Vielen Deutschen wird Donald Rumsfeld vor allem wegen einer Szene in Erinnerung bleiben, in der er nur Zuschauer war. Februar 2003, Münchner Sicherheitskonferenz. Bundesaußenminister Joschka Fischer tritt ans Mikrofon und wendet sich direkt an den Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten. Es geht um den Einmarsch in den Irak, den der Amerikaner für zwingend hält und der Deutsche für falsch. Fischer will Beweise, dass Diktator Saddam Hussein tatsächlich über Massenvernichtungswaffen verfügt. Rumsfeld kann sie nicht liefern.
Und dann fällt jener Satz, der sich ins Gedächtnis einbrennen wird: „Excuse me, I am not convinced“ („Entschuldigen Sie, ich bin nicht überzeugt“), sagt der Grünen-Politiker, während die Kameras die versteinerte Miene seines Adressaten aufnehmen. Nun ist Rumsfeld mit 88 Jahren gestorben. Sein Name wird verbunden bleiben mit dem Irak-Krieg und einem Rücktritt, der nicht erfolgte. Der Hardliner im Weißen Haus, der schon Richard Nixon als Berater gedient hatte, wird Mitte der 70er erstmals Verteidigungsminister. Damals, im Kalten Krieg, ist er der Jüngste in diesem Amt. Mit seinem Comeback Jahrzehnte später in der Regierung von George W. Bush wird er der bis dahin älteste Chef des Pentagons.
Die Anschläge vom 11. September
Diese zweite Ära beginnt mit den Anschlägen vom 11. September. Rumsfeld befindet sich im Verteidigungsministerium, als es angegriffen wird. Die Folgen sind der von den USA ausgerufene „Krieg gegen den Terror“ in Afghanistan und im Irak – und ein Bruch innerhalb der Nato.
Der Republikaner Rumsfeld prägt den Begriff vom „alten Europa“ und meint damit vor allem Deutschland und Frankreich, die sich nicht am Irak-Krieg beteiligen wollen. Die angeblichen Massenvernichtungswaffen werden nie gefunden. Für Rumsfeld kein Grund zu zweifeln: „Weil man etwas nicht beweisen kann, bedeutet es nicht, dass es nicht existiert.“ Der Enkel eines Deutschen ist kein einfacher Chef, Mitarbeiter und Offiziere klagen über seinen schroffen Ton. Doch Bush hält sogar an ihm fest, als 2004 Bilder auftauchen, die Misshandlungen irakischer Gefangener durch US-Soldaten zeigen. Später wird Rumsfeld einräumen, es sei falsch gewesen, nicht zurückgetreten zu sein.
Dass mutmaßliche Terroristen im US-Gefangenenlager Guantanamo mit brutalen Verhörmethoden zu Aussagen gezwungen werden sollten, fällt ebenfalls in die Ära Rumsfeld. Am Ende opfert Bush seinen umstrittenen Minister doch – nach einem Debakel der Republikaner bei der Kongresswahl 2006.
Rumsfeld schreibt seine Memoiren – deren Intention es nicht ist, sich selbst zu hinterfragen. Lieber lästert er über George W. Bush, Gerhard Schröder oder Jacques Chirac. Sollte Joschka Fischer das Buch gelesen haben, dürfte er nicht überzeugt gewesen sein. Den berühmten Satz „Excuse me, I am not convinced“ machte der Grüne später zum Titel seiner eigenen Erinnerungen.