Nach einem deutlichen Anstieg antisemitischer Vorfälle und Straftaten auch in Unterfranken will die bayerische Staatsregierung den Kampf gegen Antisemitismus in Bayern künftig enger koordinieren: „Wir wollen alle Akteure, die hier wirken, zusammenführen“, sagte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) nach einer Kabinettsitzung, an der auch Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, teilgenommen hatte.
2021 war die Zahl der judenfeindlichen Straftaten in Bayern im Vergleich zum Vorjahr von 353 um 44 Prozent auf 510 deutlich angestiegen – davon 55 Fälle in Unterfranken. Die Anzahl gemeldeter judenfeindlicher Vorfälle unterhalb der Schwelle zur Strafbarkeit hatte sich laut der Dokumentationsstelle RIAS Bayern von 2020 auf 2021 in Unterfranken von elf auf 31 sogar fast verdreifacht. Damit lag die Region noch deutlich über dem bayernweiten Anstieg der Vorfälle von 82 Prozent.
Verbände enger vernetzen
„Es ist uns sehr wichtig, ein deutliches Signal zu setzen, welch hohe Bedeutung jüdisches Leben in Bayern und die Bekämpfung des Antisemitismus für die Staatsregierung hat“, sagte Piazolo.
Das neue Gesamtkonzept soll dazu beitragen, neben dem Gedenken an die Judenverfolgung in der Nazi-Zeit auch über aktuelles jüdisches Leben in Bayern zu informieren und jüdische Einrichtungen und jüdische Kultur zu unterstützen. Dafür sollen sich unter anderem die zuständigen Ressorts der Staatsregierung, jüdische Einrichtungen in Bayern sowie interessierte Institutionen, Verbände und Vereine enger vernetzen.
„Zentral ist, mehr Wissen über jüdisches Leben zu vermitteln“, findet Piazolo. Nur so könnten Vorurteile abgebaut werden. Dies gelte nicht nur für Schulen, sondern für viele Bereiche des öffentlichen Lebens. So sollen künftig erfolgreiche Konzepte leichter ausgetauscht werden, etwa um Anregungen für neue Projekte zu schaffen oder erfolgreiche Maßnahmen gegen antisemitische Vorfälle aufzuzeigen, so die Staatsregierung.
„Der Judenhass hat ein erschreckendes Ausmaß angenommen“, beklagt auch Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Die Justiz gehe jedoch „entschlossen und konsequent“ dagegen vor.
Antisemitismus-Beauftragter arbeitet seit vier Jahren
Eisenreich verwies auf die bereits seit 2018 eingerichteten Antisemitismus-Beauftragten bei den Generalstaatsanwaltschaften. Diese würden auf eine einheitliche Rechtsanwendung in Bayern hinwirken – zuletzt etwa beim Vorgehen gegen gelbe Sterne oder Punkte mit der Aufschrift „Ungeimpft“, wie sie auf Corona-Demos unter anderem in Würzburg getragen wurden.
„In Bayern darf es keinen Platz für Judenhass geben“, forderte Eisenreich.