Es gibt sie noch, die Wassermühle in Ebern am träge dahinfließenden Mühlbach. Rote Geranien schmücken auch in diesem Jahr ihre Fenster. Man gewinnt zunächst fast den Eindruck, als ob das Wasser am Wehr mit den Schlieren darauf sich nicht bewegt. Doch der Schein trügt. Und hört man genau hin, nimmt man die Geräusche vom fließenden Wasser wahr.
Mühlen waren seit jeher für alle landwirtschaftlichen Betriebe von hoher Bedeutung. Der Ortsteil wurde „Mühlviertel“ genannt, obwohl noch andere Handwerke hier ihren Platz fanden. Seit dem 14. Jahrhundert sind Mühlen in Ebern schriftlich belegt, aber es hat sie sicher schon früher gegeben.
Aber was wird aus so einem großen Gebäude? Die Frage der Weiterbenutzung wurde vom Landesamt für Denkmalpflege vor 30 Jahre insoweit beantwortet, dass es im öffentlichen Interesse sei, die bestehende Mühleneinrichtung, zumal sie noch funktionsfähig ist, zu erhalten.
Geht man davon aus, dass ein Gebäude nur gut erhalten werden kann oder wird, wenn es einer sinnvollen Nutzung zugeführt wird, so stellt sich die Frage, wie die Zukunft der Mühlen aussehen wird. Einerseits kann man weiterhin auch in Zukunft durch die Turbinen Strom gewinnen. Diese umweltfreundliche Energiegewinnung durch Turbinen entlang von Flüssen wird in vielen Orten Bayerns und insbesondere im Bayerischen Wald heute noch häufig betrieben, allerdings mit der Auflage, dass sogenannte Fischtreppen eingebaut werden.
Anderseits könnte man die großen Mühlengebäude zu Wohnungen umbauen. Das würde eine weitere Versiegelung von Ortsrändern verhindern. So ein Umbau verlangt aber eine enorme Investition und die Mühleneinrichtung müsste an einem anderen Ort erhalten werden.
Es ist andernorts immer wieder gelungen, Mühlen als „begehbares Baudenkmal der ländlichen Gewerbegeschichte“ zu erhalten, aber eine solche Umwidmung verlangt eine solide finanzkräftige Trägerschaft.
Martin Brünn aus der Mühlgasse erinnert sich noch genau an die Zeit, als in der Mühle Korn gemahlen wurde. Das Mühlviertel in Ebern war damals ein quirliger Ortsteil. In Erntezeiten entstand ein Verkehrsstau in der Mühlgasse – dann standen die Bauern mit ihren Traktoren in langen Schlangen die ganze Straße hinunter und warteten, bis sie an die Reihe kamen. Eine andere Nachbarin im Mühlviertel berichtet vom Gestank der Abgase, da einige Bauern ihre Traktoren beim Warten weiterlaufen ließen.
Ja, das Warten war unvermeidbar, wollte man sein Korn zu Mehl verarbeiten. „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“; das wussten auch die „Mondscheinbäuerle“, die tags in einer Fabrik arbeiteten und sich dann erst spät auf den Weg zur Mühle machen konnten. Sie warteten dann manchmal die ganze Nacht.
Die Stadtmühle war also sowohl eine Handels- als auch Kundenmühle. Sie ist eines der größten Anwesen in Ebern. Sie wurde mehr unter praktischen als unter repräsentativen Gesichtspunkten gebaut, und es gab immer wieder Erweiterungen. Das vordere Hauptgebäude war 1850 zweigeschossig errichtet worden. In den Jahren 1858 und 1859 brachten eine Hitzewelle und ein Wassermangel in den Flüssen die Mühlen für Monate zum Stillstand. 1860 versprach aber das Wetter wieder eine gute Ernte und der damalige Stadtmüller Johann Aumüller fügte einen westlichen Anbau hinzu. Seit 1886 gehört die Mühle der Familie Maurer. Bereits seit 400 Jahren hatten sie den Müllerberuf ausgeübt. Der erste Müllermeister in Ebern war Friedrich Maurer.
Wie in vielen Mühlen hielt der technische Fortschritt auch Einzug in Eberns Stadtmühle. Das hölzerne Mühlrad verschwand und wurde 1903 durch zwei Turbinen ersetzt. 1906 wurde die Mühle mit einem Querhaus aufgestockt. Der Hof wurde mit zwei Gebäuden, nämlich einem Stall entlang des Mühlbachs und einer Scheune geschlossen.
Im Zweiten Weltkrieg waren große Mühlen häufig ein Ziel der alliierten Bombenangriffe. So war man nach dem Krieg froh, dass die kleinen, noch erhaltenen Mühlen zunächst das Mahlen übernahmen, und es herrschte dort wieder Hochbetrieb. Doch mit dem Wirtschaftswunder änderten sich die Zustände schnell und der Niedergang der kleinen traditionellen Mühlen begann. Die neuen Großmühlen waren auf dem neuesten Stand der Technik und konnten die kleinen Mühlen problemlos unterbieten.
1957 wurde das Gesetz über die Finanzierung der Stilllegung von Mühlen verabschiedet. Es versprach Müllern für die Einstellung des Mahlbetriebs eine Prämie unter der Auflage, dass die Mühle 30 Jahre nicht wieder in Betrieb genommen werde. Die Entschädigung richtete sich nach der Kapazität der Mühle, der technischen Einrichtung und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Der Abbau der Müllereieinrichtungen bis 1960 war eine weitere Bedingung für den Erhalt der Prämie; nur die Turbinen durften bleiben.
Aber die Stadtmühle in Ebern fand nicht ihr Ende durch das Mühlengesetz. Sie war noch bis 1981 in Betrieb.