Im russischen Angriffskrieg in der Ukraine spitzt sich die Lage der Bevölkerung in umkämpften Städten weiter zu. Ein neuer Anlauf für Fluchtkorridore unter anderem aus Kiew und der belagerten Hafenstadt Mariupol blieb nicht ohne Zwischenfälle. Die Angriffe und Kämpfe gingen 13 Tage nach dem russischen Einmarsch weiter.
Wer die Menschen in der Ukraine unterstützen möchte, findet hier unseren Übersichtsartikel zu fränkischen Hilfsangeboten und anderen Aktionen:
Die Entwicklungen des Tages:
Update vom 8. März, 19.54 Uhr: Selenskyj beschwört ukrainischen Kampfgeist vor britischem Unterhaus
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei seiner Ansprache vor dem britischen Unterhaus am Dienstag den Kampfgeist seines Landes beschworen und London um weitere Unterstützung gebeten. Für die Ukraine gehe es angesichts des russischen Angriffs um die Shakespear'sche Frage «Sein oder nicht sein», sagte Selenskyj, der per Videotelefonat aus Kiew zugeschaltet war. Er könne nun angesichts des zähen Widerstands seiner Landsleute gegen die russische Armee eine definitive Antwort darauf geben. «Sie lautet definitiv: sein», sagte Selenskyj.
Von Großbritannien erhoffe er sich unter anderem weitere Sanktionen gegen die russische Wirtschaft und die Einstufung Russlands als terroristischen Staat, sagte der ukrainische Präsident. Er erneuerte auch die Forderung nach einem Flugverbot über der Ukraine.
Selenskyj spielte in der Ansprache auch auf eine berühmte Rede des früheren britischen Premierministers Winston Churchill aus dem Zweiten Weltkrieg an. Man werde nicht aufgeben und nicht verlieren, so der ukrainische Premier, sondern zur See, in der Luft, in Wäldern, Feldern, an den Küsten, in den Städten und Dörfern, in den Straßen und auf den Hügeln kämpfen. Mit ähnlichen Worten hatte sich Churchill 1940 an seine Bevölkerung gewandt, als diese eine deutsche Invasion befürchteten. Selenskyj beklagte aber auch die zivilen Opfer des Kriegs in den vergangenen knapp zwei Wochen. So seien bereits 50 Kinder durch den russischen Angriff gestorben.
Die Rede wurde mit großem Applaus von den Abgeordneten aufgenommen. Niemals zuvor habe das Unterhaus einer solchen Ansprache zugehört, sagte der britische Premier Boris Johnson nach Selenskyjs Rede. Man werde die Ukraine mit Waffen und Sanktionen und allen diplomatischen, humanitären und wirtschaftlichen Mitteln unterstützen, um das Vorhaben des russischen Präsidenten Wladimir Putin, das Land zu unterwerfen, scheitern zu lassen, so der britische Premier.
Update vom 8. März, 19.33 Uhr: McDonald's schließt in Russland 850 Filialen zeitweise
Infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine schließt die Fast-Food-Kette McDonald's ihre 850 Filialen in Russland bis auf Weiteres. Alle Geschäfte dort würden vorübergehend eingestellt, die Gehälter der rund 62.000 örtlichen Mitarbeiter aber weiter gezahlt, erklärte das Unternehmen am Dienstag.
McDonald's sei in dem Land seit mehr als 30 Jahren vertreten und habe dort inzwischen täglich «Millionen russische Kunden». Aufgrund der Werte des Unternehmens könne man jedoch «das unnötige menschliche Leid, das sich in der Ukraine zuträgt, nicht ignorieren», erklärte McDonald's-Chef Chris Kempczinski in einer vom Unternehmen veröffentlichten E-Mail an die Mitarbeiter. Auch alle Angestellten in der Ukraine würden voll weiter bezahlt, betonte er.
McDonald's machte zunächst keine Angaben dazu, unter welchen Umständen die zeitweise Schließung der Restaurants in Russland wieder aufgehoben werden könnte. In seinem Schreiben betonte Kempczinski, McDonald's «verurteilt Angriff und Gewalt und betet für Frieden».
Zahlreiche westliche Unternehmen haben ihre Geschäfte in Russland wegen des Kriegs und den harten Sanktionen vieler Staaten gegen Moskau bereits eingestellt oder zumindest zeitweise ausgesetzt.
Update vom 8. März, 18.55 Uhr: Separatisten rücken bei Mariupol vor
In der umkämpften ukrainischen Hafenstadt Mariupol sind prorussische Einheiten nach Angaben aus Moskau weiter auf dem Vormarsch. Kämpfer der selbst ernannten Volksrepublik Donezk seien seit dem Ende einer Waffenruhe bereits knapp einen Kilometer weit vorgedrungen, teilte das russische Verteidigungsministerium am Dienstag mit. Mariupol am Asowschen Meer wird seit Tagen belagert, die Lage in der Stadt gilt als katastrophal. Mehrere Evakuierungsversuche waren gescheitert. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.
Auch an anderen Frontabschnitten in der Ostukraine erzielten Separatisten und russische Einheiten nach eigenen Angaben Erfolge. Der Chef der von Russland als unabhängig anerkannten «Volksrepublik» Luhansk, Leonid Passetschnik, sagte, die Stadt Popasna sei erobert und ukrainische Kräfte seien eingekesselt worden.
Erstmals räumten die Separatisten eigene Verluste ein. Seit Beginn der «Spezialoperation», wie Russland den Krieg in der Ukraine nennt, seien 47 Kämpfer der «Volksrepublik Donezk» getötet und 179 verletzt worden, sagte der Sprecher der prorussischen Kräfte im Gebiet Donezk, Eduard Bassurin, örtlichen Medien zufolge.
Das russische Verteidigungsministerium machte zu eigenen Verlusten erneut keine neuen Angaben. Zuletzt wurde die Zahl von fast 500 getöteten Soldaten genannt. Bisher seien 2581 militärische Ziele zerstört worden, sagte Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow. Darunter seien zahlreiche Raketenabwehrsysteme, Kontrollposten und Radarstationen, Hunderte Panzer und gepanzerte Fahrzeuge sowie 84 Kampfdrohnen.
Update vom 8. März, 18.07 Uhr: EU-Kommission will nicht abgerufenes Geld für Flüchtlinge nutzen
Zur Unterstützung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine will die EU-Kommission nicht abgerufenes Geld aus der Haushaltsperiode 2014 bis 2020 nutzen. So sollten zusätzliche 420 Millionen Euro aus dem abgelaufenen Fond für die innere Sicherheit zur Verfügung stehen, schlug die Brüsseler Behörde am Dienstag vor.
Zudem sollten Mittel aus dem aktuellen Mehrjahreshaushalt flexibler genutzt werden. Im Rahmen der Kohäsionspolitik, mit der normalerweise Unterschiede zwischen europäischen Regionen verringert werden sollen, solle die Möglichkeit geschaffen werden, Geld aus verschiedenen Fonds zur Versorgung der Flüchtlinge bereitzustellen. Daraus könnten ein Jahr lang die kompletten Kosten etwa für Bildung, Gesundheitsversorgung und Wohnraum der Flüchtlinge übernommen werden. Außerdem könnten 10 Milliarden Euro aus dem sogenannten React-EU-Paket verwendet werden, das eigentlich zur Bewältigung der Corona-Krise gedacht ist.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuvor bereits humanitäre Hilfe in Höhe von 500 Millionen Euro angekündigt. Über die Vorschläge der EU-Kommission müssen die EU-Staaten und das Europaparlament noch beraten.
Update vom 8. März, 17.39 Uhr: Sicherheitsgarantien statt Nato-Beitritt?
Die Partei des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat sich bereit gezeigt, im Gegenzug für Sicherheitsgarantien ihr Ziel eines Nato-Beitritts aufzuschieben. «Die Allianz ist nicht bereit, die Ukraine im Verlauf der nächsten mindestens 15 Jahre aufzunehmen und hat dies deutlich gemacht», teilte die Partei Sluha Narodu (Diener des Volkes) am Dienstag mit. Daher sei es an der Zeit, bis zur Aufnahme in die Nato über konkrete Garantien zu sprechen.
«Garantiestaaten könnten die USA, die Türkei und die Nachbarstaaten der Ukraine werden», hieß es in der Mitteilung weiter. Zudem müsse Russland zweifelsfrei bestätigen, dass es die ukrainische Staatlichkeit anerkenne «und garantiert, dass es unseren Staat nicht bedrohen wird». Seit 2019 ist das Ziel des Nato-Beitritts in der ukrainischen Verfassung festgelegt. Russland fordert, dass die Ukraine darauf verzichtet und sich für neutral erklärt.
Gebietsabtretungen an Russland erteilte die Regierungspartei erneut eine Absage. «Wir erwägen nicht einmal theoretisch die Möglichkeit, (...) Teile unseres Territoriums aufzugeben. Das ist nicht akzeptabel. Unsere Ukraine - dazu gehören auch Donezk, Luhansk und die Krim.»
Zuvor hatte sich Selenskyj im US-Sender ABC zu Gesprächen über den Status der ostukrainischen Separatistengebiete und der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim bereit gezeigt. Auch er hatte aber betont, er werde nicht auf die russischen Forderungen eingehen, die Unabhängigkeit der selbst ernannten «Volksrepubliken» sowie die russische Herrschaft über die Krim anzuerkennen.
Update vom 8. März, 17.36 Uhr: 3000 Lastwagen mit Hilfsgütern haben Ukraine erreicht
Trotz des Kriegs mit Russland erreichen nach offiziellen Angaben zahlreiche Hilfsgüter die Ukraine. In den vergangenen sechs Tagen seien 3000 Lastwagen mit 20 000 Tonnen Lebensmitteln, Kleidung, Medikamenten und medizinischer Ausrüstung ins Land gekommen, sagte Ministerpräsident Denys Schmyhal am Dienstag in Kiew. Zudem seien 10 Milliarden Hrywna (rund 310 Millionen Euro) über ein speziell eingerichtetes Konto an die ukrainische Armee gespendet worden. «Wir danken allen, die der Ukraine helfen», sagte Schmyhal.
Der Regierungschef rief die Bevölkerung zu einer nationalen Anstrengung auf. «Angesichts der Umstände müssen wir unser Leben an die Bedingungen einer Kriegswirtschaft anpassen. Alle Ukrainer sollten sich heutzutage fragen, wie sie effizient für Armee, Land und Staat sein können», sagte Schmyhal. Die Ukrainer zeigten Heldenmut.
Update vom 8. März, 17.31 Uhr: USA verhängen Importverbot für russisches Öl
Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erlassen die USA ein Importverbot für Rohöl aus Russland. Das kündigte US-Präsident Joe Biden bei einem kurzfristig anberaumten Auftritt am Dienstag im Weißen Haus an.
Auch Großbritannien will bis Ende dieses Jahres kein Öl mehr aus Russland importieren. Das teilte der britische Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng am Dienstag per Twitter mit. Mit dem Schritt soll der Druck auf Moskau weiter erhöht werden, den Krieg gegen die Ukraine zu beenden.
Update vom 8. März, 17.26 Uhr: Türkei ruft Russland im Ukraine-Krieg zur Waffenruhe auf
Die Türkei hat Russland im Krieg gegen die Ukraine erneut zu einer Waffenruhe aufgefordert. Diese sei wichtig, um weitere Todesopfer zu vermeiden, teilte das Verteidigungsministerium in Ankara am Dienstag nach einem Telefonat von Ressortchef Hulusi Akar mit seinem russischen Kollegen Sergej Schoigu mit. Akar begrüßte demnach die Bemühungen um einen Fluchtkorridor für Zivilisten. In dem Gespräch sei es zudem um türkische Handelsschiffe gegangen, die aufgrund des Krieges in russischen Häfen festsäßen.
Laut russischem Verteidigungsministerium sprachen die Minister neben der Lage in der Ukraine auch über bilateralen Fragen. Details wurden nicht genannt.
An diesem Donnerstag (10. März) wollen sich der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein ukrainischer Kollege Dmytro Kuleba in der Türkei zu Gesprächen treffen.
Update vom 8. März, 16.51 Uhr: Lawrow telefoniert mit dem Vatikan
Der Vatikan hat der russischen Regierung angesichts des Kriegs in der Ukraine seine Besorgnis bekundet. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin - die Nummer zwei hinter Papst Franziskus - habe mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow telefoniert, bestätigte Vatikan-Sprecher Matteo Bruni am Dienstag. Parolin habe darin die tiefe Besorgnis des Papstes über den Krieg in der Ukraine zum Ausdruck gebracht.
Unter Verweis auf die Aussagen des Papstes vom vergangenen Sonntag erinnerte er an den Appell des Heiligen Vaters, die bewaffneten Angriffe einzustellen und humanitäre Korridore für die Bevölkerung zu gewährleisten.
Aus dem russischen Außenministerium hieß es der Agentur Interfax zufolge, beide Seiten hätten die Hoffnung auf eine schnelle weitere Verhandlungsrunde zwischen Moskau und Kiew geäußert, um eine Lösung der Schlüsselprobleme und ein Ende der Kampfhandlungen zu erreichen. Ein besonderes Augenmerk sei auf humanitäre Fragen gelegt worden, wie etwa den Schutz von Zivilisten und «humanitäre Korridore» für Flüchtlinge.
Update vom 8. März, 16.47 Uhr: EU-Kommissarin will Kinder vor Menschenhandel schützen
EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hat in eindringlichen Worten einen besseren Schutz flüchtender ukrainischer Kinder vor Menschenhändlern angemahnt. «Wir wissen, dass unbegleitete Minderjährige in solchen Situationen leider besonders gefährdet sind, Opfer von Kriminellen zu werden», sagte Johansson am Dienstag im EU-Parlament. So gebe es Berichte von Straftätern, die sich seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs als Angehörige von Waisen ausgäben und diese dann in anderen Ländern ausbeuteten.
«Sie wissen ja, dass Menschenhandel das profitabelste Verbrechen überhaupt ist», sagte Johansson an die EU-Abgeordneten gewandt. Drogen oder Waffen könne man jeweils einmal verkaufen. «Wer mit Kindern handelt, kann sie wieder und wieder und wieder und wieder verkaufen. Wir sind verpflichtet, diese Kinder zu schützen.» Dafür müsse viel mehr getan werden als bisher.
Noch wisse man nicht, wie viele Kinder unter den aus der Ukraine Flüchtenden seien, aber sie gehe von der knappen Hälfte aus, sagte Johansson. Sie alle bräuchten auch nach ihrer Flucht ein Grundmaß an Normalität und müssten zur Schule gehen können, forderte die EU-Kommissarin.
Update vom 8. März, 16.42 Uhr: OECD setzt Russlands Teilnahme an Gremien der Organisation aus
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat Russland vorerst von der Arbeit ihrer Gremien ausgeschlossen. Wie es in einer Mitteilung vom Dienstag hieß, dürfe auch Belarus zunächst nicht mehr an den Arbeitsgruppen teilnehmen. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hatte die OECD bereits die seit 2014 auf Eis liegenden Beitrittsverhandlungen Russlands formell beendet und die Schließung des Büros in Moskau angeordnet.
Russland war zwar nie Mitglied der OECD, doch ab 2007 Beitrittskandidat. Gerade in diesem Rahmen nehmen auch Länder, die nicht Mitglied sind, an Sitzungen der OECD-Arbeitsgruppen teil. An wie vielen Gremien Russland mit welchem Status teilnehmen konnte, teilte die Organisation nicht mit.
Die in Paris ansässige OECD vereint Länder, die sich zu Demokratie und Marktwirtschaft bekennen. Mittlerweile sind neben großen Volkswirtschaften wie Deutschland, den USA und Japan auch Schwellenländer wie Mexiko und Chile Mitglied. Die Fachleute der Organisation erarbeiten beispielsweise regelmäßig Konjunkturprognosen und sind für den weltweit größten Schulleistungstest Pisa verantwortlich.
Update vom 8. März, 16.14 Uhr: Moskau behauptet Biowaffen-Bau zur Rechtfertigung
Russland wirft der Ukraine nach Angaben britischer Geheimdienste zunehmend vor, nukleare oder biologische Waffen zu entwickeln. Diese Erzählung sei zwar nicht neu, werde aber seit Ende Februar verstärkt verbreitet, um die russische Invasion in die Ukraine nachträglich zu rechtfertigen, hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Geheimdienst-Update aus dem britischen Verteidigungsministerium.
Moskau hatte zuvor angekündigt, Angriffe auf Gebäude der ukrainischen Waffenindustrie auszuweiten. Erst am Montag behauptete das russische Verteidigungsministerium, in der Ukraine gebe es ein Netzwerk von Bio-Laboren, die im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums arbeiteten. Internationale Faktenchecker haben diese Behauptung allerdings längst entkräftet.
Erneut bekräftigte das russische Außenministerium am Dienstag, dass im Verlauf der sogenannten «Spezialoperation» in der Ukraine Dokumente gefunden worden seien, die nachwiesen, dass nahe der Grenzen zu Russland Komponenten für biologische Waffen ausgearbeitet würden. Kiew habe versucht, die Spuren des biologischen Waffenprogramms, das von den USA finanziert werde, zu verwischen, hieß es der Agentur Interfax zufolge in einer Erklärung des Ministeriums. Besonders gefährliche Krankheitserreger etwa von Pest, Cholera und Milzbrand seien von den Mitarbeitern der Labore am 24. Februar vernichtet worden. An dem Tag begann der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine.
Russland bezeichnet den Angriffskrieg gegen die Ukraine als «militärische Spezialoperation». Zur Begründung gibt Kremlchef Wladimir Putin an, «nationalistische» Regierungstruppen verübten im ostukrainischen Donbass einen «Genozid» an Russen. Zudem arbeite die Ukraine an Atomwaffen. Für diese Vorwürfe gibt es keine Belege.
Update vom 8. März, 16.04 Uhr: UN-Menschenrechtsbüro dokumentiert Tod von 474 Zivilisten in Ukraine
Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte hat in der Ukraine seit dem Einmarsch Russlands am 24. Februar und bis Dienstag, 00.00 Uhr den Tod von 474 Zivilisten dokumentiert. Darunter waren 29 Minderjährige, wie das Büro in Genf berichtete. Dem Büro lagen zudem verifizierte Informationen über 861 Verletzte vor, darunter mehr als 40 Minderjährige.
Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, betont stets, dass die tatsächlichen Zahlen mit Sicherheit deutlich höher lägen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchten oft Tage, um Opferzahlen zu überprüfen. Das Hochkommissariat gibt nur Todes- und Verletztenzahlen bekannt, die es selbst unabhängig überprüft hat.
«Die meisten Opfer unter der Zivilbevölkerung wurden durch den Einsatz von Explosivwaffen mit großer Reichweite verursacht, darunter durch den Beschuss mit schwerer Artillerie und mit Raketenwerfern sowie durch Raketen- und Luftangriffe», teilte Bachelets Büro mit.
Das Büro lieferte auch eine Aufteilung nach Regionen: Demnach kamen in den Separatistengebieten Donezk und Luhansk im Osten des Landes 72 Menschen in von der Regierung kontrollierten Zonen ums Leben, 24 auf dem Gebiet der selbst ernannten und von Russland anerkannten Republiken. 378 Todesfälle wurden in anderen Landesteilen registriert, darunter in Kiew, Charkiw und Cherson.
Update vom 8. März, 15.57 Uhr: 2,5 Millionen Anträge auf Evakuierung aus der Ukraine
Aus Angst vor den Kämpfen in der Ukraine wollen nach Darstellung Moskaus mehr als 2,5 Millionen Menschen nach Russland gebracht werden. Die Menschen hätten sich über verschiedene Kommunikationskanäle an Russland gewandt, sagte Generaloberst Michail Misinzew vom Verteidigungsministerium am Dienstag in Moskau. Es handele sich dabei um Evakuierungen aus mehr als 1900 Orten. Die Zahlen ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
In der Ukraine lebt auch eine große russischsprachige Minderheit. Der russische Präsident Wladimir Putin hat den Angriffskrieg gegen das Nachbarland unter anderem damit begründet, dass diese Menschen vor einem «Genozid» geschützt werden müssten. Für die Vorwürfe gibt es keine Belege.
Zuvor hatten die Vereinten Nationen von mehr als zwei Millionen Menschen gesprochen, die die Ukraine verlassen haben. Die meisten seien nach Polen sowie nach Ungarn, Rumänien, Moldau und in die Slowakei gegangen, sagte eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR).
Misinzew zufolge wurden am Dienstag aus der ostukrainischen Großstadt Sumy 723 Ausländer nach Russland in Sicherheit gebracht. Darunter seien 576 indische, 115 chinesische, 20 jordanische und 12 tunesische Staatsbürger. Von den zehn humanitären Korridoren für verschiedene ukrainische Städte habe Kiew nur eine Fluchtroute bestätigt.
Laut russischen Angaben wurden seit Beginn des Einmarsches am 24. Februar mehr als 174 000 Menschen aus dem Nachbarland gerettet, darunter 44 250 Kinder. Vor allem aus den Separatistengebieten in der Ostukraine wurden in den vergangenen Wochen viele Menschen nach Russland gebracht.
Update vom 8. März, 15.28 Uhr: Bundesregierung arbeitet an weiteren Sanktionen
Nach Angaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bereitet die Bundesregierung eine Ausweitung der Sanktionen gegen Russland und seine Unterstützer vor. «Die Bundesregierung arbeitet daran, die Sanktionen zu erweitern. Ich rechne mit einem nächsten Sanktionspaket, das über Russland hinaus auch Unterstützer des Krieges in Belarus umfasst und Umgehungen der Finanzsanktionen über Kryptowerte ausschließt», sagte Lindner am Dienstag in Düsseldorf.
Update vom 8. März, 14.21 Uhr: EU-Kommission will Akteure für Desinformation bestrafen
Die EU-Kommission will im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine Urheber von gezielter Falschinformation künftig bestrafen. «Ich werde einen neuen Mechanismus vorschlagen, der uns erlauben wird, diese bösartigen Desinformations-Akteure zu sanktionieren», sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Dienstag im EU-Parlament in Straßburg.
Der Kreml und seine Sprachrohre lügen nach den Worten Borrells systematisch über die Situation in der Ukraine. So werde etwa behauptet, die ukrainische Behörden bombardierten ihr eigenes Volk, um anschließend Russland zu beschuldigen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj werde als Nazi und Kriegsverbrecher dargestellt. Es würden in diesem Krieg nicht nur Gebäude, Infrastruktur und Menschen bombardiert, sagte Borrell. «Sie bombardieren ihren Geist.»
Welche Art von Sanktionen verhängt werden könnten, sagte Borrell nicht - auch nicht, wann Strafmaßnahmen kommen könnten. Urheber von Falschinformationen könnten etwa damit bestraft werden, dass ihr in der EU vorhandenes Vermögen eingefroren wird oder dass sie nicht mehr in die EU einreisen dürfen.
Update vom 8. März, 14.21 Uhr: Charkiws Bürgermeister wirft Russen Angriffe auf zivile Infrastruktur vor
Der Bürgermeister der umkämpften ukrainischen Metropole Charkiw hat den angreifenden russischen Truppen den vorsätzlichen Beschuss ziviler Infrastruktur vorgeworfen. «Kindergärten, Schulen, Entbindungsstationen, Kliniken werden beschossen», sagte Bürgermeister Ihor Terechow am Dienstag dem US-Fernsehsender CNN laut Übersetzung. «Wenn es um Hunderte zivile Gebäude geht, dann ist das kein Versehen. Das ist ein gezielter Angriff.» Terechow fügte hinzu: «Ich betrachte dies als einen Akt des Völkermordes an der Stadt Charkiw.» Charkiw ist die zweitgrößte Stadt der Ukraine.
Terechow sagte, die Metropole mit ihren rund 1,5 Millionen Einwohnern sei unter konstantem Beschuss. In den noch nicht zerstörten Gebäuden gebe es derzeit Wasser und Heizung, man arbeite an der Wiederherstellung der Stromversorgung. Die Bewohner der Stadt benötigten Lebensmittel, Medikamente und warme Kleidung. Jede Hilfe werde dankbar angenommen. Der Bürgermeister zeigte sich zuversichtlich, dass die Ukraine den Krieg nicht verlieren werde. «Ich bin absolut sicher, dass wir die Russen besiegen werden.»
Update vom 8. März, 14.04 Uhr: Bisher 13 Soldatinnen der ukrainischen Luftstreitkräfte getötet
Im Kampf gegen russische Truppen sind nach offiziellen Angaben aus Kiew bisher 13 Soldatinnen der ukrainischen Luftstreitkräfte getötet worden. Fast 7000 weibliche Angehörige der Luftstreitkräfte erlebten den Internationalen Frauentag «nicht mit Blumen, sondern mit der Waffe in der Hand», sagte der Kommandeur, Generalleutnant Mykola Oleschtschuk, am Dienstag. «Schulter an Schulter mit den Männern wehren sie die russische Aggression ab, kämpfen für die Zukunft ihrer Kinder und die Zukunft unserer Ukraine.»
Mehr als 1500 Soldatinnen der Luftstreitkräfte hätten direkt an Kampfhandlungen teilgenommen, sagte Oleschtschuk. 16 von ihnen seien mit Orden ausgezeichnet worden. Zur Gesamtzahl der Verluste unter den Streitkräften gibt es keine offiziellen ukrainischen Angaben.
Nach Angaben der Politologin Leandra Bias von der Schweizer Friedensstiftung Swisspeace beläuft sich der Anteil von Frauen in der ukrainischen Armee auf etwas mehr als 15 Prozent. Dagegen habe sich der Frauenanteil in der russischen Armee seit der Jahrtausendwende um die Hälfte auf derzeit etwa vier Prozent reduziert.
Auf Instagram veröffentlichte der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko am Internationalen Frauentag ein Video, auf dem er ukrainischen Soldatinnen rote Tulpen schenkt.
Update vom 8. März, 13.41 Uhr: Ukraine meldet neuen Bruch der Waffenruhe
Auch bei einem neuen Anlauf für eine Rettung von Zivilisten aus der belagerten ukrainischen Hafenstadt Mariupol sind am Dienstag laut Angaben aus Kiew Schüsse gefallen. «Waffenruhe verletzt! Russische Streitkräfte beschießen jetzt den humanitären Korridor von Saporischschja nach Mariupol», schrieb der Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, Oleh Nikolenko, am Mittag bei Twitter.
Acht Lastwagen und 30 Busse stünden bereit, um humanitäre Hilfe nach Mariupol zu liefern und Zivilisten nach Saporischschja zu bringen. «Der Druck auf Russland MUSS erhöht werden, damit es seine Verpflichtungen einhält», schrieb Nikolenko weiter. Von russischer Seite gab es zunächst keine Angaben dazu. Am Morgen hatte der Sprecher der prorussischen Kräfte im Gebiet Donezk, Eduard Bassurin, behauptet, ukrainische «Nationalisten» blockierten die Evakuierung.
Seit vergangenem Samstag sind mehrere Versuche gescheitert, Menschen aus der Stadt Mariupol am Asowschen Meer zu bringen.
Update vom 8. März, 13.33 Uhr: Nato hält Berichte über Angriffe auf Flüchtende für sehr glaubwürdig
Die Nato geht davon aus, dass Angaben über russische Angriffe auf flüchtende Menschen in der Ukraine der Wahrheit entsprechen. «Es gibt sehr glaubwürdige Berichte, dass Zivilisten bei der Evakuierung unter Beschuss geraten», sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Dienstag bei einer Pressekonferenz mit Lettlands Präsidenten Egils Levits in Riga. «Zivilisten ins Visier zu nehmen, ist ein Kriegsverbrechen, und es ist vollkommen inakzeptabel», ergänzte der Norweger. Man brauche richtige humanitäre Korridore, die uneingeschränkt respektiert würden.
Update vom 8. März, 13.30 Uhr: Xi nennt Lage in Ukraine "beunruhigend"
Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hat die gegenwärtige Lage in der Ukraine «beunruhigend» genannt. In einem Videogespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron «bedauerte» Chinas Präsident am Dienstag «die Rückkehr des Krieges auf dem europäischen Kontinent», wie das Staatsfernsehen berichtete. Er unterstrich, dass die Souveränität und territoriale Integrität aller Länder respektiert werden müsse.
Offenbar mit Blick auf Russland hob Xi Jinping auch hervor, dass die legitimen Sicherheitsinteressen aller Länder ernst genommen werden müssten. Alle Bemühungen zu einer friedlichen Lösung sollten unterstützt werden. «Es ist wichtig, eine Eskalation der Spannungen oder einen Kontrollverlust zu vermeiden», zitierte ihn das Staatsfernsehen. Er begrüßte die deutschen und französischen Vermittlungsbemühungen.
Alle sollten zusammenarbeiten und die Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine unterstützen. Beide Seiten sollten gedrängt werden, die Gespräche in Schwung zu halten und Schwierigkeiten zu überwinden, um Ergebnisse und Frieden zu erreichen, sagte Chinas Präsident. «Wir sollten zur maximalen Zurückhaltung aufrufen, um eine große humanitäre Krise zu verhindern.»
Auch müsse zusammengearbeitet werden, um die negativen Auswirkungen der Krise zu verringern, sagte Xi Jinping. «Die betreffenden Sanktionen haben Auswirkungen weltweit auf Finanzen, Energie, Transport sowie Lieferkettenstabilität und ziehen die unter der Pandemie leidende Weltwirtschaft zum Nachteil aller herunter.»
Ungeachtet des Krieges und der Sanktionen hatte Außenminister Wang Yi am Vortag bekräftigt, dass China die «strategische Partnerschaft» mit Russland vorantreiben wolle. China hat die russische Invasion nicht verurteilt und sich bei entsprechenden Abstimmungen der Vereinten Nationen lediglich der Stimme enthalten.
Update vom 8. März, 13.14 Uhr: Fluchtkorridor von Sumy nach Poltawa funktioniert
Der mit der russischen Armee vereinbarte Fluchtkorridor von der ostukrainischen Großstadt Sumy ins zentralere Poltawa ist offenbar zustande gekommen. Das ukrainische Außenministerium in Kiew veröffentlichte am Dienstag ein entsprechendes Video beim Kurznachrichtendienst Twitter. Darin war zu sehen, wie Zivilisten mit Gepäck in mit Wasserflaschen gefüllten Kleinbussen saßen. Autos schlossen sich der startenden Kolonne an.
Sumy liegt nur etwa 30 Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Seit Tagen wird die Stadt von russischen Truppen angegriffen. Das zentralukrainische Poltawa liegt etwa 170 Kilometer südlicher und ist bisher von direkten Kämpfen verschont geblieben.
Zuvor hatte die ukrainische Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk angekündigt, dass in Sumy eine Waffenruhe von 9.00 bis 21.00 Uhr Ortszeit (8.00 bis 20.00 Uhr MEZ) gelten werde. In Sicherheit gebracht würden auch Hunderte Studenten aus China und Indien.
Für andere eingeschlossene Städte wie Mariupol oder Wolnowacha in der Ostukraine scheiterten in den vergangenen Tagen mehrere Versuche zur Einrichtung eines derartigen «grünen Korridors». Beide Seiten warfen sich gegenseitig Sabotage vor.
Russland hatte das Nachbarland Ukraine am 24. Februar angegriffen. UN-Angaben zufolge wurden mehr als 400 Zivilisten getötet. Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht.
Update vom 8. März, 12.37 Uhr: Mehr als 64.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland
Die Zahl der in Deutschland angekommenen Flüchtlinge aus der Ukraine ist weiter gestiegen. Seit Beginn des Krieges habe die Bundespolizei 64.604 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland festgestellt, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Dienstag in Berlin mit. Das sind etwa 14.000 Geflüchtete mehr als am Tag zuvor. Die Bundespolizei führe zwar momentan verstärkte Kontrollen durch. Da es an den EU-Binnengrenzen aber keine stationären Kontrollen gebe, «kann die Zahl der nach Deutschland eingereisten Kriegsflüchtlinge tatsächlich bereits wesentlich höher sein», räumte der Sprecher ein.
Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine haben laut UN-Flüchtlingshilfswerk bereits mehr als zwei Millionen Menschen das Land verlassen. Die meisten Kriegsflüchtlinge hat bisher das Nachbarland Polen aufgenommen.
Update vom 8. März, 12.28 Uhr: Russland will weiter mit USA Sicherheitsdialog führen
Russland ist nach Angaben des Moskauer Außenministeriums trotz der Invasion in die Ukraine weiterhin zu einer sicherheitspolitischen Zusammenarbeit mit den USA bereit. «Selbst in größten Krisenzeiten ist Russland ausnahmslos und fortdauernd dafür eingetreten, die Kanäle für einen konstruktiven Dialog im Bereich der internationalen Sicherheit und strategischen Stabilität aufrecht zu erhalten», sagte der Leiter der Nordamerika-Abteilung des Außenministeriums, Alexander Dartschijew, am Dienstag der russischen Nachrichtenagentur Interfax. So bereite Moskau sich derzeit auf die im Frühjahr bevorstehende Sitzung der bilateralen Kommission zum Abrüstungsvertrag New Start vor.
Das einzige verbliebene große Abkommen zur Rüstungskontrolle der USA mit Russland ist der Vertrag über die strategische atomare Abrüstung New Start. Dieser begrenzt die Nukleararsenale beider Länder auf je 800 Trägersysteme und je 1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe.
Der Druck der Sanktionen auf Russland könne den außenpolitischen Kurs des Landes nicht ändern, sagte Dartschijew. Auch bei der Lösung zahlreicher Konflikte - etwa in Afghanistan - sei Moskau weiter zur Zusammenarbeit bereit. In Syrien gebe es zwischen dem russischen und amerikanischem Militär weiterhin Kanäle. Der Westen hatte mit beispiellosen Sanktionen auf Russlands Krieg gegen die Ukraine reagiert.
Zugleich warf Dartschijew den USA und Kanada vor, in Russland schon seit acht Jahren mit Sanktionen und internationalen Isolierungsversuchen einen Machtwechsel erreichen zu wollen. Im Jahr 2014 hatte Russland die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim annektiert.
Update vom 8. März, 11.53 Uhr: Selenskjy zu Gesprächen über Donbass und Krim bereit
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich zu Gesprächen über den Status der Separatistengebiete im Osten des Landes und der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim bereit gezeigt. Im US-Sender ABC machte Selenskyj am Montagabend (Ortszeit) zugleich deutlich, dass er nicht auf Forderungen aus Moskau eingehen werde, die Unabhängigkeit der selbst ernannten «Volksrepubliken» sowie die russische Herrschaft über die Krim anzuerkennen. «Ich bin bereit für einen Dialog. Aber wir sind nicht bereit für eine Kapitulation.»
Weiter sagte der ukrainische Präsident: «Wir können diskutieren und einen Kompromiss finden, wie diese Gebiete weitermachen können.» Wichtig sei, darauf zu achten, wie es den Menschen dort ergehe, die Teil der Ukraine sein wollten. Es handle sich um eine viel kompliziertere Frage als nur um eine Anerkennung. «Dies ist ein weiteres Ultimatum, und wir erkennen keine Ultimaten an.»
Selenskyj forderte erneut den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu direkten Verhandlungen auf. «Was Präsident Putin tun muss, ist, ein Gespräch zu beginnen, einen Dialog, anstatt weiter in einer Informationsblase ohne Sauerstoff zu leben.» Selenskyj räumte ein, dass Russland die Lufthoheit über der Ukraine habe. Er forderte erneut eine Flugverbotszone. Es gehe darum, Raketenbeschuss auf zivile Einrichtungen zu verhindern.
Mit Blick auf die Nato gab sich Selenskjy enttäuscht. Das Bündnis sei nicht bereit, die Ukraine als Mitglied zu akzeptieren. «Die Allianz hat Angst vor kontroversen Fragen und einer Auseinandersetzung mit Russland.» Er deutete an, auf einen Beitritt zu verzichten. Die Ukraine sei kein Land, das auf den Knien um etwas bettele. Seit einer Verfassungsänderung 2019 ist der Nato-Beitritt das erklärte Ziel der ehemaligen Sowjetrepublik.
Update vom 8. März, 11.45 Uhr: Scholz und Macron sprechen mit Xi Jinping über Ukraine-Krieg
Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping über den Ukraine-Krieg gesprochen. Dazu gab es am Dienstag eine Videoschalte, wie das chinesische Staatsfernsehen berichtete. Aus Berlin und Paris gab es zunächst keine Angaben. Scholz und Macron hatten das Gespräch mit Xi Jinping gesucht, um die diplomatischen Bemühungen für ein Ende des Kriegs voranzubringen.
Chinas Außenminister Wang Yi hatte am Montag deutlich gemacht, dass die Volksrepublik hinter ihrem «strategischen Partner» Russland stehe. Peking weigert sich auch, die Invasion zu verurteilen. Bei entsprechenden Abstimmungen der Vereinten Nationen hat sich China der Stimme enthalten.
Zu Spekulationen, dass China eine Vermittlerrolle einnehmen könnte, äußerte sich Außenamtssprecher Zhao Lijian am Dienstag in Peking wenig konkret. Ähnlich wie Wang Yi sagte der Sprecher nur, sein Land unterstütze alle diplomatischen Bemühungen. China wolle eine «konstruktive Rolle» spielen, um Friedensgespräche zu fördern. Auch sei es gegebenenfalls bereit, «gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft zu vermitteln».
Ausländische Experten wiesen darauf hin, dass China mit seiner demonstrativen Rückendeckung für Russland nicht neutral und deswegen als Vermittler nicht geeignet sei. Zugleich lehnten chinesische Fachleute in Staatsmedien eine Vermittlung Chinas mit der Begründung ab, dass der Westen China nicht traue und erst seine «bösartigen Kampagnen» gegen China einstellen müsse.
Update vom 8. März, 11.23 Uhr: Deutsche Ärzte können sich für Ukraine-Hilfseinsatz melden
Ärztinnen und Ärzte aus Deutschland können sich bei einer neuen offiziellen Internetseite für einen Hilfseinsatz in der Ukraine oder den Nachbarstaaten anmelden. Die Seite der Bundesärztekammer richtet sich an Ärzte, die die medizinische Infrastruktur in der Ukraine unterstützen oder geflüchtete Menschen in den Nachbarländern medizinisch versorgen möchten (baek.de/aerztehelfen).
In Absprache mit dem Auswärtigen Amt und dem Zentrum für internationale Friedenseinsätze werden registrierte Ärztinnen und Ärzte informiert, sobald solche Einsätze in der Ukraine oder in einer benachbarten Region möglich sind, teilte die Bundesärtzekammer am Dienstag in Berlin weiter mit. Das Registrierungsportal wurde in Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsministerium und dem Auswärtigen Amt freigeschaltet.
Update vom 8. März, 11.07 Uhr: WHO warnt vor Angriffen auf Gesundheitseinrichtungen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine einen besseren Schutz für Krankenhäuser gefordert. «Es versteht sich von selbst, dass Gesundheitspersonal, Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen niemals zu einem Ziel werden dürfen, auch nicht während Krisen und Konflikten», sagte WHO-Regionaldirektor Hans Kluge am Dienstag in Kopenhagen.
Bislang seien 16 Berichte über Attacken auf das Gesundheitswesen in der Ukraine bestätigt worden, weitere würden überprüft. «Die WHO verurteilt diese Angriffe auf das Schärfste», sagte Kluge. Zur WHO-Region Europa zählen 53 Länder, auch Russland und die Ukraine.
Innerhalb der Ukraine sehe man ein Gesundheitssystem unter starkem Druck, jenseits ihrer Grenzen die am schnellsten wachsende Flüchtlingskrise in Europa seit mehr als 75 Jahren. Für die WHO gebe es drei Prioritäten: Zum einen arbeite man daran, Güter wie Sauerstoff, Insulin und Schutzausrüstung ins Land zu bringen. Zum anderen gehe es darum, die Gesundheits-Infrastruktur in den Nachbarstaaten sicherzustellen. Ein dritter Fokus liege darauf, mit Hilfe eines WHO-Einsatzzentrums in Lwiw Unterstützung zu leisten.
Update vom 8. März, 11.01 Uhr: 21 Tote bei Angriffen auf ukrainische Stadt Sumy
Bei nächtlichen Luftangriffen auf die nordostukrainische Großstadt Sumy sind den örtlichen Behörden zufolge mindestens 21 Menschen getötet worden, darunter zwei Kinder. Das teilte die regionale Staatsanwaltschaft am Dienstag mit. Die Angaben waren zunächst nicht unabhängig zu überprüfen. In der Nacht hatte der Chef der Gebietsverwaltung, Dmytro Schywyzkyj, von zehn Toten gesprochen.
«In einigen Ortschaften wurden Wohngebäude bombardiert. Und fast im Zentrum von Sumy wurden mehrere Häuser durch einen Bombentreffer zerstört», schrieb Schywyzkyj bei Facebook. Auch vier ukrainische Soldaten seien «im ungleichen Kampf mit dem russischen Militär» getötet worden.
Am Dienstag einigten sich Russland und Kiew auf eine Evakuierungsaktion für Sumy. Am Vormittag fuhren in der Stadt Busse und Privatautos in Richtung der 170 Kilometer entfernten Stadt Poltawa ab, wie ukrainische Medien berichteten.
Update vom 8. März, 09.03 Uhr: Neue Feuerpause in Ukraine in Kraft - Korridore geöffnet
In der Hauptstadt Kiew sowie den Großstädten Tschernihiw, Sumy, Charkiw und der besonders umkämpften Hafenstadt Mariupol sollen nach Aussagen des russischen Militärs die Menschen die Möglichkeit haben, sich in Sicherheit zu bringen. Daher habe man Dienstag eine neue Feuerpause in der Ukraine in Kraft gesetzt und «humanitäre Korridore» in fünf Städten geöffnet. Die Feuerpause sei um 10.00 Uhr Moskauer Zeit (8.00 Uhr MEZ) in Kraft getreten, teilte das Verteidigungsministerium mit.
Die Einstellung der Kämpfe gilt als Voraussetzung für das Funktionieren von Fluchtkorridoren in den umkämpften Städten. Ein Schwerpunkt ist die von Russland belagerte Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer. Dort warten nach Angaben des Roten Kreuzes 200 000 Menschen darauf, über verschiedene Routen aus der Stadt zu kommen.
In Mariupol handelt es sich um den inzwischen vierten Versuch, Menschen in Sicherheit zu bringen. Sie sollen mit Bussen und Autos herausgebracht werden. Dazu werden nach Angaben der ukrainischen Behörden auch Sammelpunkte in der Stadt eingerichtet. Vertreter der Ukraine und Russlands hatten bei einer dritten Verhandlungsrunde am Montag nach Angaben aus Kiew dazu Details vereinbart.
Update vom 8. März, 08.05 Uhr: Lage in Mariupol ernst
In der von Russland belagerten Hafenstadt Mariupol spitzt sich die Lage nach Angaben des Stadtrats Kommune weiter zu. «Es gibt keine Straße ohne kaputte Fenster, zerstörte Wohnungen oder Häuser.» Die Stadt sei ohne Strom, Wasser und Gas. Mariupol liegt nahe der sogenannten Kontaktlinie zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischer Armee im Verwaltungsbezirk Donezk. Die Stadt hat strategisch große Bedeutung.
Update vom 8. März, 7.31 Uhr: Medizinische Lage in Ukraine verschlechtert sich
Der Krieg in der Ukraine macht aus Sicht der Organisation Ärzte ohne Grenzen die Hilfe für Verletzte zunehmend schwieriger. Die Versorgung der Krankenhäuser sei nicht mehr so gut gewährleistet wie vor Beginn der Kampfhandlungen, sagte der Geschäftsführer der Hilfsorganisation, Christian Katzer, am Dienstag im ZDF-«Morgenmagazin». So sei zum Beispiel in Odessa die Versorgung mit Essen zusammengebrochen. «Auch können wichtige Medikamente nicht einfach mehr bestellt werden.»
Ärzte ohne Grenzen hat demnach mehrere Teams in der Ukraine, etwa in der Hauptstadt Kiew sowie in Mariupol und Odessa. Eine effektive Hilfe sei aber noch schwierig, sagte Katzer. «Im Moment ist die Lage in vielen Gebieten der Ukraine noch so unübersichtlich, dass ein Arbeiten nicht wirklich möglich ist.»
Update vom 8. März, 4.50 Uhr: Behörden melden Tote bei Angriffen auf ukrainische Stadt Sumy
Bei Luftangriffen auf die nordostukrainische Großstadt Sumy sind den örtlichen Behörden zufolge mehr als zehn Menschen getötet worden. «In einigen Ortschaften wurden Wohngebäude bombardiert. Und fast im Zentrum von Sumy wurden mehrere Häuser durch einen Bombentreffer zerstört», teilte der Chef der Gebietsverwaltung, Dmytro Schywyzkyj, in der Nacht zu Dienstag mit. Mehr als zehn Menschen seien ums Leben gekommen, darunter auch Kinder. Auch vier ukrainische Soldaten seien «im ungleichen Kampf mit dem russischen Militär» getötet worden, erklärte Schywyzkyj. «Wir werden es nie vergeben.» Die Angaben waren zunächst nicht unabhängig zu überprüfen.
Update vom 8. März, 1.16 Uhr: Außenminister bestätigt geplantes Treffen mit Lawrow
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die Absicht baldiger Gespräche mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow bekräftigt. «Derzeit ist der 10. (März) geplant. Mal sehen, ob er nach Antalya fliegt, dann fliege ich auch. Setzen wir uns, reden wir», teilte er am Montagabend in einer Videobotschaft mit. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte zuvor gesagt, beide Seiten würden am 10. März in Antalya erwartet. Die Gespräche sollten gemeinsam mit Cavusoglu im Dreier-Format stattfinden.
Kuleba sagte, wenn Lawrow zu einem ernsthaften Gespräch bereit sei, werde man von Diplomat und Diplomat reden. «Falls er anfängt, die absurde Propaganda zu wiederholen, die in letzter Zeit ausgeteilt wurde, wird er von mir die harte Wahrheit hören, die er verdient.»
Das Treffen ist dem russischen Außenministerium zufolge am Rande des Diplomatie-Forums in Antalya geplant. Bei dem regelmäßig stattfindenden Forum kommen Politiker, Diplomaten und Experten unterschiedlicher Bereiche zu Diskussionen zusammen. Die Türkei hatte sich im Ukraine-Konflikt immer wieder als Vermittler angeboten.
Kuleba zufolge verschließt sich die Ukraine auch nicht direkten Gesprächen der Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin. «Unser Präsident hat vor nichts Angst, auch nicht vor einem direkten Treffen mit Putin. Wenn auch Putin keine Angst hat, möge er zum Treffen kommen, sich hinsetzen und reden.»
Update vom 8. März, 00.47 Uhr: Selenskyj: «Ich bleibe in Kiew»
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will trotz der Kämpfe um Kiew die Hauptstadt nicht verlassen. «Ich bleibe in Kiew», sagte er in einer am Montagabend veröffentlichten Videobotschaft. Er verstecke sich nicht und habe vor niemandem Angst. «Heute ist der zwölfte Abend unseres Kampfes, unserer Verteidigung. Wir sind alle vor Ort, alle arbeiten. Jeder, wo er muss. Ich bin in Kiew, mein Team mit mir.»
Nach Angaben des Präsidialamts rief Selenskyj die ukrainischen Soldaten zurück, die in Auslandsmissionen eingesetzt sind. Die «hochprofessionelle Militärs» würden im Kampf gegen die «russische Aggression» benötigt, hieß es. Ukrainischen Medien zufolge beteiligt sich das Land an Einsätzen im Kosovo, Kongo und der Elfenbeinküste.
Selenskyj kritisierte scharf einen russischen Luftangriff westlich von Kiew, bei dem nach ukrainischen Angaben mindestens 13 Zivilisten getötet worden waren. «Heute haben sie in Makariw in der Region Kiew eine Bäckerei beschossen. Wofür? Eine alte Bäckerei. Denken Sie nach: sie beschießen eine Bäckerei. Wer muss man sein, um so etwas zu tun?»
Russische Truppen stehen nordwestlich von Kiew und versuchen, auch von Westen auf die Hauptstadt vorzurücken. Russland beharrt darauf, dass seine Truppen keine zivilen Ziele in der Ukraine angreifen.
Selenskyj sagte, man werde weiter mit Russland sprechen. «Wir sind Realisten. Deshalb werden wir reden. Wir werden auf Verhandlungen bestehen, bis wir einen Weg finden, unseren Menschen zu sagen: So kommen wir zum Frieden», sagte er. Jeder Tag des Kampfes schaffe «bessere Bedingungen» für die Ukraine. «Eine starke Position. Um unsere Zukunft zu sichern. Nach diesem Krieg.»
Update vom 8. März, 00.11 Uhr: Russland bietet neue Feuerpause am Dienstag an
Russland bietet nach Angaben seines UN-Botschafters am Dienstag eine erneute Feuerpause zur Öffnung humanitärer Korridore in der Ukraine an. Wassili Nebensja zitierte am Montag (Ortszeit) vor dem UN-Sicherheitsrat in New York aus einer neuen Erklärung aus Moskau: «Darin heißt es, dass die russische Partei erneut sagt, dass morgen, am 8. März um 10 Uhr morgens Moskauer Zeit, eine Waffenruhe durchgeführt und humanitäre Korridore geöffnet werden sollen», um Bürger aus Kiew, Tschernihiw, Sumy, Charkiw und Mariupol zu evakuieren.
In einer Stellungnahme des russischen Verteidigungsministeriums auf dem Kurznachrichtenportal Telegram zufolge schienen die humanitären Korridore aber hauptsächlich oder komplett in Richtung Russland oder Belarus zu verlaufen. Botschafter Nebensja betonte jedoch, dass Flüchtlinge nicht unbedingt nach Russland geschickt würden: «Es wird auch eine Evakuierung in Richtung ukrainischer Städte westlich von Kiew angeboten.»
Update vom 8. März, 00.01 Uhr: Russland untergräbt neuen Anlauf für Fluchtkorridor
Die Ukraine wirft Russland vor, die für Dienstag geplante Öffnung von Fluchtrouten zu untergraben. Obwohl man sich mit Moskau und auch dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes auf eine Route über die zentralukrainische Stadt Poltawa geeinigt habe, habe Moskau per Brief neue Routen nur über Russland und Belarus angekündigt. Das sagte der ukrainische UN-Botschafter Serhij Kyslyzja am Montag in New York bei einer Dringlichkeitssitzung zur humanitären Lage in der Ukraine. «Ich fordere die russische Seite auf, zu den zuvor vereinbarten Routen zurückzukehren, um ukrainischen und ausländischen Bürgern die Ausreise nach Europa zu ermöglichen.»
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