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Geschichte
Als der Traum von der eigenen Hütte wahr wurde
Die Hütte um 1950. Als die Kissinger Sektion die Hütte 1994 kaufte war sie stark renovierungsbedürftig.
Die Hütte um 1950. Als die Kissinger Sektion die Hütte 1994 kaufte war sie stark renovierungsbedürftig. // Archiv Heinz Steidle
Hüttenwart Erich Lehenbauer in Aktion.
Hüttenwart Erich Lehenbauer in Aktion. // Archiv Heinz Steidle
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Bad Kissingen – Seit 30 Jahren gibt es die Bad Kissinger Hütte. Wie es zu dem Kauf der Hochgebirgshütte kam und was die Bad Kissinger dort schon alles erlebt haben.

Eigentlich begann alles bereits 1909, als die Mitglieder der 1906 neu gegründeten Alpenvereinssektion Bad Kissingen beschlossen, einen unantastbaren Hütten- und Wegebaufonds zu schaffen. 1912 war der Fonds bereits auf 300 Mark angewachsen. Über seinen Verbleib ist allerdings nichts bekannt, schreibt Ehrenvorsitzender Heinz Steidle in seinem Bericht über die Geschichte der Kissinger Hütte. Es kamen die Zeiten des 1. und 2. Weltkrieges, in denen das Sektionsleben praktisch zum Erliegen kam. Beim Neuaufbau der Sektion 1948 hatte man andere Sorgen als den Bau oder Erwerb einer Hochgebirgshütte.

Das änderte sich 1987, als mit der Nachbarsektion Main-Spessart eine Patenschaft zur Essen-Rostocker Hütte vereinbart wurde. Nun hatte man ein Aufgabengebiet in den Hohen Tauern und konnte sich engagieren. 1992 bot die Sektion Ludwigsburg ihre Pfrontner Hütte zum Verkauf an und „nach eingehender Beratung teilten wir mit, dass an einem Erwerb Interesse besteht“, erinnert sich Steidle.

Delegation reist zur Hütte

Schon im Januar 1993 machte sich eine 14-köpfige Delegation auf den Weg ins Tannheimer Tal, um die Hütte zu besichtigen. Ein schöner Januar-Tag ließ Hütte und Aggenstein im besten Licht erstrahlen. „Bei der Besichtigung wiesen allerdings unsere Experten auf erheblichen Renovierungsbedarf hin.“ Trotzdem entschied die Vorstandschaft, den Kauf der Hütte anzugehen. So machten sich die Vorsitzenden Heinz Steidle und Ursula Müller auf den Weg nach Reutte, um die Modalitäten eines Hüttenerwerbs im Ausland zu erkunden. Österreich war noch nicht Mitglied der EU. Die Verhandlungen gestalteten sich anfangs schwierig.

Neubau der Terrasse 1995. Die Arbeiten erfolgten stets in Eigenleistung.
Neubau der Terrasse 1995. Die Arbeiten erfolgten stets in Eigenleistung. // Archiv Heinz Steidle

In der Versammlung vom 7.9.1993, stimmten zwei Drittel der anwesenden Mitglieder für den Erwerb. Der Kaufvertrag konnte abgeschlossen werden. Die Finanzierung wurde unterstützt durch einen Zuschuss von 50.000 DM seitens der Stadt Bad Kissingen, mit dem Wunsch, die Hütte möge den Namen Bad Kissingens tragen, und einem Privatdarlehen von 20.000 DM, das es zinslos gab und das nur bei einem Weiterverkauf zurückzuzahlen ist.

Nach 90 Jahren wird ein Traum wahr

Zum 1. Januar 1994 war die Sektion Bad Kissingen des Deutschen Alpenvereins e.V. Eigentümerin der Pfrontner Hütte am Aggenstein. Der Hüttentraum von 1909 war Realität geworden. Mit der Saison 1994 startete der Hüttenbetrieb. Erster Hüttenwart war Günter Spieß, sein Stellvertreter Erich Lehenbauer übernahm sofort die Geschäftsführung.

Noch vor Start der Saison 1994 waren die ersten Instandsetzungsarbeiten an den Brücken im Hüttenanstieg und der Abwasserleitung notwendig. In Anwesenheit von Oberbürgermeister Christian Zoll wurde im Juli 1994 die Hütte feierlich übernommen und in „Bad Kissinger Hütte, ehem. Pfrontner Hütte“ umbenannt. Pfarrer Roland Breitenbach feierte die erste Messe an der Hütte und segnete sie.

Bergmesse mit Pfarrer Roland Breitenbach
Bergmesse mit Pfarrer Roland Breitenbach // Archiv Heinz Steidle

„19 Mal feierte unser Mitglied Roland Breitenbach die Bergmesse mit uns und es war immer ein echtes Erlebnis“, schreibt Steidle. Breitenbachs schwerer Unfall im Herbst 2014 beendete dies. „Während wir zuerst zur Gitarre beim Gottesdienst sangen, kamen bald verschiedene Musikgruppen und Kapellen dazu.“ Die Bergmusikanten, eine Gruppe des Jugendmusikkorps der Stadt mit Dirigent Bernd Hammer, die Ebenhäuser Musikanten, ein Posaunenchor und die Blechbläser waren nur einige der Musiker, die die Gottesdienste mitgestalteten.

Jedes Jahr im Einsatz

Nun hatte die Sektion also eine eigene Hütte und damit eine Menge neuer Aufgaben. Mit großem Engagement ging man daran, die Hütte zu sanieren und die Wege und Brücken zu richten. „In den 30 Jahren ist kaum ein Jahr vergangen, in dem nicht renoviert, erneuert oder saniert werden musste. Es würde den Rahmen sprengen, alle Begebenheiten, Aktionen und Arbeiten zu beschreiben. Einige Ereignisse sollen jedoch beispielhaft hier erwähnt werden“, so Steidle weiter.

Als der alte Stromgenerator 1995 unbrauchbar geworden war, konnte Sektionen einen großen Generator erwerben, der bisher in der aufgegebenen US-Raketenstellung in Bad Kissingen stand. Er wurde generalüberholt und per Helikopter zur Hütte geschafft. Die Küche war in einem so schlechten Zustand, dass die gesamte Einrichtung nur noch Sperrmüll war.

Neubau der Terrasse 1995
Neubau der Terrasse 1995 // Archiv Heinz Steidle

Im Herbst 1995 wurde in einer Großaktion die baufällige Terrasse abgebrochen und unter Leitung von Heinz Pfeffermann, der auch bei vielen anderen Baumaßnahmen federführend dabei war, erneuert. Spannend war der erste Helikoptereinsatz zum Transport der Betonplatten und des Betons. So wurden 1995 in 18 Arbeitseinsätzen 1850 Arbeitsstunden (ohne Fahrtzeiten) geleistet. Die Investitionskosten im ersten Jahr betrugen 66.000 DM.

500 Bäume an einem Tag gepflanzt

Eine Auflage der Bezirkshauptmannschaft Reutte aus der Genehmigung der Wasserleitung bestand darin, 500 Fichten und Lärchen in der Leitungstrasse zu pflanzen. Dies erledigten fünf Sektionsmitglieder im Herbst an einem Tag, weil in der Nacht der Wintereinbruch vorhergesagt war. Als am nächsten Tag die anderen Helfer kamen, lagen tatsächlich 40 cm Schnee.

Baumannschaft der Sektion im Schneetreiben. Im Laufe der Jahre leisteten 200 freiwillige Helfer unzählige Arbeitsstunden.
Baumannschaft der Sektion im Schneetreiben. Im Laufe der Jahre leisteten 200 freiwillige Helfer unzählige Arbeitsstunden. // Archiv Heinz Steidle

Im folgenden Jahr wurde der Winterraum entkernt und neu ausgebaut. Er dient nun im Sommer auch als Selbstversorgerraum. Auch der Gastraum musste erneuert werden. Bei der Vorbereitung der Renovierung brach die gesamte Deckenkonstruktion herab. Es stellte sich heraus, dass die Geschossdecke über dem Gastraum durch Korrosion einsturzgefährdet war. Unter Leitung von Bauingenieur Erwin Hippler musste ein Stahlkorsett eingezogen werden. Danach wurde der Gastraum erneuert. Die Mitglieder leisteten fast 1800 Arbeitsstunden, ohne die Zeit, die zur Fertigung der Einrichtung in der Werkstatt von Schreinermeister Gottfried Metz anfiel. Er arbeitete mit Günter Hartmann, Kurt Müller und einer Schar Helfer viele Stunden. Von Hüttendach bis Abwasserleitung

Schreitbacker beim Kanalbau vor der Hütte 2005.
Schreitbacker beim Kanalbau vor der Hütte 2005. // Archiv Heinz Steidle

Im Jahr 2000 musste das Hüttendach saniert werden, da es nach einem Sturmschaden  nicht sachgerecht repariert worden war. Dazu musste die ganze Hütte eingerüstet werden. Zwischenzeitlich war der Küchenherd in die Jahre gekommen. Doch auch mit einem schweren Hubwagen war der alte Herd nicht zu bewegen. Er war einbetoniert. Es bedurfte erheblicher Mühe, ihn regelrecht herauszubrechen. 

Nach eingehender Planung wurde 2005 die Abwasserleitung ins Tal gebaut und die Hütte gleichzeitig über ein Kabel an die Stromversorgung im Tal angeschlossen. Damit endete die Zeit des Dieselaggregats mit all seinen Problemen für die Umwelt. Auch das wurde in Eigenleistung erbracht. 

Neue Zimmer für Wirte und Gäste

Der Wegebautrupp unter Leitung von Edwin Seller war regelmäßig jedes Jahr unterwegs.  Der bereits 2011 durch die Mitgliederversammlung genehmigte Um- und Anbau für die neuen Unterkünfte konnte 2013 realisiert werden. Vor Beginn der Saison 2014 wurde die Inneneinrichtung fertiggestellt. 
1. Vorsitzender Heinz Steidle, der den Erwerb der Hütte maßgeblich initiiert hatte und bei den meisten Aktivitäten dabei war, konnte nun die Verantwortung in die Hände seines Nachfolgers Bernd Eisenmann legen, der sich ebenfalls mit großem Engagement der Hütte widmete.

Heute ist die Hütte ein Ausflugsziel für Jung und alt.
Heute ist die Hütte ein Ausflugsziel für Jung und alt. // Archiv Heinz Steidle

Gleichzeitig lief die Planung des Neubaus der Seilbahn, die durch eine Werkverkehrsbahn mit eingeschränktem Personenverkehr ersetzt werden sollte. 2017 erfolgte der komplette Neubau, einschließlich der Bergstation.  Weit über 200 ehrenamtliche Helfer, darunter die Elektriker Lothar Schmitt, Heinrich Schlereth und später Rainer Völkl, machten es in den 30 Jahren möglich, dass die Hütte zu einem wahren Schmuckstücke geworden ist. 


Von 1995 bis 2016, also 22 Jahre lang, war Andra Walch die Hüttenwirtin.  Sie war die Seele der Hütte. In all den Jahren war Erich Lehenbauer Hüttenwart und Motor aller Aktivitäten.  Unter seiner Leitung hat sich ein Hüttenarbeitskreis gebildet, der sich regelmäßig trifft und alle Maßnahmen bespricht.
„Die Sektion kann mit Stolz auf 30 Jahre Hüttenbesitz zurückblicken. Es ist gelungen hier eine Alpenvereinshütte zu schaffen und zu erhalten, die allen Ansprüchen genügt und in der man sich wohlfühlt. Seit Jahren trägt die Hütte das Umweltgütesiegel“, so Steidle.

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