Nach 32 Jahren fand im Münnerstädter Stadtteil Windheim wieder ein Siebener-Treffen der Feldgeschworenen aus dem Bereich Kissingen-Ost statt. Nicht nur 86 Feldgeschworene (fast exakt so viele wie 1991) nahmen daran teil, sondern auch zahlreiche Gäste aus Politik und Behörden. Drei altgediente Feldgeschworene wurden für 25- oder 40-jährige Dienstzeit geehrt, neun wurden neu verpflichtet.
Das Treffen begann mit einer Kirchenparade vom Gemeindehaus „Alte Schuel“ zur Kirche Mariä Geburt, wo Pater Velangini Thumma den Festgottesdienst zelebrierte und Landrat Thomas Bold die neuen Feldgeschworenen auf ihr Amt verpflichtete. Beim Siebener-Treffen im Anschluss konnte Feldgeschworenen-Obmann Josef Reichert wichtige politische Vertreter sowie den Ortsreferenten Klaus Schebler begrüßen. Er bedankte sich ausdrücklich beim Landrat, dass der Kreistag den Stundensatz der Feldgeschworenen mehr angehoben hat, als von diesen beantragt (auf jetzt 14 Euro) – „die Gewerkschaften wären froh darüber“.
Freude über den Nachwuchs
Bürgermeister Michael Kastl (CSU) hob hervor, dass eine Gemeinde wie Münnerstadt mit elf Stadtteilen und einer Fläche von 93 Quadratkilometern unmöglich nur vom Rathaus aus zentral verwaltet werden könne. Dazu seien auch die Feldgeschworenen dringend nötig. Umso mehr freute er sich darüber, „dass da immer wieder Leute nachkommen“. Deshalb versuche die Stadt auch, die Arbeit der Siebener so gut wie möglich zu unterstützen.
Nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Flur müssten Grenzen eingehalten werden, betonte Landrat Thomas Bold. Für letzteres würden die Siebener gebraucht. Sie seien die Respektspersonen, wenn es um Grundstücke und um Vermessung geht und seien eine wichtige Verstärkung der Ämter. Sie würden nicht nur auf Äckern und in Wäldern gebraucht, sondern auch innerorts zum Beispiel bei Sanierungen. Zur Erhöhung des Stundensatzes für die Feldgeschworenen sagte er: „Die Forderung war bescheiden, die Erhöhung soll die Wertschätzung zeigen.“
400 Vermessungen in 2022
„Ohne Sie würden wir das alles nicht schaffen“, lobte Andreas Jödeke, seit dem vorigen Jahr Leiter des Amtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung. Im letzten Jahr habe das Amt fast 400 Vermessungen in den beiden Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld durchgeführt, an denen die Siebener beteiligt gewesen seien. „Ihre Arbeit ist gar nicht hoch genug einzuschätzen“, lobte er, denn das Amt habe für seine beiden Landkreise nur vier Grenzvermessungstrupps.
Oliver Kröner, Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, hatte beim letzten Siebener-Treffen fest versprochen, beim nächsten Treffen eine neue weibliche Feldgeschworene mit einem Blumenstrauß zu begrüßen. Doch die junge Kerstin Betz aus Brünn bekam keinen, denn Kröner war nicht verständigt worden, dass wieder einmal eine Frau in die absolute Männerdomäne der Siebener aufgenommen wird.
Vier trockene Jahre und viele Vorschriften
Ansonsten war vor allem die Klimakrise sein Thema. Seit 2018 habe es vier Trockenjahre gegeben, 2022 dann eine Verschnaufpause. Das Frühjahr 2023 habe gut angefangen. Landwirtschaft und Forst würden versuchen, sich anzupassen und neue Sorten einzupflanzen – „zum Beispiel Soja und Hirse werden sich auch bei uns bemerkbar machen“. Zum Klimaschutz betonte er: „Wir müssen da sehr schnell werden.“ Zur Bürokratie in der Landwirtschaft merkte er allerdings an: „Manchmal bekomme ich Mitleid mit den Landwirten, was die Beachtung der vielen Vorschriften anbetrifft.“
Edgar Thomas, der Kreisvorsitzende des Bauernverbandes, wies darauf hin, dass Siebener zu sein eine Lebensaufgabe ist. Auch er kritisierte, „die Bürokratie und die Vorschriften machen uns am meisten zu schaffen, dieser Antrags- und Kontrollwahn. Wir wollen aber lieber draußen auf den Feldern arbeiten“. Zur Energiewende meinte er, das Land dürfe nicht mit Photovoltaik „zugepflastert“ werden.
Auszeichnungen verliehen
Für 40-jährige Dienstzeit als Feldgeschworener wurde Thomas Hein (Nüdlingen) geehrt. Er bekam auch den „goldenen Senkel“. 25 Jahre sind Bruno Geßner (Kleinwenkheim) und Edwin Fleischmann (Seubrigshausen) dabei.
Neu verpflichtet wurden Constantin Koch (Maßbach), Michael Winkler (Münnerstadt), Harald Halbig (Brünn), Fabian Seuberling (Brünn), Kerstin Betz (Brünn), Stefan Raab (Reichenbach), Daniel Klemm (Burghausen), Daniel Schmitt (Burghausen) und Reiner Hillenbrand (Haard).
Zur Info:
Feldgeschworene, angesichts der Größe ihres Gremiums auch Siebener genannt, gibt es nur in Bayern sowie in Rheinland-Pfalz (das früher zu Bayern gehörte). Das „Feldgeschworenenwesen in Bayern“ wurde als lebendige und traditionsreiche Kulturform im Dezember 2016 in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Feldgeschworene wirken bei der Kennzeichnung von Grundstücksgrenzen und Flurstücken mit. Sie setzen Grenzsteine höher oder tiefer, entfernen Vermessungspunkte oder ersetzen beschädigte Vermessungspunkte. Als Hüter der Grenzen, Mittler bei Grenzstreitigkeiten und Abmarkungen in Gemeindegebieten arbeiten sie eng mit Vermessungsbeamten zusammen. Im Freistaat gibt es rund 25.000 Feldgeschworene, davon allein rund 15.000 in Franken. (Quelle: Wikipedia)
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