ZuchttEr ist ein Taubenzüchter par excellence: Ernst Fleischmann aus Wildenheid. Seit seiner Jugend haben es ihm die Tauben angetan. Noch heute erinnert sich der über die Grenzen der Puppenstadt und des Landkreises Coburg geschätzte Fachmann an seine erste Taube, mit der in die Zucht einstieg: „Es war eine Thüringer Schwalbe schwarz mit Rundhaube. Ich habe sie nach einer Ausstellung geschenkt bekommen.“
Bereits 1958 beschickte der damals 20-Jährige erstmals mit seinen Tauben eine Geflügelschau. Etwa 320 Schauen sollten noch folgen, bei denen der Name Ernst Fleischmann als Aussteller zu lesen war. Sein Arbeitszimmer legt ein historisches Zeugnis darüber ab, wie erfolgreich Fleischmann von den Schauen zurückkam. Ehrenteller reihen sich an Ehrenteller. Ehrenbänder, Urkunden, Plaketten und Pokale wechseln sich ab und spiegeln in eindrucksvoller Manier das Leben wider, das Ernst Fleischmann außerhalb von Beruf und Familie geführt hat.
Zuchttauben international verkauft
Seine Ehrungen und errungenen Titel lesen sich wie das „Who 's Who“ der Taubenzucht. Unter anderem ist er Ehrenmeister des Bundes Deutsche Rassegeflügelzüchter, Ehrenmeister im Verband Deutscher Rassetaubenzüchter, Ehrenzuchtwart für Tauben im Kreisverband Coburg, Ehrenmitglied im Sonderverein Thüringer Farbentauben, Ehrenvorsitzender des Geflügelzuchtvereins Wildenheid, Meister der Bayerischen Rassegeflügelzucht. Siebenmal wurde er Deutscher Meister, 17-mal Bayerischer Meister mit seinen Thüringer Schwalben, zigmal Kreismeister und einmal sogar Champion. Sein besonderer Stolz ist die Prof.-Bernhard-Grzimek- Medaille, die höchste Auszeichnung, die der Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter zu vergeben hat.
Diese Erfolge und Fleischmanns ehrenamtliches Engagement als Vorsitzender des Geflügelzuchtvereins Wildenheid blieben in der Stadt Neustadt nicht unbemerkt. Die Bayerische Puppenstadt würdigte die Verdienste von Ernst Fleischmann mit den Stadtmedaillen in Gold und Silber.
Aus seinem Ausstellungsleben ist ihm in Erinnerung geblieben, dass ein Züchter aus den USA ihm eine Taube einmal für umgerechnet 500 Mark abkaufen wollte. Doch er wollte das Tier behalten. Bei der nächsten Schau erhielt er auf denselben Vogel eine sehr schlechte Bewertung. Das erzählt er mit einem Schmunzeln. Ansonsten sei er dem Verkauf seiner Tauben nicht abgeneigt. „Ich habe meine Zuchttauben bis nach Saudi-Arabien verkauft.“
„Ich esse keine Tauben“
Die Frage, was mit den Tauben geschieht, mit denen er nicht mehr zu Schauen geht oder die nicht für die Zucht geeignet sind, beantwortet er kurz und knapp: „Die werden von mir geschlachtet.“ Schnell fügt er hinzu: „Ich esse keine Tauben, meine Familie ja, ich aber nicht.“
Ernst Fleischmann wollte sich nicht nur aufs Züchten beschränken. Im Jahr 1987 wurde er als Preisrichter zugelassen. „Der Weg dahin war nicht einfach“, erinnert sich Fleischmann. Zwei Jahre lang musste er mehrere Schulungen erfolgreich absolvieren, bevor er die Genehmigung erhielt, als Preisrichter zu fungieren. Zuständig war er für Farben- und Formentauben. Sein Amt führte ihn durch ganz Deutschland.
Dass die Züchter nicht immer mit seiner Betrachtung einverstanden waren, lag in der Natur der Sache. Aber: „Ich habe mich immer der Kritik gestellt und den Züchtern erklärt, warum ich zu dem Ergebnis gekommen bin.“
Nach 35 Jahren als Wertungsrichter zieht Ernst Fleischmann zum Jahresende einen Schlussstrich. „Ich war sehr gern als Preisrichter unterwegs, aber man soll aufhören, wenn man es noch selbst entscheiden kann“, sagt Fleischmann, der im kommenden Jahr seinen 85. Geburtstag feiert. Die Entscheidung sei endgültig, da er die notwendigen Schulungen nicht mehr besuchen werde und ihm damit die Grundlage für das Amt fehlen würde. Taubenzüchter wolle er aber weiterhin bleiben.
Um die Geflügelzucht besorgt
Sorgen macht er sich um die Geflügelzucht im Allgemeinen. „Es fehlt der Nachwuchs“, stellt Fleischmann mit sorgenvoller Miene fest und ergänzt: „Ich würde gern 20 Jahre nach meinem Tod noch mal zurückkommen wollen, nur um zu sehen, was aus der Geflügelzucht geworden ist.“ Dass sich Ernst Fleischmann so intensiv seiner Passion hingeben konnte, verdankt er einer Person: seiner Frau Inge, die ihn in all den Jahren immer unterstützt und ihm den nötigen Freiraum verschafft hat.
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