Nach der knappen Niederlage der Union bei der Bundestagswahl fordert die CSU keinen Auftrag zur Regierungsbildung mehr ein. CSU-Chef Markus Söder betonte am Montag in einer Sitzung des Parteivorstands, dass die Union nach dem Absturz bei der Bundestagswahl keinen Anspruch auf die Regierungsführung erhebe. Die Union sei auf Platz zwei und nicht eins gelandet.
Mitschuld an der Unions-Niederlage gibt die CSU dem Koalitionspartner und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. In der CSU-Vorstandssitzung wurde zudem massive Kritik am erfolglosen CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet laut, die Söder aber bei einer anschließenden Pressekonferenz nicht wiederholte.
Der Wahlabend
Noch am Wahlabend und am Montagmorgen hatten Unionspolitiker Anspruch auf die Regierungsbildung erhoben. Daraus ist nun in Söders Worten ein „Angebot“ geworden: „Wir machen dieses Angebot in erster Linie aus Verantwortung für das Land.“ Gleichzeitig gestand Söder die Wahlschlappe unumwunden ein: „Ja, es war eine Niederlage.“
Am Wahlabend hatte der CSU-Chef noch anders geklungen: „Wir wollen gemeinsam in diese Gespräche gehen mit dem klaren Ziel, den Führungsauftrag für die Union zu definieren, dass Armin Laschet dann der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wird.“
Keine Kritik an Laschet
Von Söder kam am Montag keine Kritik an Laschet, obwohl der CSU-Chef gern selbst angetreten wäre. Die Union dürfe jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sagte Söder lediglich. Damit seien aber „keine Rückspiele oder Zusatzkritik“ an Laschet verbunden. Falls es zu einer Regierung unter Führung der Union kommen sollte, hat Söder seiner Partei die Rolle des „sozialen Gewissens“ etwa in der Rentenpolitik und bei den Themen Pflege sowie Wohnen zugedacht.
Dobrindt übernimmt die Rolle
Die Rolle der Laschet-Kritiker übernahmen in der CSU-Vorstandssitzung andere: Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte nach Teilnehmerangaben, es habe bei der CDU Schwächen bei Kurs, Kampagne und beim Kandidaten gegeben.
Europapolitiker Manfred Weber argumentierte, mit Söder als Kandidat hätte die CSU in Bayern viel, viel besser abgeschnitten, wie Teilnehmer anschließend berichteten.
Ein historisches Vorbild für eine Regierung unter Führung der zweitplatzierten Partei gäbe es, wenn auch unter ganz anderen Vorzeichen: Die SPD bildete von 1969 bis 1980 bei vier Bundestagswahlen in Folge jeweils die Regierung mit der FDP, obwohl die Union jedes Mal mehr Stimmen geholt hatte als die Sozialdemokraten. Anders als heute waren SPD und FDP damals unter Willy Brandt und Helmut Schmidt jedoch mit festen Koalitionszusagen in die Wahlen gegangen.