„Es tut sich was“ war 20 Minuten vor dem Beginn in der Weismainer Altstadt und vor der imposanten Pfarrkirche St. Martin zu erleben. Da wurden die letzten Häuser mit Fähnchen geschmückt, die Fahnenabordnungen formierten sich und auch die Kommunionkinder nahmen Aufstellung zum Einzug.
Fulminantes Orgelspiel
Und es war auch in diesem Jahr ein ganz außergewöhnliches Spektakel. Mit einem fulminanten Orgelspiel durch Marion Müller-Eitzenberger zogen die Fahnenabordnungen zusammen mit den kirchlichen Gremien, Ministranten, Stadtpfarrer Gerhard Möckel ins Gotteshaus ein. In diesem Jahr wurde die beiden Feierlichkeiten Schwedenprozession und die „Aufnahme Mariens in den Himmel“ mit einem Festgottesdienst eingeleitet. Und der Duft in der Kirche nach wohlriechenden Kräutern verstärkte die festliche Atmosphäre. Schnell wurde jedem bewusst, dass zwei Begebenheiten gefeiert werden. Zum einen das Kirchliche Hochfest der „Aufnahme Mariens in den Himmel“ und eben das Gedenken an den Abzug schwedischer Truppen im Dreißigjährigen Krieg vor fast 400 Jahren.
Bedeutendstes Marienhochfest
Mariä Himmelfahrt gilt in der katholischen Kirche als das bedeutendste Marienhochfest. An diesem Tag werden in die Gotteshäuser gebundene Kräuterbuschen mitgebracht die gesegnet oder geweiht werden. Die war beim Gottesdienst in Weismain nicht anders. Der Duft der Heilkräuter und Blumen verbindet mit der Freude über die Schönheit der Schöpfung die Erinnerung an den Wohlgeruch Mariens als Hinweis auf die Bewahrung ihres Leibes in der Wirklichkeit der Auferstehung. Die Kräuterbuschen sollen Gottes Segen ins Haus bringen und werden dort auch aufgehängt.
In seiner Ansprache sagte Pfarrer Möckel, dass der Tag an die Heimkehr Mariens in den Himmel erinnert. Auch für Christen ist die Heimkunft zum Schöpfer und der Glaube an das ewige Leben ein wichtiger Bestandteil. Aussagen wie „Komm gut wieder heim“, oder „Komm gut an“ seien darauf zurück zu führen. Denn irgendwann, so der Pfarrer, werde „Gott an unsere Tür klopfen und sagen ,Komm heim’, was das Ziel in unserem Glauben ist.“ Gottesdienst und Schwedenprozession fügten sich so sehr gut ineinander.
Schwedenprozession ist auch gesellschaftliches Ereignis
388 Jahre sind die Weismainer inzwischen ihrem Gelöbnis aus dem Dreißigjährigen Krieg treu geblieben. So war auch in diesem Jahr die Schwedenprozession ein kirchliches aber auch ein gesellschaftliches Ereignis. Doch warum wird das gemacht?, dürften sich gerade jüngere Generationen fragen. 1618 begann einer der schlimmsten Kriege der Menschheitsgeschichte . Der Konflikt begann als ein Glaubenskrieg zwischen der Katholischen Liga und der Protestantischen Union und endete als Territorialkrieg. Die Feldherren Albrecht von Wallenstein und Johan Graf von Tilly kämpften auf Seiten des Kaisers und der Katholischen Liga gegen die protestantischen Mächte Deutschlands.
Franken wurde Kriegsschauplatz
Mit den ebenfalls ab 1630 im Krieg beteiligten Schweden und ihrem König Gustav Adolf waren sie die Hauptprotagonisten. Ab 1632 standen sich protestantische Reichsstädte und Fürsten wie die Markgrafen von Ansbach und Kulmbach den katholischen Fürsten in Bamberg, Würzburg, Eichstätt und den Deutschen Orden gegenüber.
Hier kommt die Geschichte Weismains und des umliegenden Frankenlandes mit ins Spiel. Zwar wurde der fränkische Raum selbst erst ab 1632 zum Kriegsschauplatz. Doch die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges bekamen die Bewohner der Dörfer und Städte auch schon zuvor zu spüren, da Franken aufgrund seiner Lage ein ständiges Durchzugsgebiet der Heere war.
Die Soldaten quartierten sich ein, erpressten Proviant und Geld. Überliefert ist, dass die Mainrother Kirche im Jahr 1633 nach einem Überfall von schwedischen Reitern in Brand gesteckt wurde. Geplündert wurden das Kloster Langheim und die Mühle in Rothwind öfters. Dies hatte jedoch aus heutiger Sicht mehr den Grund, dass die durchziehenden Horden nach der Suche von Nahrung waren, die sicherlich in Klöstern oder eben Mühlen erfolgversprechender war.
1634 wollten die Schweden Weismain einnehmen
Es ist nicht sicher, aber wahrscheinlich, dass diese Soldaten zu den Besatzern Weismains gehört hatten. Schwedische Truppen hatten für längere Zeit ein größeres Lager in Weismain aufgeschlagen und wollten die Stadt einnehmen. Fest steht auch das die Schweden eine Bresche in die Stadtmauer schlagen wollten, um die Stadt zu erstürmen. Dies gelang nicht und vom Abzug der Schweden am 15. August 1634 gibt es dreierlei Geschichten. Da seit langem vergeblich erwartet wurde, dass das kaiserliche Heer den Weismainern zu Hilfe kommt, sollen einfallsreiche Bürger im August 1634 kurzerhand selbst in die Rolle von Soldaten geschlüpft sein. Mit Dreschflegeln, Mistgabeln und Sensen bewaffnet marschierten sie der Sage nach, mit viel Getöse um den Kalkberg herum und wieder auf die Stadt zu.
Die auf der gegenüberliegenden Talseite am Kordigast lagernden Schwedentruppen hielten die Ankömmlinge für die Armee des Kaisers und zogen fluchtartig ab. In ihrer Not hatten die gläubigen Weismainer Zuflucht im Gebet zur Mutter Gottes zum Tage des damals relativ neuen Feiertages Aufnahme Mariens in den Himmel gesucht.
Marienerscheinung auf der Stadtmauer
So soll an diesem Tag eine Marienerscheinung auf der Stadtmauer, die feindlichen Soldaten in die Flucht geschlagen haben. Die Weismainer gelobten alljährlich diesen Abzug der Schweden zu gedenken. In Weismain und in Kronach war es für die Schweden nicht möglich, die Städte komplett einzunehmen. So wehrte man 1641 auch eine weitere mögliche Belagerung ab und erbeutete gar 14 Kanonen. Einige dieser „Zeitzeugen“ sind in Nordjura-Museum zu sehen. Wie dem auch sei, die Weismainer danken nun schon seit 388 Jahren und über viele Generationen hinweg mit der Prozession durch die Jurastadt, der Gottesmutter Maria und ihrem Schöpfer für den Abzug der schwedischen Soldaten, die Weismain im Dreißigjährigen Krieg belagerten und für Angst, Not und Schrecken gesorgt hatten.
Pfarrer Gerhard Möckel trug bei der Prozession unter dem Baldachin die Monstranz. Begleitet von der Weismainer Blasmusik bewegte sich der Zug durch die Von-Rudhart-Straße zum Oberen Tor über den Marktplatz. Es beteiligten sich Ministranten, Erstkommunionkinder, Kinder mit der Jesu-Kind-Fahne, Stadt- und Pfarrgemeinderäte, örtliche Vereine mit Fahnenabordnungen, ferner eine Gruppe von Frauen, welche die Statue der Gottesmutter trugen. Neben der Soldatenkameradschaft Weismain waren auch die befreundeten Kameradschaften aus Obersdorf und Buchau, Ehrenkreisvorsitzenden Udo Rudel, die stellvertretenden Kreisvorsitzenden Sebastian Müller und Roland Lowig und Ehrenschatzmeister Fred Vogler anwesend.
Nachdem sakramentalen Segen am Ende der Prozession ging es zur weltlichen Feier mit Marschmusik in den Kastenhof. Bürgermeister Michael Zapf erinnerte an die Zeit und die Geschehnisse des Dreißigjährigen Krieges in und um Weismain. Es sei ein gutes Zeichen, wenn Menschen einer schrecklichen Zeit mit Krieg und Tode gedenken und für den Frieden beten. Es sei eine großartige Aufgabe, aber auch Bürgerpflicht, dies an die nächsten Generationen weiterzugeben. Sein Dank galt allen besonders der Weismainer Soldatenkameradschaft für die Ausgestaltung der gelungenen weltlichen Feier.