Walter Kömpel aus Oberbach ist ein wandelndes Geschichtsbuch, wenn es um die abgesiedelten Dörfer auf dem heutigen Truppenübungsplatz Wildflecken geht. Über viele Jahre hat er recherchiert, Bilddokumente gesammelt, dokumentiert und in historischen Unterlagen geblättert. Das alles zeigt er nun mit Marion Stephan in einer Sonderausstellung im „Haus für Alle“ in Langenleiten.
Auf 22 großformatigen Tafeln gibt es Interessantes rund um einstige Weiler, Einzelhöfe und größere und kleinere Ortschaften im Dammersfeld. Gezeigt werden aber auch Exponate, so Eisenschmelze und unter anderem Fragmente von Schwerspat und Glasbrocken. Damit ist dokumentiert, dass es hier Glashütten, ja sogar ein Bergwerk gab.
Alte Wasserleitung noch intakt
Namen wie Schmelzhof, Altglashütten oder Silberhof verweisen auf diese Bodenschätze. Besonderheit in der Ausstellung sind Reste einer steinernen Wasserleitung aus dem 19. Jahrhundert. „Sie ist schlag- und bruchfest. Außerdem verfügte sie über ein Gewinde.“
Gefunden hat Walter Kömpel die Exponate unter anderem in Altglashütten. Wie unverwüstbar diese Wasserleitung war, zeigt, dass sie bei Grabungen noch völlig intakt ist, obwohl schwere Fahrzeuge, wie in den vergangenen Jahren auch Panzer, darüber gerollt sind.
Übungsdorf für die Wehrmacht
Wie aber kam es überhaupt zur Umsiedlung? Walter Kömpel weiß, dass in den 1930er Jahren ein Übungsplatz angelegt wurde. Die dort lebenden Bewohner mussten ihre Heimat verlassen. Ihre Häuser und Dörfer wurden als Übungsdorf für die Wehrmacht genutzt. Für sie sicher ein dramatischer Einschnitt in ihrem Leben. „Schließlich mussten sie ihr zu Hause, ihre Heimat aufgeben.“
Beim Rundgang durch die Ausstellung tauchen Namen wie Altglashütten, Harfenmühle, Auersberghöfe, Dörrenberg, Ebertshof, Fuchsmühle, Heinrichshof, Neuglashütten, Reußendorf, Schmelzhof, Silberhof und Werberg sowie der Wallfahrtsort Maria Ehrenberg auf.
Akribisch erfasst
Um diese Geschichte wach zu halten, haben der verstorbene Matthias Elm und Walter Kömpel aus Oberbach die Geschichte der verschiedenen Orte sowie die Folgen der Absiedelung für die Bewohner für die Ausstellung „Vergessene Dörfer“ seit 2022 akribisch in zehnjähriger Arbeit erfasst.
Dabei stellte man auch fest, dass nach dem Zweiten Weltkrieg Häuser und Ortschaften zunächst wieder instandgesetzt und für Flüchtlinge genutzt wurden. Erst in den 1960er Jahren wurde dann der Truppenübungsplatz Wildflecken angelegt. Dort sind auch noch die Ruinen der Burgen Wabenstein und Otterstein sowie Reste einer Kirche vorhanden.
Nachfahren sind noch zu finden
Was hat das aber mit der Rhön zu tun? Walter Kömpel zeigt auf Namenslisten der einstigen Bewohner der abgesiedelten Dörfer. Selbst im Grabfeld, so in Aub und Bad Königshofen, aber auch in Bad Neustadt und Brendlorenzen sind noch Nachfahren zu finden. Bildhauer Herbert Holzheimer aus Langenleiten weiß von Häusern und Scheunen, die in Dörfer der Rhön, so auch nach Langenleiten, übertragen wurden.
Truppenübungsplatz sollte erweitert werden
Hintergrund sei gewesen, dass viele Rhöner dort gearbeitet haben und es im Zweiten Weltkrieg zu größeren Bränden kam. „Da nahm man dann das Baumaterial aus den nicht mehr bewohnten Dörfern im Dammersfeld.“ Etwas, das heute kaum noch bekannt ist. Gerade deshalb sei es wichtig, darauf zu verweisen.
Holzheimer weiß aber auch, dass man in den 1960er Jahren eine Erweiterung des Truppenübungsplatzes plante. „Wenn das erfolgt wäre, gäbe es wohl Langenleiten vermutlich heute nicht mehr.“
Öffnungszeiten
Ausstellung „Vergessene Dörfer“ wird am Samstag, 15. März 2025, um 16 Uhr eröffnet. Eine Verschiebung wurde notwendig, da am Sonntag , 16. März 2025, ab 16 Uhr ein Konzert in der Pfarrkirche Langenleiten stattfindet und Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert am Sonntag ab 14.30 Uhr einen Vortrag unter dem Thema „Die Geschichte eines jungen Dorfes“ hält.
Für die Ausstellung im „Haus für Alle“ gibt es Führungen: am 15. März 2025, nach der Eröffnung ab 16 Uhr, sowie am Samstag, 22., und Sonntag, 30. März 2025, jeweils ab 15 Uhr bei freiem Eintritt oder auf Anfrage unter Telefon 09701/1092 bei Herbert Holzheimer.