Die Johannespassion von Johann Sebastian Bach wurde vor nahezu 300 Jahren am Karfreitag des Jahres 1724 in Leipzig zum ersten Mal aufgeführt. Am Karfreitag war dieses Werk in der Marienkirche in Königsberg zu hören. Viele Menschen haben versucht, sich dieses Ereignis nicht entgehen zu lassen. Das große Gotteshaus war komplett besetzt. Die Corona-Lockerungen haben dies nach über zwei Jahren möglich gemacht. Der Vorsitzende der Kantorei Haßberge, Bernd Edrich, begrüßte die Zuhörer und führte in die Johannespassion ein.
Bach hat das Martyrium, die Kreuzigung und den Tod Jesu grandios vertont. Und die Zuhörer zogen Parallelen zu den Ereignissen des Kriegs in der Ukraine, zu den Krisen dieser Welt.
Die Gesamtleitung hatte Dekanatskantor Matthias Göttemann
Die Aufführung gestalteten die Kantorei Haßberge, Musiker des Orchesters Würzburg sowie hochkarätige Gesangssolisten. Martina Kirchhof mit ihrer Gambe sowie Ivo Schwinn, der junge hochbegabte Organist aus Königsberg, vervollständigten das Ensemble. Die Gesamtleitung lag in den Händen von Dekanatskantor Matthias Göttemann, der wieder einmal das richtige Einfühlungsvermögen für das ganze Werk zeigte.
Die Passion wird von zwei groß angelegten Chorsätzen umrahmt. Dabei steht musikalisch und dramaturgisch der Herrscher und dessen Ruhm im Vordergrund, im Schlusschoral dann das ewige Leben und der Lobpreis. Die Johannespassion ist ein musikalisches und religiöses Gesamtkunstwerk, das dem Hörer wie kein anderes die Leidensgeschichte Jesu nahebringt und „unter die Haut geht“.
Das gelang nicht nur beeindruckend dem großen Chor der Kantorei, sondern auch den Gesangssolisten. So sang der Königsberger Pfarrer Peter Hohlweg mit seiner bekannt wohltönenden, starken Stimme die Bassarien. Die Jesusworte gestaltete Jakob Mack aus Ebern, der seit einigen Jahren am Mainfrankentheater in Würzburg singt. Sensibel und einfühlsam mit einer ungewöhnlichen Palette an Klangnuancen konnte man die Stimme der blinden Sopranistin Gerlinde Sämann erleben. Die Altistin von der Oper Frankfurt, Katharina Magiera, überzeugte, wie schon öfter in den Haßbergen, kräftig und ausdrucksstark mit lebhaften Einwürfen.
Von der Gefangennahme, der Verurteilung, Geißelung und Kreuzigung Jesu wurde dramatisch und eindrucksvoll in Rezitativen, Arien, Chören und Chorälen erzählt. Neben dem Evangelisten, dem Tenor Oliver Kringel, der nicht nur gesanglich voll überzeugte, sondern zudem seine Vorträge auch mit der entsprechenden Mimik unterstrich, kam auch der Kantorei Haßberge eine wichtige Rolle zu. Sie griff einerseits in den sogenannten Turba-Chören als handelnde Menschenschar in das Geschehen ein und erklang andererseits betrachtend und betroffen als gläubige Gemeinde in den Chorälen. Mit dieser beeindruckenden Aufführung rückte der Sinn des Osterfestes wieder ins Bewusstsein der Zuhörer.