Ein basisdemokratisches Musikerlebnis! In einem Segment, in dem ein Dirigent mit Kaiserattitüde oder die Primadonna mit Affektiertheit in Verruf geraten kann. In dem die Musikerinnen und Musiker zum Handlanger autokratischer Attacken degradiert sind, da geht im Max-Littmann-Saal der Dirigent einfach in den Zuschauerraum und lässt seine Buben und Mädchen schalten und walten. Wer so was erleben möchte und vor allem wer sehen will, dass Musik auch so gut funktioniert, gewinnt bei der „Nacht der Percussion“ neue Einblicke.
Mit Spielfreude
Der inhaltliche Kern ist relativ schnell erzählt, er handelt von einer übermächtigen Freude von 10- bis 16-jährigen Mädchen und Jungen, von einer hohen Disziplin bei der Ausübung ihres Hobbys und von der konzentrierten Geduld, sich auf die Mitspielenden einzulassen.
Diejenigen, die schon von den letzten acht „Nächten der Percussion“ einige mitgemacht hatten, sprechen von einem Generationswechsel, den die neunte Auflage des Aushängeschildes der Städtischen Musikschule Bad Kissingen mit sich brachte. Doch gerade für Premierenteilnehmende war das Konzert im Max-Littmann-Saal ein Hörerlebnis, ganz so als würden die jungen Leute den ganzen Tag nichts anderes machen, als irgendwo draufklopfen.
Bühne zugestellt mit Schlaginstrumenten
Dass hier mehrere Dinge zusammenpassen, sieht man auf den ersten Blick. Die große Bühne ist zugestellt mit allerlei Schlaginstrumenten, an denen sich 26 Musikerinnen und Musiker, mal im Duo, im Quartett oder immer wieder in Vollbesetzung an Stücke wagen, die Zuhörende oftmals in anderen Klangvarianten schon in den Ohren hatten. Deswegen ist auch die Überraschung so groß, weil die Kinder instrumentale Möglichkeiten finden, Lieder zu neuen Klangformen zu binden.
Da ist zum Beispiel „Peter Gunn“, ein Instrumentalstück einer amerikanischen Fernsehserie der 50-er Jahre , das in den Folgejahrzehnten immer wieder gecovert wurde und trotzdem der Kiss-Percussiva wie auf den Leib geschnitten scheint. Ähnliches gilt für solche Gassenhauer wie der „Säbeltanz“ aus dem Ballett „Gayaneh“ oder „Tico Tico“, bei dem auch das Musikschulensemble lateinamerikanisches Blut spüren lässt.
Mit Popcorn gegen Kunststoffröhren
Als hat man noch nicht genug, schleppen kleine und größere Musikanten bunte Kunststoffröhren auf die Bühne, knien sich nicht sehr demütig vorne in einer Reihe auf die Bühne und betakten diese mit „Popcorn“. Die so eingängige Melodie von Gershon Kingsley gehört zum Basisprogramm von Schlagzeugorchestern, doch die Anordnung und Instrumentierung macht den Unterschied und das haben die „Kissies“ ihren Eltern, Geschwistern, Anverwandten und Freunden an diesem Abend so richtig schmackhaft gemacht.
Talente der Musikschule
Sehr stolz darf die Musikschule auf diejenigen sein, die bereits mehrere Jahre ihr Talent formen konnten. Felix Schipper zum Beispiel, der Herr über viel Blech und Fell, der kein Teil seines Schlagzeugs schont und damit so gekonnt wirbelt, dass die Zuhörer nicht anders können, als zum Beifall laut zu kreischen.
Oder Nina Schroll, die eingangs ihre Marimba so jazzig gefühlvoll streichelt oder behutsam anklopft, dass zusammen mit der Klavierbegleitung die „Three Elements“ zu einem wahren Jazzcluberlebnis wurden. Zusammen mit Aurelia Jäger machten beide den „Matador“ im Stierkampf an der Marimba erlebbar. Oder Aurelia alleine im Maschinenraum „Engine Room“ von James Campell. Für die junge Dame war das bereits die Empfehlung für die „10. Nacht der Percussion“.
Wann immer die auch sein wird, Leiter Thomas Friedrich wird seine Schülerinnen und Schüler wieder hervorragend mit unendlicher Geduld und hohem Qualitätsanspruch auf das Konzert vorbereiten, dass ihm die Rolle des leidenschaftlichen Zuhörers noch leichter fallen wird.
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