Nach der 750-Jahr-Feier im Jahr 1998 und der „Kleinen Landesgartenschau“ 1999 kam in Neustadt eine große Euphorie auf. Vieles wurde in der Stadt verbessert und erneuert. Der Slogan „Neustadt blüht“, der zur „Kleinen Landesgartenschau“ kreiert wurde, wirkte weit über die Veranstaltung hinaus. Das Gartenschaugelände, der heutige Freizeitpark „Villeneuve-sur-Lot“, war und ist heute noch ein Vorzeigeobjekt und beliebtes Ziel von Besuchern aus der gesamten Region.
Keinen guten Eindruck von der Bayerischen Puppenstadt erhalten allerdings Besucher, die aus Richtung Coburg in die Innenstadt fahren, sei es von der Au-, über die Ernststraße und Sonneberger Straße oder über die Coburger Straße und Lindenstraße. Häuser, die auf eine längst fällige Sanierung warten, Fassaden, die über Jahrzehnte vernachlässigt wurden, und ungepflegte Grundstücke zeichnen das Straßenbild. So ist die erste Wahrnehmung der Stadt auf auswärtige Besucher und Durchreisende keine gute.
Neustadt verfällt zusehends
Aber nicht nur entlang der genannten Straßenzüge, sondern auch im Umgriff des so aufwendig gestalteten neuen Marktplatzes befinden sich unansehnliche Häuser, teils auch leerstehende. Das ist keine gute Entwicklung für die Kernstadt; denn die braucht Leben, also attraktive Wohnungen, besonders viele für junge Familien mit Kindern – und da muss natürlich auch das Wohnumfeld passen.
Die Identität einer Stadt zeigt sich aber auch an historisch gewachsenen Straßen, gemütlichen Plätzen und lauschigen Grünanlagen. Hier treffen sich die Menschen gerne. Hier findet Kommunikation statt. Da ist es lebenswert. Das erhöht die Wohnqualität. In der Vergangenheit ist in dieser Hinsicht nicht immer alles richtig gemacht worden. Man denke hier nur an den Arnoldplatz, den Amtshof oder den Alexandrinenplatz.
Das Geruhsame ist verschwunden
Am Arnoldplatz sind die kleinteiligen Grünanlagen mit geruhsamen Fußgängerwegen verschwunden. Seit Jahren herrscht bezüglich der weiteren Entwicklung ein „Stillstand“. Aus der einstigen „grünen Oase“ ist eine unbefestigte hässliche Parkfläche mit winkeligen Straßen und enormen Durchgangs- und Parkverkehr aus allen Richtungen entstanden, obwohl die über diesen Platz führenden Straßen als „verkehrsberuhigter Bereich“ ausgewiesen sind.
Auch am Amtshof wurde die hübsche Grünanlage mit ihrem Springbrunnen schon vor Jahrzehnten ein Opfer der Verkehrsplanung. Eine idyllische Anlage, die diesen Platz ausschmückte und aufwertete, wurde einfach aufgegeben.
Auch der Alexandrinenplatz mit dem Heinrich Schaumberger-Denkmal war früher eingerahmt von Bäumen. Das Denkmal wurde aus „verkehrstechnischen Gründen“ in die Schaumbergerstraße versetzt, an einen Ort, zu dem auswärtige Besucher kaum hinfinden.
Neustadt verliert an Identität
Geprägt wird eine Stadt auch von historischen beziehungsweise auch besonders markanten Gebäuden. In dieser Hinsicht ist einiges verpasst worden. So wurde bereits 1969 das alte Brauhaus, obwohl unter Denkmalschutz stehend, am Mühlgraben abgerissen, ein historisches Gebäude, das schon um das Jahr 1500 erwähnt worden ist. Das Brauhaus zählte zu den ältesten Gebäuden Neustadts und bildete ein Kleinod der an historischen Gebäuden nicht gerade gesegneten Stadt.
Auch das alte Stadtkrankenhaus aus dem Jahr 1847 fiel der Spitzhacke zum Opfer. Zu nennen ist ferner die historische Pfaffenmühle an der Coburger Straße, die ersatzlos beseitigt und zu einer Grünanlage umfunktioniert wurde. Und so hat Neustadt immer mehr von seiner Identität sowie von seiner Harmonie und Vertrautheit früherer Zeiten verloren. In Neustadt gibt es eben keinen Verein wie die „Gemeinschaft Stadtbild Coburg“. Er könnte einiges bewirken und hätte viel zu tun.