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Wohnungssuche
Forchheim: Hat das lange Warten endlich ein Ende?
Die Zahl der Menschen, die in Forchheim händeringend nach einer Wohnung suchen, ist gleichbleibend hoch. Regelmäßige Anfragen beim Haus der Wohnungswirtschaft belegen das.
Die Zahl der Menschen, die in Forchheim händeringend nach einer Wohnung suchen, ist gleichbleibend hoch. Regelmäßige Anfragen beim Haus der Wohnungswirtschaft belegen das. // Symbolbild Dieter Assmann dpa
Forchheim – Die seit Jahren lange Warteliste im Haus für Wohnungswirtschaft schrumpft etwas. Wieso so viele Forchheimer trotzdem nicht davon profitieren können.

Diese Stimme, die in der Öffentlichkeit ohne Namen bleiben will, steht für einige hundert weitere in Forchheim: "Ich war mal vor ein paar Jahren auf der Warteliste. Es war dringend. Da hieß es, nach einem halben Jahr wird das automatisch gelöscht. Ich höre von Ihnen. Soll aber bitte einmal die Woche dort anrufen und nachfragen. Hab ich paar Mal gemacht, hat nix gebracht, ich hab von denen nie mehr was gehört. Jetzt bin ich mal wieder in einer ähnlichen Situation und werde es nächste Woche nochmal versuchen."

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Händeringende Suche

Die Zahl der Menschen, die in Forchheim händeringend nach einer Wohnung suchen, ist gleichbleibend hoch. Regelmäßige Anfragen beim Haus der Wohnungswirtschaft belegen: Seit Jahren liegt die Zahl der Suchenden weit über 500, zuletzt stieg sie auf über 600. Aktuell herrscht im Haus der Wohnungswirtschaft Erleichterung: Die Anzahl der Wohnungsbewerber sei gesunken. Die GWS Wohnungsbau- und Sanierungsgesellschaft der Stadt Forchheim mbH weist auf die "routinemäßige Betrachtung der Wohnungsbewerberzahlen" hin. Im Februar sei mit etwa 510 Bewerbungen ein deutlicher Rückgang der Bewerbungen zu verzeichnen.

Geschäftsführer Alexander Dworschak hatte die Stadträte zuletzt im November 2020 über die Situation der Wohnungsbewerbungen im Haus der Wohnungswirtschaft informiert. Zu diesem Zeitpunkt waren etwa 640 Wohnungsbewerber bei den drei Wohnungsunternehmen GWS, WVG und Joseph Stiftung - also dem Haus der Wohnungswirtschaft gemeldet.

Für 1000 Euro Miete gibt es keine Wohnung

Paula W. (Namen von der Redaktion geändert) gehört zu jenen, die von der leichten Entspannung auf dem Mietwohnungsmarkt nicht profitieren konnte. Seit zwei Jahren stehe sie auf der Liste der GWS, erzählt sie dem FT. Die Familie W. wohnt zwar zentral in der Forchheimer Innenstadt, doch die Verhältnisse seien bedrängend. Paula W. und ihr Mann leben mit zwei Kindern (ein 20-jähriger Sohn und einem 14 Monate altem Mädchen) auf 68 Quadratmetern. Das Paar hat zwei Einkommen zur Verfügung und wäre bereit bis zu 1000 Euro Warmmiete im Monat (bisher 700 Euro) zu bezahlen.

 

Eine der von der GWS verwalteten Wohnblöcke in Forchheim-Nord.Forchheim & Fränkische Schweiz
Eine der von der GWS verwalteten Wohnblöcke in Forchheim-Nord. // Stephan Großmann

 

Doch seit zwei Jahren stehe man nur auf der Liste der GWS und es bewege sich nichts, erzählt Paula W. Spiel- Wohn- und Schlafzimmer, alles geht für die vierköpfige Familie auf engstem Raum ineinander über. In Corona-Zeiten sei die Enge "die Hölle", sagt Paula W., die endlich die Wohnung mit dem vier Quadratmeter kleinen Bad hinter sich lassen will. Aber Corona sei zugleich der Grund, weshalb momentan nicht einmal Besichtigungen von Wohnungen möglich seien. "Man wird vertröstet."

GWS-Geschäftsführer: "Zahlreiche Hürden"

GWS-Geschäftsführer Dworschak sagt, dass es während des Corona-Lockdowns zwar zulässig sei, Umzüge durchzuführen; dies sei aber "mit zahlreichen Hürden verbunden". Wohl deshalb verzichteten viele darauf, was ein Grund für die sinkende Zahl der Suchenden sein könnte.

Als weitere mögliche Gründe nennt Dworschak die wirtschaftliche Lage einzelner Haushalte, die durch Kurzarbeit oder drohende Arbeitslosigkeit bedroht sein könne. "Der Wille zur Veränderung nimmt damit in der Regel ab."

Umzuge seien wegen Corona zwar möglich, aber nur mit "Hürden, sagt GWS-Geschäftsführer Alexander Dworschak.Forchheim & Fränkische Schweiz
Umzuge seien wegen Corona zwar möglich, aber nur mit "Hürden, sagt GWS-Geschäftsführer Alexander Dworschak. // Großmann

Zudem sei die Kommunikation mit dem Haus für Wohnungswirtschaft wegen Corona erschwert. Wer auf der Liste der Suchenden stehe, müsse sich "alle sechs Wochen bis drei Monate melden, um zu dokumentieren, dass noch Interesse an einer Wohnung besteht", erläutert der Geschäftsführer: "Wer sich länger als 6 Monate gar nicht meldet, wird aus der Bewerberliste entfernt. So soll der Aufbau von Karteileichen verhindert werden."

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Aktuell lässt das Haus für Wohnungswirtschaft die Liste aber unangetastet, selbst wenn sich die Bewerber nicht melden. Denn coronabedingt sei ja die persönliche Vorsprache für die Rückfrage nicht mehr möglich, da eine telefonische Mieter-Sprechstunde in der Regel nicht angeboten werde.

Alexander Dworschak weiß noch nicht, ob die rückläufigen Zahlen für eine "nachhaltige Entwicklung" stehen. "Die meisten Erklärungsversuche sind Annahmen, die nicht durch Daten belegt werden können." Der Rückgang der Wohnungsbewerberzahlen müsse weiter beobachtet werden.

Sickereffekt lässt sich nicht belegen

In diesem Zusammenhang bleibt auch Spekulation, wie sich der neue Forchheimer Geschosswohnungsbau der letzten Jahre auswirkt. "Selbst wenn unterstellt wird, dass es sich dabei überwiegend um höherwertigen Wohnungsbau handelt, müssen die neuen Bewohner vorher auch irgendwo gewohnt haben", sagt Dworschak. "Deren Immobilien sollten dem Wohnungsmarkt wieder zur Verfügung stehen und könnten zu Entastung der Wohnungssituation beitragen. In Fachkreisen wird dann vom Sickereffekt gesprochen."

Ob es diesen Effekt wirklich gibt, das will auch Michael Kasch nicht bestätigen. Der Immobilien-Experte ist im vergangenen Jahr mit seiner Münchner Firma Scoperty angetreten, um den Immobilienmarkt in Forchheim (und in über 11000 anderen Städten und Gemeinden) "transparent" zu machen. Das Hauptinteresse von Scoperty liegt darin, "Interessenten und Eigentümer schneller zusammenzubringen und das Angebot verfügbarer Wohnimmobilien zu vergrößern".

So viel kostet Wohneigentum in Forchheim

Die Firma Scoperty stellt dafür Zahlen zur Verfügung. Sie gibt beispielsweise an, dass im Landkreis Forchheim der durchschnittliche Quadratmeterpreis bei 2517 Euro liegt und dass die Preise in letzten zwei Jahre im Landkreis um 25,6 Prozent gestiegen seien. In Stadt Forchheim liege der durchschnittliche Quadratmeterschätzwert demnach bei 2912 Euro. Die günstigste Gemeinde im Kreis Forchheim ist laut Scoperty Gößweinstein mit 1607 Euro pro Quadratmeter; die teuerste Gemeinde im Kreis Forchheim ist Langensendelbach mit 3447 Euro pro Quadratmeter.

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Was bedeutet es nun für Suchende von Mietwohnungen in Forchheim, wenn Bauherrn im gesamten Landkreis für immer mehr Geld Wohnhäuser hochziehen? Trägt neues Wohneigentum zur Entspannung auf dem Mietwohnungsmarkt bei? "Das lässt sich pauschal nicht beantworten", sagt Michael Kasch, "da dazu konkrete Zahlen der jeweiligen Stadt oder Gemeinde nötig wären, wie viel Zuzug eine Region verzeichnet und welche Art von Neubauprojekten in Planung sind." Neubau von Mehrfamilienhäusern könne in einigen Fällen zu einer Entlastung auf dem Mietmarkt beitragen - "der Bau von Einfamilienhäusern beispielsweise nur bedingt".

Dieser Artikel ist normalerweise nur mit einem Abo zugänglich, für die Umfrage stellen wir ihn für Sie aber kostenlos zur Verfügung. 

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