-Dosis vom „Glaubens-Booster“ angeboten wurde, aber er Angst vor Spritzen hatte. Gärtner Stapf sah diesen Booster aber etwas anders. „Wichtig ist, dass die Menschen mit offenen Ohren dem Wort Gottes lauschen, mit geöffnetem Mund über Gottes Werke sprechen und mit geöffneten Herzen die Liebe Gottes spüren und weitergeben.“
Gärtner Stapf war sich eingangs etwas unsicher, ob man angesichts der Vorgänge in der Welt auch den Faschingstag in der Kirche feiern könne. „Darfs da ne Büttenpredigt geben? Geht das nicht vorbei am Leben? Ist in der Kirche hier überhaupt, Humor und Lachen jetzt noch erlaubt? Ihr lieben Leute, hört mir zu! Heut lass ich euch nicht in Ruh! Die Faschingspredigt will ich halten, ihr müsst dazu das Hirn einschalten! 3 mal G habt ihr auf euch genommen und seid zum Faschingsgottesdienst gekommen. Angemalt und maskiert, mit Schmuck und Feder auch verziert. Ich seh zwar Masken überall, doch ist das heut kein Maskenball!“
Zur Frohen Botschaft passend, habe er sich verkleidet „ich komme als Gärtner, man siehts ganz klar, das passt zur Predigt gut fürwahr“. Und auf seiner Schubkarre hatte er eigentlich alles, was man so braucht, „denn zu Gärtners Aktivitäten, gehört natürlich auch das Unkraut jäten. Was im Garten nötig ist, das gilt auch für des Menschen Frist, für seine Zeit hier auf der Erde, dass Frieden, Glück uns möglich werde.“
Nicht Menschen gelte es nämlich auszurotten, doch „manche Haltung von bigotten und brutalen Menschen ohne Herz und Seele, Präsident Putin ich hierzu zähle – wenn er befiehlt Menschen zu verletzen und sogar zu töten, heißt’s zusammenhalten, sonst geht die Menschlichkeit flöten. Denn Russlands Feldherr Wladimir groß und stark, verletzt Völker und Menschen tief bis ins Mark. Er denkt nur noch an Krieg und den Erhalt seiner Macht, dieser Haltung hätte ich gerne den Garaus gemacht.“
Es fehlen Gartenmitarbeiter
Er schaute aber auch in den „Kirchengarten“ und da war es sein Traum, „dass viele Hobbygärtner kommen und alle Gartenräume in den Blick bekommen, denn unser allergrößtes Manko leider, es fehlen die Gartenmitarbeiter.“ Auch das Unkraut habe heute andre Namen und in diesen passten heute Hass, Gewalt und Rechthaberei, während der Mitmensch einerlei werde. „Intoleranz, Stolz, Streitsucht, Neid, aber auch die kalte Hartherzigkeit, dieser Haltung würde ich gern mit Lachen und ,Round up’ den Garaus machen.“
Doch hier wolle er auch Vorsicht walten lassen. Bescheidenheit sei eine Zier, „denn auch in heiligen Kirchenräume, da wachsen nicht nur gute Bäume. Man hört und liest es überall, der Kindesmissbrauch, Fall für Fall, ist nicht nur eine Peinlichkeit. Er ist viel mehr Unmenschlichkeit! Das ist ein schreckliches Verbrechen. Am liebsten nähm ich meinen Rechen, doch denk ich dann an Splitter, Balken; will lieber mal zurück mich halten.“
Aber er wollte auch nichts verschweigen. „Wahr ist, dass all diese Verbrecher, ja diese Täter, die Kinderschänder, Missetäter, sind auch Glaubens-Verräter. Ob Priester, Bischof, Pastoralreferentin oder Nonne, für unsere Kirch’ sind keine Wonne.“
Weit entfernt vom Garten Eden
Man brauche also auch nicht groß darüber reden, dass hier auf Erden bestimmt kein Garten Eden wachse. „Doch es genügt im Grunde genommen, wenn wir es anständig hinbekommen. Zum Schluss jetzt nochmal, dass ihr’s auch wisst, Krieg, Hass und Streit ist großer Mist. Wie es blüht hier im Kirchengarten an diesen Faschingstagen, so blüht die Welt auf, wenn wir Jesus hören und uns vertragen.“ Diese Fröhlichkeit kam dann auch zum Ausdruck, als die Kommunionkinder und viele maskierte Schüler und Jugendliche mit dem Schwungtuch Bälle in die Höhe warfen, mit ihren Fürbitten Luftballone in den Kirchenraum fließen ließen oder sich alle gemeinsam zum Gebet um den Altar versammelten.
Auch musikalisch wurden besondere Akzente gesetzt mit Liedern, begleitet von Doris Wasser an der Orgel, besondere Akzente gesetzt und die Blaskapelle Harmonie unter Dirigent Lehrieder brachte erfrischende Einlagen und stimmte zum Schluss auch in Faschingslider ein.