Gesellschaft
Gottesdienst zieht mehr als Demo
„Ein Zeichen gegen radikale Einstellungen“ setzten die Kirchen bei einem ökumenischen Gottesdienst im Gedenken an die Corona-Toten.
„Ein Zeichen gegen radikale Einstellungen“ setzten die Kirchen bei einem ökumenischen Gottesdienst im Gedenken an die Corona-Toten.
Christian Licha
F-Signet von Christian Licha Fränkischer Tag
Ebern – An einer ökumenischen Andacht nahmen in Ebern mehr Menschen teil als an einer zeitgleich stattfindenden Corona-Maßnahmen-Protestaktion.

Ebern setzt ein Zeichen! Zeitgleich zur bereits vierten, unangemeldeten Versammlung von Gegnern der aktuellen Corona-Maßnahmen fand am Mittwoch ein ökumenischer Gottesdienst auf dem Marktplatz statt. Der Zuspruch war mit insgesamt 150 Personen sehr hoch. Im Gegensatz dazu wurden zum Beginn der Demonstration am Bahnhof gerade einmal 36 Teilnehmer gezählt. Im weiteren Verlauf kamen zwar noch einige Personen hinzu, so dass sich die Anzahl vielleicht verdoppelte, aber dennoch weit unter 100 blieb.

In Vertretung für den katholischen Pfarrer Rudolf Theiler, der gerade im Urlaub ist, hatte Pastoralreferent Markus Lüttke zusammen mit dem evangelischen Pfarrer Bernd Grosser den Gottesdienst angemeldet. Die Freiwillige Feuerwehr Ebern sperrte die Zufahrtsstraßen zum Marktplatz für den Autoverkehr ab. Ebenfalls präsent war die Polizei, die einen friedlichen Verlauf sicherte. Es blieb auch friedlich, wenngleich eine Person versuchte, den Gottesdienst mit lauter Musik zu stören, was erfolglos blieb.

Gegen radikale Einstellungen

Die beiden Geistlichen machten kein Hehl daraus, dass der Gottesdienst zu einem ungewöhnlichen Anlass an einem ungewöhnlichen Ort und nicht nur zufällig gleichzeitig mit der Demonstration stattfinde: „Wir wollen mit dem Gottesdienst ein Zeichen gegen radikale Einstellungen setzen.“

Viele Gottesdienstbesucher erschienen mit einer Kerze in der Hand, um der Zusammenkunft ein würdiges Ambiente zu verleihen. Der Posaunenchor der evangelischen Kirchengemeinde begleitete den Gottesdienst musikalisch. Mit Fürbitten wurde nicht nur der 117 Corona-Toten im Landkreis Haßberge und der 114000 Verstorbenen deutschlandweit gedacht, sondern auch aller, die unter der Pandemie leiden.

Die aktuelle Lage könne man nur gemeinsam bewältigen, bekräftigten die beiden Pfarrer und riefen zu einem „neuen Miteinander“ auf. Der Klimawandel sei ebenfalls ein großes Problem, das man auch nur gemeinsam lösen könne. Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) zeigte sich sehr zufrieden angesichts der mindestens doppelt so hohen Teilnehmerzahl am Marktplatz im Vergleich zu der Demonstration.

Eigentlich ein hohes Gut

Auch Steffen Vogel (CSU), der Landtagsabgeordnete für den Stimmkreis Haßberge/Rhön-Grabfeld, nahm an dem Gedenkgottesdienst teil. „Das war ein großes Zeichen der Solidarität der Eberner Bevölkerung“, meinte Vogel und betonte gleichzeitig, dass das Demonstrationsrecht ein hohes Gut sei. Es könne aber nicht sein, dass man sich nicht an die Gesetzeslage halte und Versammlungen nicht anmelde.

Vogel: „Es ist schade, dass die Regeln bewusst nicht eingehalten werden und die Versammlungen von Rechten instrumentalisiert werden.“ Jeder müsse sich überlegen, mit wem er sich solidarisiere und mit wem er gemeinsame Sache mache.

Falschinformation über die Versammlung

Auf dem Gelände vor dem Bahnhof blieb es während der illegalen Demonstration friedlich. Polizeieinsatzleiter Detlef Hauck berichtete, es hätten jedoch Bußgeldverfahren eingeleitet werden müssen, weil Teilnehmer gegen die Auflagen der Allgemeinverfügung verstoßen hätten. Einige Demonstranten zeigten sich deswegen überrascht. Sie berichteten, bei einer Versammlung in Bamberg sei per Durchsage bekanntgegeben worden, dass die Eberner Demonstration angemeldet sei. Der junge Mann aus dem Landkreis Bamberg, der sich vor einer Woche spontan als Versammlungsleiter zur Verfügung gestellt und damals großmundig eine Ausweitung der Versammlungen in Ebern versprochen hatte, war indes nicht zu sehen.

Wie die Polizei bestätigte, wird gegen ihn ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, weil er als Verantwortlicher am 5. Januar die Demonstration nicht ordnungsgemäß 48 Stunden vorher angemeldet hatte. Darüber sei mit ihm deutlich und offen kommuniziert worden, teilte die Polizei mit.

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