Es war, als würden die Stadträte dem Motto folgen: „Es ist schon alles gesagt worden, aber noch nicht von Jedem!“ Denn obwohl über die Vor- und Nachteile von hybriden Sitzungen schon mehrfach gesprochen worden war, ergab sich auch in der Stadtratssitzung am Donnerstagabend eine längere Debatte. Das Thema war zwar schon behandelt, aber eben noch nicht im Stadtrat.
Wobei das „nicht von jedem“ im Grunde falsch ist – denn letztlich waren es nahezu die gleichen Redner, die sich auch bereits im Haupt- und Finanzausschuss geäußert hatten. Und das Abstimmungsverhalten war auch das gleiche. Nach zehn gegen drei im Ausschuss stimmten nun 21 gegen acht im Vollgremium dafür, auf hybride Sitzungen zu verzichten und die Geschäftsordnung der Stadt nicht zu ändern.
Thema für den Stadtrat
Für Bürgermeister German Hacker war es bereits die vierte Debatte zum Thema. Zweimal schon behandelte er als Fraktionsvorsitzender der SPD im Kreistag das Thema landkreisweit, und nun auch zum zweiten Mal bereits in Herzogenaurach. Verständlich, dass er eingangs anregte, nachdem ja die Argumente ausgetauscht seien und schon mehrfach in der Presse berichtet wurde, auf eine erneute Diskussion zu verzichten. „Stimmen wir doch einfach drüber ab“, lautete sein Vorschlag. Der fand jedoch keine Gegenliebe, die Räte wollten reden. CSU-Fraktionsvorsitzender Walter Drebinger verdeutlichte, weshalb das so sein müsse. Schließlich geht es beim Thema Hybrid um den Stadtrat und nicht den Ausschuss – dann müsse der Stadtrat schon auch die Gelegenheit bekommen, sich auszutauschen. Und das taten die Stadträte dann auch reichlich.
Die Debatte startet
Den Auftakt machte Katharina Zollhöfer von der Jungen Union, die hybride Sitzungen fordert. Sie bezog sich auf Aussagen im Ausschuss und wollte es nicht wahrhaben, dass diese Form mehr negative Punkte mit sich bringen soll oder auch Zwänge hervorrufen könnte. Außerdem würde die Diskussionskultur der Gesundheit vorgezogen. „Wir befinden uns immer noch in einer Pandemie“, sagte die Stadträtin der Jungen Union.
Sandra Wüstner (SPD) bekräftigte ihre Ablehnung und meinte, man müsse auch lernen, dass nicht immer alles machbar sein müsse. „Es gibt Situationen, da geht es halt einfach nicht.“ Und: „Ich bin dafür, dass wir es lassen.“ Ihr Fraktionsvorsitzender Holger Auernheimer war der Meinung, dass es wenig Sinn mache, einzelne Teilnehmer zuzuschalten: „Wenn, dann alle!“ Nur so würde es funktionieren, könne er aus seiner eigenen Erfahrung sagen.
Nicht harmonisch und ernsthaft
Claudia Belzer, ebenfalls SPD, unterstrich das. Technisch affine junge Menschen würden hybrid nicht mögen, behauptete sie. Und sah eine gewisse Zerrissenheit. „Man kann keine harmonische Arbeitskultur schaffen“. Zumal man es am Bildschirm auch nicht schaffe, stundenlang aufmerksam zu sein. Ihre Fraktionskollegin Renate Schroff ergänzte, dass der ein oder andere wohl nicht die gleiche Ernsthaftigkeit an den Tag legen würde wie in Präsenz-Sitzungen.
Als ein „Verfechter der digitalen Technik“ forderte CSU-Fraktionschef Walter Drebinger, sich den neuen Medien zu öffnen. Auch Konrad Körner (JU) hätte sich erhofft, „dass mehr Zukunftsgewandtheit und Ausprobiermentalität im Stadtrat Herzogenaurach herrschen“. Anderswo sei man ja auch dazu bereit, in Forchheim beispielsweise. Präsenz sei natürlich besser, aber es sei eben auch eine „Einbuße an Demokratie, wenn jemand fehlt“. Im Grunde dürfte kein Stadtrat jemals in Urlaub fahren, wenn eine Sitzung ist. Damit würde er ein Ordnungsgeld von 250 Euro riskieren, „so steht’s im Gesetz“. Für Körner dürfe die Frage nicht lauten, ob man hybride Sitzungen brauche. Richtig wäre zu fragen: „Gibt es genügend Gründe, es nicht zu machen.“
Auch Sabine Hanisch (CSU) zeigte sich „überrascht, dass sich so viele Leute gegen den Fortschritt stemmen“. Was Michael Dassler (FDP) nicht gelten ließ: „Das hat mit Zukunftsgewandtheit nichts zu tun.“ Er habe schon manchen Trend mitgemacht, aus dem nichts geworden sei.
Keine Gemeinsamkeiten gab es im Gremium über die Definition von triftigen Gründen, wie sie von der CSU für eine hybride Teilnahme vorausgesetzt würden. Grünen-Sprecher Peter Simon befürchtete, dass man jedesmal furchtbar darüber streiten werde. Thomas Kotzer (CSU) meinte, man mache sich darüber unnötig Gedanken. „Vor was haben Sie Angst? Es gibt doch deswegen keine Narrenfreiheit!“ Man könne einfach auf zehn Prozent begrenzen, so würden maximal drei Räte fehlen pro Sitzung. Kotzer: „Da geht doch nichts verloren.“
Was bedeutet hybrid eigentlich?
Letztlich warb Bürgermeister German Hacker (SPD) noch einmal für die Präsenzsitzungen und lobte das Gremium für seine ausgesprochen hohe Debattenkultur. Gegen hybride Sitzungen würden sehr viele Punkte sprechen, auch wäre es aufwändig. Hacker: „Da ist die Brüh hundertmal teurer als der Fisch.“ Wer nicht da ist, habe seine guten Gründe. Es dürfe kein „Herbeibringen vom Stimmknöpfen“ geben.
Ein markantes Schlusswort sprach Georgios Halkias, Zweiter Bürgermeister und Grüner und Grieche. Das Wort hybrid komme nämlich aus dem Griechischen und bedeute dort Anmaßung und Übermut. Halkias zählte zu den 21 Stadträten, die das Experiment ablehnten. Nur acht Räte aus der CSU-Fraktion stimmten dafür, außer Franz-Josef Lang. Walter Nussel fehlte. Er hätte, gäbe es denn eine hybride Zuschaltung, aber vermutlich die 22. Stimme dagegen gegeben. Schon im Kreistag hatte er hybride Sitzungen abgelehnt, wie übrigens CSU-Landrat Alexander Tritthart auch.