Heimatkunde Was Hühner einst mit der Fastnacht zu tun hatten Ein bisschen neugierig, aber recht souverän und selbstbewusst präsentiert sich dieses Federvieh aus dem Stall der Familie Schubert in Eichenbühl. // Michael Schubert von Alexander Grahl TEILEN  22.02.2022 Kronach In den Urkunden der Städte, Kirchen, Klöster, Spitäler und der Ritterschaften finden wir häufig bei Schenkungen, Belehnungen und Verkäufen die Feststellung: „zinset ein Fast-nachtshuhn“. So seltsam es auch klingen mag: Auf dem Lande galt die Fastnacht vor allem im Mittelalter bis hinauf in die Zeit um 1780 als ein wichtiger Termin für die „Untertanen“ der Großgrundbesitzer, für die Lehenbauern und Zinspflichtigen. Sie mussten an diesen Tagen ihrer Herrschaft den Fastnachts-Zehnten abliefern. Der bestand gemeinhin in der Abgabe der „Fastnachtshühner“, auf deren Eingang die Herrschaften sehr großen Wert legten. Der Name dieser Abgabe kennzeichnet die Zeit, den Wert und die Abhängigkeitsverhältnisse der Betroffenen. Anno 1506 bewertete man im alten Nortwald, dem heutigen Frankenwald, ein im Frühjahr des Vorjahres erbrütetes Fastnachthuhn mit sieben Pfennigen, im Jahr 1724 schon mit 42 Pfennigen. Ein Herbsthuhn dagegen wurde nur halb so hoch wie das Fastnachtshuhn veranschlagt. Nichtsdestoweniger: Kleinvieh macht auch Mist. Für juristischen Schutz Die Größe eines Besitztums scheint für die Forderung des Fastnachtshuhnes nicht aus-schlaggebend gewesen zu sein, da sie große und kleine Höfe gleichermaßen zu entrichten hatten. Die Henne war eben nur die Gegenleistung dafür, dass der Leibherr dem Leibeigenen juristischen Schutz gewährte, also dem Leibeigenen bei einer Ladung vor ein fremdes Ge-richt einen Rechtsbeistand zu stellen hatte.Die Hühnerabgabe des Leibeigenen bezeichnete man mit Leibhuhn, die des Grundholden oder Hintersassen, den man auch Lehen- oder Zinsbauern nannte, mit Zinshuhn. Der Ge-richtsherr erhielt das Rauch- oder Herdhuhn, weil es von jedem Haus mit Feuerstätte abge-geben werden musste. Er ließ es standesgemäß von seinen Dienern, den Vögten, eintreiben. Daher nannte man es auch Vogtshuhn. War dem Richter die Halsgerichtsbarkeit übertragen, so bekam er das Halshuhn. Auch als Gartenzins existierte diese Abgabe. Es war dann die Ablieferung eines Gartenhuhnes. Wenn ein solcher Zins am Kirchweihsonntag entrichtet werden musste, war es ein Kirchweihsonntagshuhn. Den Jahreszeiten entsprechend durfte auch ein Maihuhn, ein Pfingsthuhn, ein Sommerhuhn und ein Herbsthuhn in diesem Sammelsurium nicht fehlen. „Für halben Hof ein jung Huhn“ In historischen Dokumenten ist ersichtlich, warum dieser Zins an Stelle von Geldwert geleistet werden musste, um das Ersitzen eines Eigentumsrechtes zu verhindern, eine Sühne zu leisten oder ein Abhängigkeitsverhältnis festzulegen. Einige Beispiele: „Item ist auch jede Hofraith daselbst, wo Rauch aufgehet, unserem gnädigen Herrn ein Herdhuhn zu geben schuldig“ – „Er ist zwei Gartenhähne schuldig“ – „Wes Rauch zu Berge geht in den dreien Dörfern, ist schuldig dem Abt ein Vogthuhn zur Fastnacht“ – „Die Hofstätt ist schuldig zu geben an Fastnacht ein Rauchhuhn, solches erst ein Jahr alt sein darf“ – „Auf einem halben Trüpfhäuslein ruhen zwei Kirchtagshühner und ein Herdhuhn an Fastnacht“ – „Für den halben Hof ein jung Huhn an Fastnacht“.Der weithin gebräuchliche Fastnachtstermin dieser Abgabe hing wohl mit der zur Fastenzeit gebotenen Abstinenz von Eiern zusammen. Die Abgabe von legenden Hennen reduzierte die Anzahl der zu erwarteten Eier, die man lediglich durch Einlegen oder Kochen hätte konservieren können.Als Fastnachtshühner konnten natürlich auch all die anderen in diesem Zeitraum abzulie-fernden Hühner bezeichnet werden. So verfügte eine vermögende Witwe anno 1547, dass von den Erträgen aus vier Tagwerk Wiesen in Eichenbühl bei Weißenbrunn (Erstnennung 1344) die Findelkinder in den Findel- und Waisenhäusern des Frankenwaldes jährlich ein Fastnachtshuhn erhalten sollten. Der edlen Spenderin mit einem Herz für Waisenkinder ein dreifach donnerndes Helau!