Trotz relativ guter Marktlage investieren die landwirtschaftlichen Betriebe derzeit so gut wie nicht. Grund dafür ist, dass von den gestiegenen Erlösen aufgrund der Kostenexplosionen an allen Ecken und Enden kaum etwas bei den Bauern ankommt.
Planungssicherheit fehlt
Ein weiterer Grund ist die schwierige politische Lage, die den Landwirten keine Planungssicherheit gibt.
„Die Tierzahlen gehen überall zurück“, sagte der Vorsitzende der Kreiszuchtgenossenschaft Kulmbach, Thomas Erlmann aus Waldau, bei der Mitgliederversammlung in Gössenreuth. Auf dem gesamten Regierungsbezirk bezogen sei der Rückgang bei Milchkühen und Milchkuhhaltern geradezu dramatisch, so der Zuchtleiter des Rinderzuchtverbands Oberfranken Markus Schricker.
Halbierung in 13 Jahren
Nicht ganz so eklatant seien die Zahlen im Landkreis Kulmbach zurückgegangen. Oberfrankenweit ist die Zahl der Milchkühe Schricker zufolge im zurückliegenden Jahr erstmals unter 80.000 gesunken. „Das ist relativ rapide gegangen“, so der Zuchtleiter. 2019 seien es noch 85.000 gewesen. Entsprechend habe auch die Zahl der Betriebe oberfrankenweit auf 1600 abgenommen.
Das bedeute in den zurückliegenden 13 Jahren praktisch eine Halbierung. Oder anders ausgedrückt: „Jedes Jahr hören 50 bis 60 Betriebe auf.“
Die 1000er Grenze unterschritten
Während diese Statistik alle landwirtschaftlichen Betriebe im Bezirk betrifft, weist der Zuchtverband die Zahlen der einzelnen Kreiszuchtgenossenschaften und ihrer Mitgliedsbetriebe extra aus. Hier ist oberfrankenweit die 1000er Grenze mit 968 Betrieben erstmals unterschritten worden. Das sind 46 weniger als noch im Vorjahr. Die Zahl der Herdbuchkühe liegt bei 63.852 (minus 835).
Im Landkreis Kulmbach gibt es immerhin noch 92 Zuchtbetriebe mit 5945 Kühen. Was die Vermarktung angeht, so seien die Zahlen immer noch „ganz ordentlich“, hieß es. Insgesamt hatte der Rinderzuchtverband Oberfranken exakt 28.329 Bullen, Kühe, Zucht- und Nutzkälber im Auftrag seiner Mitglieder vermarktet. Im Vorjahr waren es noch 30.968.
Dabei passt der Milchpreis eigentlich
„Der Milchpreis passt, doch die Kostenstruktur ist eine andere“, sagte der Chef des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Coburg-Kulmbach, Harald Weber.
Er wies unter anderem darauf hin, dass 47 Prozent der Betriebe im Landkreis Kulmbach weniger als 20 Kühe haben. Bei den meisten davon gebe es noch Anbindehaltung, was so keine Zukunft mehr hat. „Das heißt, dort steht eine Umstellung bevor.“
Vier Betriebe ausgezeichnet
Als die Betriebe mit den besten Jahresleistungen wurden ausgezeichnet: Thomas Erlwein aus Waldau, Andrea Meister aus Schlockenau, Stephan Fuchs aus Gössenreuth und Dietmar Schmidt aus Reuth.
Bei den turnusgemäßen Neuwahlen der Kreiszuchtgenossenschaft Kulmbach wurden Thomas Erlmann aus Waldau als Erster und Bernd Schütz aus Dörfles als Zweiter Vorsitzender jeweils einstimmig bestätigt. Dem Ausschuss gehören künftig Jochen Bär aus Buch am Sand, Christian Schoberth aus Waldau und Michaela Eckardt-Hartmann aus Gössenreuth an.
Zum Kulmbacher Vertreter für den Milcherzeugerring Oberfranken wurde Bernd Täuber aus Berndorf gewählt.
Zu Gast auf einem Vorzeigehof
Vor ihrer Jahresversammlung hatten die Mitglieder der Kreiszuchtgenossenschaft den Vorzeigebetrieb von Rainer Hartmann in Gössenreuth besichtigt. Das Besondere ist, dass er energiemäßig praktisch autark ist. Möglich machen dies eine 80-kW-Photovoltaikkanlage und ein 100-kW-Hackschnitzelheizwerk, mit dem die Familie nicht nur Stallungen, Melkroboter und Wohnhaus, sondern auch die umliegenden Häuser versorgt.
Das Hackschnitzelheizwerk wird vor allem mit dem Holz aus dem eigenen Wald versorgt. Die Familie bewirtschaftet über 26 Hektar Wald in der Umgebung. Auf den übrigen Flächen baut die Familie Wintergerste, Winterweizen, Kleegras und Silomais an.
Den ursprünglichen Milchviehstall hatten die Eltern noch 1995/1996 gebaut. Ein erster Anbau kam 2005, ein zweiter 2019 dazu. Gemolken wird mit gleich drei Melkrobotern.