In Hildburghausen
Initiative von AfD und SPD: Stadtchef abgewählt
Bürgerentscheid zur Abwahl Bürgermeister Hildburghausen
Tilo Kummer (Linke), Bürgermeister von Hildburghausen, gibt nach seiner Stimmabgabe beim Bürgerentscheid zu seiner Abwahl ein Interview. Das Abwahlverfahren war unter anderem mit Stimmen von SPD, AfD und einer rechtsextremen Gruppierung eingeleitet worden.
Michael Reichel (dpa)
von dpa
Hildburghausen – In Hildburghausen wurde der Bürgermeister auf Initiative von AfD und SPD abgewählt. Nun rumort es bei den Sozialdemokraten in Thüringen gewaltig.

Der Bürgermeister der südthüringischen Stadt Hildburghausen, Tilo Kummer (Linke), hat ein von SPD- und AfD-Stadträten unterstütztes Abwahlverfahren nicht überstanden. Nach einem vorläufigen Ergebnis stimmten 2853 Menschen am Sonntag (26. Februar) für seine Abwahl, 1390 dagegen, wie Abstimmungsleiterin Kristin Obst nach Auszählung aller Stimmen sagte. Der Bürgerentscheid war unter anderem von Stadträten der SPD, AfD und einer rechtsextremen Wählervereinigung in Gang gesetzt worden, was Kontroversen vor allem innerhalb der SPD in Thüringen ausgelöst hatte.

Streitthemen in Hildburghausen: Schwimmbad, Kita, Feuerwehr

In dem Abwahlantrag hatten die Unterzeichner argumentiert, das Vertrauensverhältnis der Bürger zum Bürgermeister sei gestört. Besorgte Einwohner hätten sich teils persönlich an die Stadträte gewandt, weil sie mit seiner Amtsführung unzufrieden seien. Streitthemen waren unter anderem ein Schwimmbad, Probleme in einem Kindergarten und bei der Feuerwehr.


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Führende Thüringer SPD-Politiker hatten davor gewarnt, das Abwahlverfahren gegen Kummer zusammen mit der AfD und dem Stadtrat der Wählervereinigung Bündnis-Zukunft-Hildburghausen (BZH) auf den Weg zu bringen. Im Verfassungsschutzbericht 2019 wurde die Gruppierung BZH als „führende rechtsextremistische Vereinigung im Landkreis Hildburghausen“ bezeichnet. In Thüringen ist auch der AfD-Landesverband vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und wird beobachtet.

Ohne die SPD hätte es nicht gereicht

Für die Einleitung des Abwahlverfahrens war eine Zweidrittel-Mehrheit im Stadtrat nötig gewesen. Alle Stadträte außer die der Linken hatten für das Verfahren gestimmt. Die einzige CDU-Stadträtin fehlte bei der Abstimmung. Ohne die drei SPD-Stimmen hätte es für die Zweidrittel-Mehrheit nicht gereicht.

Die drei SPD-Stadträte hatten damit auch Warnungen von Thüringens SPD-Chef Georg Maier ignoriert, der zuvor gesagt hatte: „Wir können eine Abwahl eines Linken-Bürgermeisters nicht mit Stimmen der AfD auf den Weg bringen.“

Kummer will in Hildburghausen nicht wieder kandidieren

Das letzte Wort über Kummers Zukunft als Stadtchef hatten nun die Bürger. Für die Abwahl waren mehr Ja- als Nein-Stimmen nötig, außerdem mussten die Ja-Stimmen mindestens 30 Prozent der 9338 Wahlberechtigten ausmachen, nötig waren laut Abstimmungsleiterin also 2802 Ja-Stimmen. Hildburghausener ab 16 Jahren konnten ihre Stimme abgeben.

Kummer kündigte an, nicht wieder als Bürgermeister in Hildburghausen kandidieren zu wollen. „Ich hoffe, dass der nächste Bürgermeister von Hildburghausen dem demokratischen Spektrum angehört“, sagte er.

In der SPD rumort es nach gemeinsamer Abstimmung mit AfD

Nun muss zunächst das Wahlergebnis offiziell festgestellt werden. Nach früheren Angaben des Landkreises Hildburghausen soll es dafür am Montag eine Sitzung des Abstimmungsausschusses geben. Später muss noch die Rechtsaufsichtsbehörde alles überprüfen, nach Angaben des Kreises könnte das eine Woche dauern. Sobald auch dort das Ergebnis festgestellt ist, scheidet Kummer am Tag danach aus dem Amt. Dann soll es auch einen Termin zur Neuwahl des Bürgermeisters geben.

Eine Stadträtin ist inzwischen aus der SPD ausgetreten, gegen die anderen beiden Sozialdemokraten im Stadtrat wurde ein Parteiordnungsverfahren angestoßen, das später aber zurückgestellt wurde.

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Parteiordnungsverfahren gegen SPD-Stadträte

Thüringens SPD-Chef Georg Maier bedauerte die Abwahl Kummers. „Großer politischer Flurschaden ist angerichtet worden“, sagte Maier. Gegen die beiden verbliebenen SPD-Stadträte werde ein Parteiordnungsverfahren eingeleitet, kündigte er an. Das habe der Landesparteivorstand bereits am Donnerstag vor der Abwahl beschlossen.

dpa/th

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