Rutsch mir ’n Buckel runter! Manchmal ist das eine ziemlich heilsame Einstellung. Man muss es nicht jeder Kreatur recht machen, die zufällig mit einem die Erde bewohnt. Doch Nervtötenden den Rücken zu kehren, erfordert ein breites Kreuz, ein starkes Bollwerk gegen die Zumutungen von außen sozusagen. Daran allerdings hapert es schon rein körperlich oft. Rückenleiden sind eine Volkskrankheit. Etwa jedem Zweiten in Deutschland machen Bandscheiben, Wirbelkörper oder Nerven des Rückgrats zu schaffen.
Haben wir hierzulande mehr „Rücken“ als Menschen anderswo? Warum legen sich bei uns mehr Leute unters Messer? „Die Deutschen haben nicht mehr Rückenprobleme als Menschen in anderen Ländern“, stellt Prof. Dr. Joachim Grifka fest. Dass sich die Zahl der OPs in 15 Jahren verdoppelt hat, führt der renommierte Direktor der Orthopädischen Klinik der Universität Regensburg in Bad Abbach auf Fehler in der Gesetzgebung zurück. Wenn die Vergütung konservativer Behandlungen sinkt und der finanzielle Anreiz zum Operieren für Ärzte und Kliniken steigt, und dann noch der Gewinndruck in Kliniken dazukommt…
Operiert ist schnell. Doch bis die zur Seite geschobene Muskulatur, durchtrennte Sehnen und Bänder, das Loch im Faserring et cetera wirklich verheilt sind, braucht es Zeit, viel Zeit – oft mehr, als sich Patienten selbst zugestehen. Professor Grifka, zu dessen wissenschaftlichen Schwerpunkten degenerative Wirbelsäulenerkrankungen und Arthroseforschung zählen, sagt: Nicht jeder Bandscheibenvorfall mit Nervenkompression muss operiert werden. Kreuzfidel könnten viele Patienten auch durch konservative Therapien, geändertes Verhalten im Alltag, richtiges Heben und Sitzen werden. Der Bundesverdienstkreuz-Träger ist ein moderner „Kreuzritter“. Er rät, nicht immer gleich den Buckel hinzuhalten.
Der fränkische Volksmund bleibt ohnehin unbeugsam. Er formuliert griffig: Bevor jemand auf mei'm Rück'n Geld scheffelt, kann er mir ’n Buckel 'nunnerrutsch'.
Kommentar: Rückgrat
Kreuzritter der modernen Art
KITZINGEN
– Warum man hinterfragen sollte, ob man wirklich an der Wirbelsäule operiert werden will.