Es ist ein regnerischer Samstagabend, dieser Abend, an dem Pfarrer Matthias Hagen den Erntedankgottesdienst in der Herrether Jakobuskirche halten soll. Seinen letzten hier. Und schon als er dort eintrifft, ist alles anders. Die Feuerwehr versperrt den Weg zur Kirche und beherzte Herrether packen den überrumpelten Geistlichen einfach ins Einsatzfahrzeug und brausen mit ihm, seiner Gitarre und weiterem Gepäck los. Von Schwelbrand in der Kirche ist die Rede. Doch eigentlich ist alles ganz anders.
Von einem Schwelbrand in der Kirche ist die Rede
Mit Blaulicht trifft das Feuerwehrauto in wenigen Minuten an einem völlig anderen Einsatzort ein, wo der Geistliche schon sehnsüchtig erwartet wird: in der Maschinenhalle des Aussiedlerhofs Reblitz. Es schüttet wie aus Eimern, die „Entführer“ schieben den Pfarrer eilig ins Trockene der Halle, und der muss wirklich erstmal die Brille putzen: Denn die Halle wurde in vielen Arbeitsstunden zum Gotteshaus umfunktioniert, die Heu- und Strohballen als Hintergrund und Sitzbänke arrangiert.
Mitten im Raum prangt ein herrliches Erntebild mit Früchten von Garten und Feld. Zur Rechten sitzt der Posaunenchor Herreth-Bad Staffelstein mit dem Dirigentem Florian Schuster, links der Gesangverein unter Stabführung von Wilfried Steinert. Und hinter dem Pfarrer drängen die Herrether und Merkendorfer sowie Menschen aus den umliegenden Dörfern herein, auch die Itzgründer Bürgermeisterin Nina Liebermann ist mit dabei.
Der Kirchenvorstand hatte die Idee, den Abschiedsgottesdienst von Pfarrer Hagen zu einem besonderen werden zu lassen
Matthias Hagen ringt um Worte, ist beinahe sprachlos. Die Überraschung ist geglückt und die Herrether und Merkendorfer freuen sich diebisch: Die Idee, den Abschiedsgottesdienst von Pfarrer Hagen (der in Ruhestand geht) zu einem ganz besonderen werden zu lassen, war schon vor längerer Zeit im Kirchenvorstand – mit Harald Reblitz, Martin Wagner, Sonja Fischer, Christiane Hauck, Annette Hauck, Jürgen Martin und Salome Hlavati – entstanden. Es sollte alles so sein wie damals, bei jenem Erntedankgottesdienst in Merkendorf, in der Scheune der Familie Fischer, wo es dem Pfarrer so gut gefallen hatte.
Doch die Kunst war dabei, dass der Geistliche im Vorfeld nichts von den Vorbereitungen mitbekommen sollte. Aber wenn die Herrether und Merkendorfer eins können, dann ist es: zusammenhalten. Und schweigen – das können sie auch. Und so haben sie es geschafft, dass der Pfarrer seine Überraschung erlebte und nichts durchsickerte, dass die Halle wunderschön dekoriert war und dass es zum Abschied auch noch ein riesiges Büfett mit leckersten heimischen Spezialitäten gab. Denn Feiern – das können die Herrether und Merkendorfer schließlich auch.
Das Gesicht des Pfarrers spricht Bände: Matthias Hagen ist gerührt, kämpft ein wenig mit den Tränen und strahlt zugleich.
Dass er sein ursprüngliches Konzept für den Gottesdienst unter dem Motto „Wasser ist Leben“ kurzerhand komplett über den Haufen werfen muss, ist nebensächlich. Er spricht über seine Zeit in Herreth, über das, was ihn mit der Kirchengemeinde und der Region verbindet, und dass er und seine Frau sich entschieden hätten, hier zu bleiben, wenn er in den Ruhestand gehe. Assistieren darf dem Geistlichen Kirchenvorstand Harald Reblitz.
Bei allem wird deutlich: Wie groß die Verbundenheit ist, wie gut das Miteinander und wie Pfarrer Hagen und seine Frau Sabine die Kirchengemeinde in den vergangenen fast 27 Jahren geprägt haben. Dazu gibt es auch Fotos auf der Leinwand und eine kleine Rede von Harald Reblitz mit einem großen Dank von allen Seiten. Es ist ein schöner, besonderer Abschied an diesem regnerischen Samstagabend in dem festlich geschmückten Stadel. Und so sitzen die Herrether noch bis in die Nacht bei guten Gesprächen und leckerer Brotzeit, Zwiebel- und Obstkuchen. In der Gewissheit, es ist nur ein Abschied auf Zeit.
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