0
IG Metall kündigt Protest an
Preh in Bad Neustadt will 420 Stellen abbauen
Bei der Preh GmbH sollen 420 Stellen abgebaut werden. Dies hat die  IG Metall Schweinfurt in einer Pressemeldung mitgeteilt.
Bei der Preh GmbH sollen 420 Stellen abgebaut werden. Dies hat die IG Metall Schweinfurt in einer Pressemeldung mitgeteilt. // Torsten Leukert
Signet des Fränkischen Tags von Redaktion
Bad Neustadt an der Saale – Preh will 420 Arbeitsplätze in Bad Neustadt abbauen. Die Gewerkschaft IG Metall kündigt Widerstand an und auch der Wirtschaftsminister Aiwanger schaltet sich ein.

Der Automobilzulieferer Preh will bis Ende des Jahres 420 der rund 2000 Arbeitsplätze am Standort Bad Neustadt abbauen. Das teilte das Unternehmen den Beschäftigten am Dienstag, 11. Juni in einer sehr kurzfristig anberaumten Mitarbeiterinformation in der Stadthalle mit, wie die IG Metall Schweinfurt in einer Pressemeldung schreibt.

Alle Bereiche sollen nach Informationen des Unternehmens betroffen sein. Preh hat angekündigt, zeitnah Gespräche mit dem Betriebsrat aufnehmen zu wollen.

„Massiver Schock für die Belegschaft“

„Das ist ein massiver Schock für die Belegschaft. Gerade weil das Ausmaß so immens ist, denn dadurch könnte der Standort um 25 Prozent der Belegschaft schrumpfen“, sagt Nadine Knauff, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Schweinfurt und zuständige Betriebsbetreuerin. „Wir werden jetzt alles in die Waagschale werfen, um den Beschäftigten in dieser schwierigen Situation zu helfen.“ Die IG Metall wird in den nächsten Tag Widerstand gegen die kurzfristige Ankündigung von Preh organisieren.

„Schlimmste Nachricht in der Geschichte des Unternehmens“

Der Betriebsratsvorsitzende Daniel Rossmann betont: „Die Ankündigung fühlt sich wie ein gewaltiger Schlag ins Gesicht an – zumal die Führungsspitze keine Alternativen zum Stellenabbau vorgeschlagen hat. Das ist keine gute Basis für die anstehenden Gespräche. Für mich persönlich ist es die schlimmste Nachricht in der Geschichte des Unternehmens. Wir als Betriebsrat werden jetzt für die Arbeitsplätze bei Preh, für die Arbeitsplätze in der Region kämpfen.“

Die IG Metall Schweinfurt macht seit Monaten auf die sehr kritische Situation für die Industriearbeit in der Region Schweinfurt-Main-Rhön aufmerksam. „Die Entwicklungen bei Preh zeigen leider erneut sehr deutlich, wie immens groß die Herausforderungen in der Region sind“, sagt Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt, und macht deutlich: „Wir werden auch in den nächsten Wochen und Monaten offensiv und entschlossen für die Zukunftsperspektiven der Beschäftigten in der Region eintreten“.

Preh-CEO Zhengxin „Charlie" Cai nimmt Stellung

In einer Unternehmenspressemittleilung heißt es dazu: „Ziel ist es, die Maßnahmen so sozialverträglich wie möglich in enger Abstimmung mit dem Betriebsrat umzusetzen. “ Preh-CEO Zhengxin „Charlie" Cai erklärt: „Preh ist nicht immun gegen die schwache gesamtwirtschaftliche Lage und den negativen Branchentrend. Bereits 2023 gab es erste Anzeichen für einen Umsatzrückgang. Leider hat sich der Abwärtstrend auch im ersten Quartal 2024 deutlich beschleunigt, insbesondere bei Komponenten für Elektrofahrzeuge. Zugleich leidet unsere Wettbewerbsfähigkeit unter den im internationalen Vergleich hohen Kosten für Energie und Arbeit in Deutschland. Nach der Kurzarbeit in einigen Bereichen zu Beginn des Jahres müssen wir jetzt entschlossen handeln. Die Kombination aus schwacher Konjunktur und hohen Kosten für Arbeit, Energie und Materialien erfordert proaktives Gegensteuern, damit wir unsere Wettbewerbsfähigkeit im globalen Kontext sichern."

Der Standort in Bad Neustadt erwirtschaftet laut der Meldung des Unternehmens seit fünf Jahren Verluste. Daher sei der Abbau von rund 420 Stellen in Bad Neustadt nötig.  „Ich bin mir darüber im Klaren, dass unsere Maßnahmen einen harten Einschnitt für den Stammsitz bedeuten. Wir werden die Restrukturierungsmaßnahmen daher so sozialverträglich wie möglich gestalten. Auch das Management wird einen finanziellen Beitrag zum Programm leisten“, so Cai. 

Auslaufen der Förderung von Elektroautos habe Pläne durchkreuzt

Cai erinnert daran, dass nach den hohen Investitionen der letzten Jahre in das vergleichsweise junge Geschäftsfeld der E-Mobilität auch das unerwartete Auslaufen der Förderung von Elektroautos die bisherigen Planungen durchkreuzt habe. Im ersten Quartal 2024 sind die Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 14 Prozent gesunken, im März handelte es sich sogar um einen Einbruch um 29 Prozent.

Charlie Cai: „Wir haben kontinuierlich gegen die ungünstige Kombination aus schwacher Branchenkonjunktur und hohen Energie- und Materialkosten gearbeitet. Die schwierige Lage stellt inzwischen auch unsere Kunden vor immer größere Herausforderungen. Deshalb werden wir auf unserer Seite nun alles tun, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Unter normalen Bedingungen wären wir unserem Umsatzziel von zwei Milliarden Euro in diesem Jahr sehr nahegekommen, da wir die Weichen für ein dynamisches Wachstum sowohl in der E-Mobilität als auch im HMI-Segment gestellt hatten. Jetzt sehen wir seit geraumer Zeit Umsatzrückgänge, was unsere ohnehin angespannte Ertragslage in Bad Neustadt ohne entschlossenes Gegensteuern weiter verschlechtern würde. Nach Jahren der Verluste müssen wir jetzt den Turnaround am Stammsitz schaffen.“

Cai: Überzeugt, die Branchenkrise zu überwinden

Cai betonte auch, dass er zuversichtlich ist, diese Branchenkrise zu überwinden. Preh werde an seinem Engagement für die E-Mobilität festhalten, da es ein Hightech-Unternehmen mit prinzipiell guten Zukunftsaussichten bleiben wird. „Aber wir müssen erkennen, dass sich Preh der schwierigen Situation in der Industrie nicht entziehen kann. Mit den jetzt getroffenen Entscheidungen schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass Preh mit seiner starken technologischen Kompetenz weltweit ein führender Partner der Automobilhersteller bleibt.“

Aiwanger kündigt Besuch an

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) reagiert mit Kritik an die Bundesregierung: "Wir brauchen einen besser abgestimmten Weg zur CO₂-Reduzierung im Verkehrsbereich, als ihn der Bund einschlägt. Die Nachfrage nach E-Autos ist mit dem abrupten Ende der Förderung eingebrochen. Hätte man gleich auf Technologieoffenheit gesetzt, sähe es heute bei Bayerns Zulieferindustrie besser aus."

Er kündigte ein Besuch in Bad Neustadt an, um neue Chancen für die betroffenen Beschäftigten und die Wirtschaftsregion zu suchen: "Mit Landrat Thomas Habermann bin ich schon im Kontakt." Es sei schlecht für die Region, wenn Arbeitsplätze für immer verschwinden. "Wir bieten Hilfen für Unternehmen und Förderung zur Erforschung und Entwicklung neuer Produktlinien.“

Ziel sei nicht nur, die Hauptverwaltung und das Entwicklungszentrum zu halten, sondern auch die industriellen Strukturen und einschlägigen Fertigungs-Know-hows im Landkreis Bad Neustadt zu sichern.

Aiwanger weiter: "Es ist allerhöchste Zeit, dass sich Berlin und Brüssel eines Besseren besinnen und sich mehr um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen kümmern als um neue Vorgaben." Die Zulieferbranchen bräuchten dringend neue Perspektiven und mehr Planungssicherheit. "Um Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, müssen wir uns hinsichtlich Abgabenbelastung und Energiekosten an unseren Nachbarländern in Europa orientieren.“

 

Lesen Sie mehr zu Preh:

Inhalt teilen
  • kopiert!