Die Gemeinde Weitramsdorf sollte die Entwässerung ihrer Baugebiete prüfen und gegebenenfalls neu planen. Zu diesem Ergebnis kommt eine hydrodynamische Berechnung des Kanalnetzes im gesamten Gemeindegebiet, die dem Gemeinderat am Montagabend vorgestellt wurde. „Die Präsentation zeigt, wie wir zukünftig unsere Baugebiete gestalten müssen“, sagte Bürgermeister Christian Brettschneider (CSU).
Derzeit eine Entwässerung im Mischsystem
Ein Großteil der Baugebiete sieht derzeit eine Entwässerung im Mischsystem vor. Wie Christian Brückner (Gaul Ingenieure, Bamberg) bei seiner Präsentation erläuterte, würde die Umsetzung dieser teilweise über 20 Jahre alten Planung zu einer Verschlechterung des Abflusses von Niederschlagswasser führen.
Was ist ein Überstau?
Schon jetzt, so berechnete es der Ingenieur im Modell, kann es bei einem 60-minütigen Regen im Kanalnetz zu einem Wasserstau kommen. Konkret sagte Brückner „Überstau“. Mit Überstau wird ein Austreten von Wasser aus dem Kanalnetz bezeichnet, das – anders als bei einer Überflutung – nicht an der Oberfläche verbleibt oder für Schäden, etwa an Gebäuden sorgt.
Stau durch Mischsysteme
Mit Umsetzung weiterer Mischsysteme prognostiziert Brückner eine Verschlechterung der Überstausituation. Der Experte empfiehlt daher bei der Erschließung der zukünftigen Baugebiete den Aufbau von Trennsystemen für Schmutz- und Regenwasser. Ferner rät er, die Einleitung zu drosseln und zu prüfen, wie und wo Wasser direkt eingeleitet werden oder versickern kann. Für die Einleitung von Regenwasser in Vorfluter wäre allerdings eine wasserrechtliche Genehmigung, gegebenenfalls auch eine geänderte Entwässerungssatzung erforderlich.
In welchen Baugebieten es nach Starkregenfällen kritisch werden kann
Von den 14 untersuchten Bauvorhaben sieht der Experte lediglich für die Baugebiete „Coburger Wegäcker III“ (Weidach), „Vogelherd-Nord“, „Am Golfplatz“ und „Seeleitenäcker II“ (beide Tambach) keine Gefahr.
Problematisch seien dagegen die Anschlüsse in den Baugebieten „Binzig“, „Häslich“, „Lärchenhöhe I“ (alle Weidach), „Hühnerberg“ und „Schafwiesen“ (beide Altenhof) sowie sämtliche Weitramsdorfer Baugebiete („Am Weinberg“, „Eigenäcker“, „Gersbacher Straße“, „Rück“ und „Truckenbach“).
„Modell bildet den Ist-Zustand gut ab“
Wie stark das Überstauvolumen zunehmen könnte, zeigte Brückner am Beispiel „Binzig“: Dort prognostiziert er eine Verschlechterung von 17 auf 55 Kubikmeter. Im Betrieb seien diese Ergebnisse bestätigt worden, erklärte er auf Nachfrage von Henning Kupfer (CSU). Brückner: „Wir können daher annehmen, dass dieses Modell den Ist-Zustand gut abbildet.“ Messungen könnten Gewissheit bringen, seien aber teuer.
Der Überflutungsexperte rät, genau hinzuschauen
Das tatsächliche Risiko eines Überstaus am jeweiligen Schacht empfahl der Ingenieur genauer zu untersuchen: „Wie ist die örtliche Situation hinsichtlich Grünflächen, Straßen, Geländegefälle und Bebauung? Ist eine schadlose Ableitung möglich? Und werden eventuell Infrastruktur oder schlimmstenfalls Personen gefährdet?“
Wo eine Überflutungsgefahr erkannt wird, gelte es, Lösungsvorschläge zu unterbreiten und deren grobe Kosten zu ermitteln. Brückners Rat lautete: „Viel Volumen bauen! Denn es gibt immer ein Regenereignis.“
Trennsysteme in Baugebieten sind unerlässlich
Trennsysteme in Baugebieten sieht er als unerlässlich an. Gerade in Zeiten des Klimawandels. Die Daten des Deutschen Wetterdienstes, die neben vielen weiteren Daten der Berechnung zugrunde lagen, bildeten immer nur die Vergangenheit ab, gab er zu bedenken.
Für Entlastung könnte auch die Nutzung von Regenwasser, etwa durch Zisternen sorgen, beantwortete Brückner eine Nachfrage von Günter Tschech (ÜPWG). Solche Maßnahmen wie der Einbau von Zisternen sollten von der Gemeinde belohnt werden, meinte Max Kräußlich (FW).
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