Stadtrat
Gräfenberg: Schluss mit Bürgeranfragen
Der Gräfenberger Bürgermeister Ralf Kunzmann verteidigt die Entscheidung des Staatsministeriums.
Der Gräfenberger Bürgermeister Ralf Kunzmann verteidigt die Entscheidung des Staatsministeriums.
privat
F-Signet von Petra Malbrich Fränkischer Tag
Gräfenberg – Bürgerfragen auf der Tagesordnung einer Stadtratssitzung sind nicht mehr zulässig. Warum die Stadt Gräfenberg diese gestrichen hat.

„Will man die Bürger ganz mundtot machen und sie nur noch als Stimmvieh wahrnehmen, so nach dem Motto, alle sechs Jahre dürft ihr entscheiden, und das reicht?“ Ferdinand Haselmeier aus Gößweinstein ist verärgert über das Innenministerium, das im Dezember beschlossen hat, die Bürgerfragestunde sei während einer Gemeinderatssitzung nicht mehr zulässig.

Dieser Entscheidung sind einige Gemeinden gefolgt, darunter Gräfenberg. Die Kommune strich mit Mehrheit die Bürgeranfragen von der Tagesordnung.

Demokratische Möglichkeiten

„Allein die Argumentation des Innenministeriums, Bürgeranfragen während einer Sitzung sind nicht zulässig, ist sehr bedenklich und dient nur dazu, die wenigen demokratischen Möglichkeiten, die wir als Bürger haben, noch mehr einzuschränken“, sagt Haselmeier in einem Leserbrief. Zwar sei es sinnvoll, dass die Bürgeranfragen keinen Bezug zur Tagesordnung haben, um den Sitzungsverlauf nicht zu beeinflussen. Doch: „Dies steht aber in keinem Zusammenhang zu Fragen und Sorgen zu kommunalpolitischen Themen, die den Bürger darüber hinaus umtreiben. Wo soll er sonst seine Fragen loswerden, wenn nicht in der Öffentlichkeit vor dem Gemeinderat?“, fragt Haselmeier. Zudem sollte auch das Interesse jedes Gremiumsmitglieds sein, über die Probleme hautnah informiert zu werden.

Blick in die Nachbargemeinden

Rudolf Braun (FW) aus Weißenohe ist einer der Bürgermeister, bei dem noch nie eine Bürgerfragestunde im Rahmen der Sitzung stattgefunden hat. „Der Gemeinderat ist nicht das richtige Gremium“, findet Braun. Er macht sich immer wieder in den anderen Gemeinden ein Bild von den Bürgerfragestunden.

„Zu Zeiten des Wahlkampfs wird die Fragestunde zum Populismus oder es werden persönliche Fragen gestellt, die den Gemeinderat nicht betreffen. Es sind oft nur Kinkerlitzchen“, sagt Braun und nennt zwei Beispiele. Dass zwei Autos zu schnell durch die Straße gefahren sind oder dass ein paar Schilder falsch stehen. Fragen, die von der Verwaltung beantwortet oder weitergeleitet werden. Fragen, für die den Bürgern die Bürgerversammlung zur Verfügung steht.

Ferdinand Haselmeiers Vorwürfe, in den Bürgerversammlungen seien kaum Gemeinderäte anwesend, noch werde Protokoll geführt, kann Braun, langjähriger Vorstand des Bayerischen Gemeindetags, nicht zustimmen. Zum einen sei immer ein Protokollführer anwesend und Themen der Bürgerversammlungen würden in den darauffolgenden Gemeinderatssitzungen behandelt, so dass durchaus die Gemeinderäte informiert seien. Anwesenheitspflicht bestehe für die Gemeinderäte nicht und sie sollten auch keine Fragen stellen. „Die Bürgerversammlung ist die Sache zwischen dem Bürgermeister und den Bürgern“, sagt Braun.

Das Bestreben des Staatsministeriums, Bürgerfragestunden abzuschaffen, findet Haselmeier beunruhigend und müsste jeden Bürger nachdenklich stimmen.

Kaum Bürgeranfragen in Gräfenberg

Gräfenbergs Bürgermeister Ralf Kunzmann (FW) jedenfalls ist ebenfalls der Meinung, dass auch ohne Bürgerfragestunde dem Bürgern genug Möglichkeiten bleiben, seine Fragen und Sorgen zu übermitteln. „Wir sind für die Anliegen der Bürger immer erreichbar. Die Verwaltung hat flexible Öffnungszeiten, wir sind per Telefon oder Mail erreichbar und jeder Bürger kann sich einen Termin geben lassen“, erklärt Kunzmann. Und jeder Bürger könne mit einem Gemeinderat über Themen reden. In Gräfenberg gingen ohnehin kaum Bürgerfragen ein.

Natürlich bestünde nach seiner Darstellung die Möglichkeit, die Fragestunde vor oder nach der Sitzung zu halten. Aber: „Die Sitzung ist eine kostbare Zeit“, begründet Kunzmann.

Neunkirchen am Brand ist eine der Gemeinden, die noch Bürgeranfragen vor der Sitzung zulässt. „Wir möchten den Bürgern die Möglichkeit geben, Fragen zu stellen. Dann ist auch der Rat informiert, was den Bürgern am Herzen liegt“, sagt Dritte Bürgermeisterin Ute Löffler (ÜWG). Bei persönlichen oder vor der Wahl eher populistischen Fragen werde der Fragesteller sachlich darauf hingewiesen. Doch auch in Neunkirchen ist die Anzahl der Fragen relativ gering.

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