Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin (DSO) kehrte bereits zum dritten Mal mit zwei Konzerten zum Kissinger Sommer zurück. Der enge Draht von Intendant Alexander Steinbeis zum Orchester, den er sich durch seine frühere Tätigkeit als Technischer Direktor des DSO erwarb, öffnet dabei viele Türen. Doch auch ohne Steinbeis’ direkte Einladung verband das Ensemble und das Festival eine musikalische Geschichte, die Anfang der 2000er-Jahre mit Beethovens Missa solemnis und Kent Nagano ihren Anfang nahm. Über die Jahre boten sich immer wieder neue Gelegenheiten zur Zusammenarbeit.
Beim Symphonic Mob dabei
Neuland wagte das Orchester in diesem Jahr mit der Bereitschaft, beim Mitmachprojekt Symphonic Mob die musikalische Basis zu legen – ein Schritt, den viele Profiorchester scheuen. Das DSO zeigte damit, dass auch Spitzenmusiker Freude an ungewöhnlichen Formaten haben.
Zum Auftakt präsentierte das DSO unter Cornelius Meister am Freitag ein selten aufgeführtes Werk der jungen französischen Komponistin Lili Boulanger. Ihre sinfonische Dichtung „D’un matin de printemps“ eröffnete, klanglich facettenreich und emotional nuanciert, das Konzert.
Die Vielfalt an Stimmungen, die Boulanger einbrachte, setzte das Orchester sensibel und mit großer Ausdruckskraft um – der Applaus war von Anerkennung und dem Bedauern geprägt, dass der Welt durch Boulangers frühen Tod so vieles an Musik verwehrt blieb.
Aufgabe mit Feingefühl gemeistert
Darauf folgte das Preisträgerkonzert mit dem jungen Pianisten Illia Ovcharenko, der nach seinem Sieg beim Kissinger Klavier Olymp Mozarts Klavierkonzert Nr. 23 A-Dur spielte. Zwar stellte das Werk keine große technische Herausforderung dar, doch Ovcharenko meisterte die Aufgabe mit Feingefühl, agierte in engem Dialog mit dem Orchester und überzeugte besonders in der Interaktion. Lediglich im letzten Satz fehlte punktuell die gewünschte Differenzierung im Ausdruck. Eine charmante Panne im zweiten Satz, als er kurz im Hören der Orchesterklänge versank, verlieh dem Auftritt zusätzliche Authentizität. Als Zugabe erklang Liszts virtuoses „La campanella“.
Eindrucksvolle Transparenz und Spielfreude
Im Finale erklang Gustav Mahlers 4. Sinfonie G-Dur. Die Satzbezeichnungen spiegeln die Herausforderung der Interpretation wider – immer wieder ruhige, behäbige Passagen. Cornelius Meister begegnete der möglichen Monotonie mit klarer Binnenstruktur, markanten Klangfarben und dynamischer Feinarbeit. Das Orchester nutzte diesen Freiraum für eindrucksvolle Transparenz und Spielfreude. Doch bei aller Brillanz stellte sich im dritten Satz etwas Gewöhnung ein, und die Vorfreude auf den Schluss wuchs.
Im vierten Satz überzeugte Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller mit ihrer einfühlsamen Interpretation des Liedes „Die himmlischen Freuden“. Sie balancierte gekonnt zwischen naiver Leichtigkeit und ironischen Zwischentönen, unterstützt von einem sensibel agierenden Orchester – ein gelungener Abschluss, der lange nachhallte.