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Kultur
Blockflötenfesttage: Von wegen altbacken
Tung Han Hu am Cembalo und Yeuntae Jung mit der Traversflöte
Tung Han Hu am Cembalo und Yeuntae Jung mit der Traversflöte // Werner Vogel
Martin Knörzer (von links), Thun Han  Hu, Yeuntae Jung und Han Sol Lee Eo beim Abschlusskonzert zu den Bad Kissinger Blockflötentagen 2024.
Martin Knörzer (von links), Thun Han Hu, Yeuntae Jung und Han Sol Lee Eo beim Abschlusskonzert zu den Bad Kissinger Blockflötentagen 2024. // Werner Vogel
Signet des Fränkischen Tags von Werner Vogel
Bad Kissingen – Es gab stehende Ovationen für Yeuntae Jung und sein Quartett beim Abschlusskonzert im ausverkauften Rossini Saal – Entdeckung des Abends war ein Werk von Johann Christian Bach.

Mit „Bach 2.0“ ist das Abschlusskonzert der Flötentage etwas provozierend angekündigt, aber Maurice Steger weiß, wie er das eher altbackene Image der Flötenfamilie aufpeppt. Steger, selbst eine Institution als Flötist, veranstaltet zum 39. Mal Blockflötenfesttage und ist zum 3. Mal mit seinem kleinen Festival in Bad Kissingen.

Weil es ihm hier besonders gut gefällt, wie er im Gespräch gerne zugibt: „Das Ambiente hier ist toll“ , sagt er. „Der Rossinisaal ist ein Juwel.“

Vielfach preisgekrönt

Und Maurice Steger hat einen Star der Szene zum Abschlusskonzert mitgebracht: Yeuntae Jung, geboren 1989 in Südkorea, ist vielfach preisgekrönter Ausnahmekönner auf der Block- und der Traversflöte. Zusammen mit Han Sol Eo, Barockvoline, Martin Knörzer, Barockvioloncello und Tung Han Hu, er spielt auf dem Nachbau eines Cembalo von 1624, wird daraus ein kongeniales, bestens eingespieltes Quartett im Geiste der überragenden Bach-Großfamilie. Herausragende Künstler, mit fernöstlich lächelndem Charme.

Programmansage auf deutsch

Kein Wunder also, das Yeuntae Jung – er sagt das Programm in perfektem Deutsch an – bei seinen Wettbewerben häufig auch den Publikumspreis gewonnen hat. Alles ist also gerichtet für einen ersten Höhepunkt im Konzertjahr der Welterbestadt. Es sollte tatsächlich auch einer werden.

Georg Philipp Telemanns „Methodische Sonate“ ist ein erstes Ausrufezeichen. Da behauptet sich die Blockflöte – wer hätte das gedacht – raumfüllend und variantenreich als Melodienführer, gibt Takt und Tempo vor, überrascht mit rasanten Läufen, um wenig später mit weichem Ansatz, sehnend und klagend die Melodie an das Cello des Martin Knörzer weiterzugeben.

Entdeckung aus der Bach Familie

Die Triosonate des Großmeisters der Bachfamilie, Johann Sebastian, führt die überraschende Dominanz der Blockflöte fort: Rasante Läufe, perlend glasklar gespielt in atemberaubenden Tempi, das Publikum ist hingerissen.

Die Entdeckung des Abends aber ist nicht der Übervater, sondern Sohn Johann Christian Bach und sein Trio C-Dur für Flöte, Violine und Violoncello. Im Adagio formuliert die Traversflöte des Yeuntae Jung die Melodie, übergibt sie zur Ausschmückung und Vollendung an die Violine. Han Sol Lee Eo übernimmt, schmückt aus, variiert. Mit Gestik und Mimik, aufeinander abgestimmt, mit Hinwendung und spielerischem Abweisen wird eine romantische Geschichte so ausdrucksstark erzählt, dass es sogar Zwischenapplaus für diese Darstellung gibt.

Die Hochstimmung hält auch beim jüngeren Bruder, Wilhelm Friedemanns E-Moll Sonate, an, steigert sich nochmals bei Carl Philipp Emanuels G-Dur Trio Sonate. Die Sonate selbst, vor allem aber die Musiker, werden vom Publikum mit lang anhaltend stehendem Jubel gefeiert. „Zur Erholung von Bach und für den Heimweg“ – mit Augenzwinkern von Yeuntae Jung angesagt – gibt’s als Zugabe noch eine Pretiose von Georg Philipp Telemann. Was für ein schöner Frühlingsabend.

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