Der Geruch von Holz und Farbe steigt einem sofort in die Nase, wenn man die Werkstatt von Günter Metz in Langenleiten (Landkreis Rhön-Grabfeld) betritt. Der 82-Jährige betreibt seit mehr als 60 Jahren Handarbeit mit Tradition: die Krippenbaukunst. Er schnitzt Weihnachtskrippen und Heiligenfiguren aus Lindenholz, Kiefer oder Eiche. „Bosnische Linde eignet sich am besten“, sagt er.
In seinem Beruf gibt es keine Hochsaison. Obwohl Krippen bekanntlich zu Weihnachten aufgebaut werden, hat Metz das ganze Jahr über Aufträge. Dadurch, dass alle Figuren handgefertigt sind, kann es bis zu einem Jahr Lieferzeit kommen. „Für eine Krippenfigur mit 23 Zentimetern brauche ich je nach Tagesform zirka zwei bis drei Tage. Das ist allein für das Holz.“
Seine Frau bemalt die Figuren
Danach bemalt seine Frau Anni die Figuren. „Meine Frau ist meisterhaft darin. Es gibt keinen, der es so gut kann wie sie. Wir sind ein gutes Team geworden über die Jahre.“ Seine Frau arbeitete als Bankkauffrau, bevor sie in den 1990er Jahren anfing, die Figuren zu bemalen, zu lasieren und zu vergolden.
Das Können von Metz hat sich über die Jahre herumgesprochen. „Ich habe noch keinen Cent für Werbung ausgegeben“, erzählt er. Es seien einfach immer Aufträge reingekommen. „Die Leute kommen aus allen Himmelsrichtungen.“ Seine Figuren stünden überall in Deutschland. Aber er habe auch schon Figuren nach Schweden geschickt und einen heiligen Urban in die USA verschifft.
Die Holzschnitzerei sei sein Traumberuf. Sein Großvater betrieb eine Schreinerei, und schon in seiner Kindheit habe er den Geruch von frisch bearbeitetem Holz geliebt.
Mit der Schule sei er dann zum ersten Mal in der Holzschnitzschule in Bischofsheim gewesen. „Mein Lehrer hatte ein gutes Gespür für die Talente seiner Schüler. Er sagte: ,Das wäre doch was für dich, Günter‘ – und mein Interesse war geweckt.“ Ab dem 1. Dezember 1956 radelte Metz täglich 15 Kilometer nach Bischofsheim – ohne Gangschaltung.
Damals der jüngste Meister Bayerns
Jetzt sitzt Metz an seiner Werkbank und schnitzt am Ohr des Schäfers. „Wer keine Ohren und keine Hände schnitzen kann, der taugt nichts“, sagt er und lacht. Diesen Spruch habe der Leiter einer großen Bildhauerei in München immer gesagt, bei der er nach seinem Abschluss arbeitete.
Er bekam das Angebot, bei der Wiederherstellung der zerstörten Münchener Residenz mitzuwirken und dort längerfristig zu bleiben. Er entschied sich jedoch für das freie, kreative Arbeiten und eröffnete in Langenleiten seine eigene Bildhauerwerkstatt. „Ich war der jüngste Meister Bayerns“, erzählt er voll Stolz.
Mit dem Sohn unter einem Dach
Die sorgfältig aufgereihten Schnitzmesser in verschiedenen Größen und Formen auf seiner Werkbank zeugen von der präzisen Arbeit, die das Handwerk erfordert. Ob er sich schon einmal geschnitten hat? Metz zieht wortlos die Schublade unter der Werkbank heraus. Darin befinden sich Pflaster. Dann zeigt er seine rechte Hand, an deren Zeigefinger eine Fingerkuppe fehlt. „Da habe ich nicht gut aufgepasst.“
Seinen Sohn Klaus, der mittlerweile 56 Jahre alt ist, beschreibt Metz als „großes Talent“. Er ging von 1984 bis 1987 bei ihm in die Lehre und wurde später Bundessieger im Holzbildhauerhandwerk. Er studierte an der Kunstakademie in Nürnberg und arbeitet heute unter einem Dach mit seinem Vater.
Metz schätzt den Austausch mit seinem Sohn. Er ist der einzige, den Metz in all den Jahren ausgebildet hat: „Es gibt kaum mehr Menschen, die sich für den Beruf interessieren.“
Was Metz in seiner Werkstatt produziert, wird in einer Ausstellung im vorderen Teil des Hauses präsentiert. Dort finden sich Schätze seiner Arbeit der vergangenen 67 Jahre. Auch seine allererste Krippe, die er mit 15 Jahren gemacht hat. „Sie ist unverkäuflich“, sagt er, während er zwischen den kleineren und großen Krippen, Marienfiguren, Engeln und Tieren steht, die er alle in der Vergangenheit geschnitzt hat.
Die Figuren schauen aus wie Menschen aus dem echten Leben. „Das macht meine Figuren aus, dass sie einem jeden Tag auf der Straße begegnen können.“
Da ist zum Beispiel die Figur des Rhönschäfers, der früher die Schafe im Ort gehütet hat. „Er war ein Original. Wie er nach seinem Hund rief und wie er leicht gebückt umherlief. Das ist mir in Erinnerung geblieben.“ Auch andere Bilder aus seiner Kindheit und Jugend sind im Holz verewigt.
Neben den Figuren der Rhöner Leute sind auch die Gesichtszüge seiner eigenen Familienmitglieder in den Krippenfiguren zu erkennen. Enkel Kilian stand beispielsweise als Baby Modell für eine Figur des Jesuskinds. Auch seine Lieblingsfigur stammt aus dem eigenen Familienkreis. Es ist die Oma seiner Frau, deren Enkel sich hinter ihr versteckt.
Von seinen Kunden nimmt Metz ebenfalls Porträtaufträge an. Wenn er gute Fotos bekommt, reproduziert er daraus ihre Gesichter.
Die Figuren variieren in ihrer Größe. Seine größten Holzfiguren waren eine 2,40 Meter große Madonna für eine Pfarrei in der Schweiz und ein 2,60 Meter großer heiliger Andreas für die Diözese Mainz. Viele seiner Krippen finden sich auch in der Region wieder.
Krippe auf dem Kreuzberg
Auf dem Kreuzberg baut er jedes Jahr selbst die Krippe in der Klosterkirche auf, gemeinsam mit seiner Familie. „Solange es noch geht, mache ich das. So gefällt es mir am besten“, sagt Metz. Auch die Kirche in Langenleiten trägt seine Handschrift. Der Kreuzweg, der Altar und der Ambo sind in seiner Werkstatt entstanden.
An Ruhestand denkt Metz nicht. Dafür habe er zu viele Ideen, die er noch umsetzen wolle. Er spricht von einem „inneren Antrieb“, wenn er künstlerisch gestalten kann. „Ich höre erst auf, wenn es nicht mehr geht.“ pow