Nachruf
Trauer um ehemaligen MGF-Lehrer Alfred Biedermann
Alfred Biedermann
Alfred Biedermann
Wolfgang Schoberth
F-Signet von Wolfgang Schoberth Fränkischer Tag
Kulmbach – Der beliebte frühere MGF-Lehrer und Altphilologe Alfred Biedermann ist am Samstag im Alter von 96 Jahren verstorben.

Alfred Biedermann war ein außergewöhnlicher Mensch. Nicht nur wegen seines hohen Alters, seines enzyklopädischem Wissen und seines phänomenalen Gedächtnisses - sondern wegen seiner inneren Ruhe. Hektik, cholerische Ausbrüche waren ihm fremd. Er lebte das, was in der griechischen Philosophie als Ideal gilt: „Ataraxia“, heitere Gelassenheit.

Teil von Gottschalks Biografie

Legendär ist Thomas Gottschalks Freundschaft zu Alfred Biedermann geworden. In seiner Autobiografie „Herbstblond“ setzte er seinem früheren Griechisch-Lehrer ein Denkmal.

In einer Episode erzählt er, wie 1971 auch sein letzter Anlauf, das Abitur zu bestehen, Spitz auf Knopf stand. Bei dem vorgelegten Prüfungstext in der mündlichen Prüfung Griechisch hing das Verständnis an einem Wort: „Ich bin meinem altphilologischem Ziehvater Alfred Biedermann auf ewig dankbar, dass er mir noch auf dem Gang vor dem Klassenzimmer entweder aus Mitleid mit meinem Schicksal oder aus Verzweiflung über sein pädagogisches Versagen leise zuraunte, ,hiketeus’ heißt ,Schmied’. Ich habe diese Vokabel nur einmal im Leben gebraucht, dafür aber dringend. Herr Biedermann hat mit seiner Hilfestellung wahrscheinlich gegen diverse Beamtengesetze verstoßen, sich aber als wahrer Humanist erwiesen.“ Vielleicht nur eine Anekdote des Entertainers, aber sie trifft den Menschen.

Herrlich altmodischer Lehrer-Typus

Alfred Biedermann, der am 15. Februar 1927 mit seiner Zwillingsschwester Irene in Bayreuth das Licht der Welt erblickt hat, verkörperte einen herrlich altmodischen Lehrer-Typus. Nicht nur dadurch, dass er auch ohne Google und Internetzugriff nicht am Ende seines Lateins war, dass er niemals ohne Anzug und Krawatte vor die Leute getreten ist, sondern auch in seinem Unterrichtsstil, wie ihn viele Schüler in seinen 37 Jahren am MGF (1953-1990) erlebt haben: Kein autoritäres Gehabe, keine bloße Grammatik- und Vokabelpaukerei, sondern immer wieder hat er seinen Schülern den Blick geöffnet für die antike Rhetorik, Geschichte und Philosophie. Nicht zufällig war sein Spitzname „Ammon“, nach dem Sonnenkönig der Ägypter.

Zu seiner inneren Ruhe hat gewiss auch seine Familie beigetragen, seine Frau Margarete (mit der er 1958 die Ehe geschlossen hat; 2018 verstorben) und Tochter Beate (verheiratete Braess) mit Schwiegersohn Arnd. Als praktizierende Ärztin in Kulmbach hat sich seine Tochter liebevoll um ihn gekümmert.

Unbeherrscht oder ungeduldig hat man ihn - stellvertretender Direktor - auch als Kollege nie erlebt. Stets hat er die Wogen geglättet, eine Lösung gesucht.

Vertrauensperson für die Schüler

Für viele Schülerinnen und Schüler war er eine Vertrauensperson, ja ein Freund. Einer, der zuhört, vielleicht auch Rat weiß. Auch mal bei den Noten gnädig ist.

Oft und gern hat er sich mit ehemaligen Schülern getroffen, auch beim Kollegen-Stammtisch der Ehemaligen war er regelmäßig dabei. In wenigen Tagen wollte er sich mit seiner ersten Abiturklasse am MGF, Jahrgang 1961, treffen. Darauf hat er sich sehr gefreut. Dazu kann es nun nicht mehr kommen. Nicht nur seine Familie trauert um ihn, sondern auch viele, die ihn gekannt haben.

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