Im Putin-Regime müsste der Autor des Stückes „Der Revisor“, Nikolaj Gogol, wohl mit erheblichen Repressalien des Staates rechnen. Denn allzu offensichtlich rechnet Gogol mit den russischen Beamten ab.
Komödie „Der Revisor“ hat bis heute nichts an Brisanz verloren
Gogol selbst war ein ukrainischer Gutsbesitzersohn, 1809 siedelte er nach Moskau um und arbeitete selbst als Beamter. Um so brisanter ist seine Komödie, die bis heute nichts an Brisanz verloren hat, zu verstehen: Man könnte das Stück „Der Revisor“ durchaus als investigativ verstehen, auch wenn es in der Inszenierung der Naturbühne als kurzweilig und amüsant dargestellt wird.
Korruption, Bestechlichkeit, nur an sich und seinen eigenen Vorteil denken – das bringt der Autor auf die Bühne. Vielleicht auch, um den Menschen die Augen zu öffnen oder um ihren Sinn, hinter die schönen Worte der Politik zu blicken, zu schärfen.
Diskussion mit Vertretern der Öffentlichkeit
Im Zuge der Initiative „Demokratie leben!“ initiierte Moderator Gerd Kammerer nach der Nachmittagsvorstellung eine Diskussionsrunde. Daran nahmen Landrat Klaus Peter Söllner (FW), der Trebgaster Bürgermeister Herwig Neumann (CSU), Gemeinderat und Jurist Martin Sesselmann (SPD/WG), der ehemalige Studiendirektor des Caspar-Vischer-Gymnasiums, Dieter Fischer, Anne Notnagel von der Post, Karlheinz Weber, Polizeihauptkommissar a.D., und der langjährige Leiter der gynäkologischen Abteilung, Dieter Hägele, teil. Und ein echter Revisor – nämlich Tino Scheuring von Müller Medien – gesellte sich auch zur Runde.
Doch die Quintessenz der Diskussion war klar: In Kulmbach ist die Welt in bester Ordnung. Nein, hier kann sich niemand Korruption oder Amtsmissbrauch vorstellen. „Wegen der Dichte der Kontrollen macht das keinen Sinn. Die Bauverwaltung kann keine Baugenehmigung nur aus Sympathie erteilen“, merkte Landrat Klaus Peter Söllner auf die durchaus kritische Frage Kammerers an, ob reiche Kulmbacher, die ihr Vorhaben schon vor der Genehmigung beginnen, einen Schwarzbau erstellen würden.
Verzerrte Wirklichkeit im TV
„Nein, die Bauverwaltung entscheidet nach Recht und Ordnung“, so Söllner. Alles nur eine reine Fiktion. „Bürgermeister werden im Fernsehen oder auf der Bühne immer nur als Deppen oder korrupte Absahner dargestellt“, kennt Söllner die Verzerrung der Wirklichkeit schon. Und der Trebgaster Bürgermeister Herwig Neumann merkte an, dass heute eher Bürgermeister um Baufirmen buhlen müssten, um überhaupt Angebote zu bekommen.
„Es wäre schön, wenn wir rumstehen würden, Sekt trinken würden“, lachte Revisor Tino Scheuring über das Bühnenstück. Auch Scheuring vertraut ins deutsche System. Und der Ex-Polizist Karlheinz Weber tut alles als Bühnen-Szenario ab. „Ich schaue mir keine Krimis mehr an, weil es mir stinkt, dass Polizisten immer als korrupt dargestellt werden“, sagt Weber.
Keiner der Diskussionsteilnehmer konnte oder wollte sich vorstellen, dass möglicherweise mehr hinter dem Werk stecken könnte. Und Anne Notnagel brach eine Lanze für die Post und das Briefgeheimnis:absolut gewahrt.
Deutschland „nur“ auf Rang 9 bei Transparency International
Dass diese schöne Sicht auf die heimische Politik angebracht ist, bestätigt der Korruptionswahrnehmungsindex, den die Organisation Transparency International erstellt, nur zum Teil. Deutschland kommt auf Rang 9. Das ist nicht ganz schlecht, aber auch nicht spitze. Länder wie Dänemark, Finnland, Neuseeland, Norwegen, aber auch Singapur, Schweden, die Schweiz und die Niederlande haben bessere Werte. Und der Index erfasst nicht die tatsächliche Korruption, sondern die Wahrnehmung. Also das, was öffentlich gemacht wird.
Fast immer, betonte Kammerer, korreliere die Korruptionsrate mit dem Bruttoinlandsprodukt, mit dem zur Verfügung stehenden Einkommen und mit der Friedenssituation des Landes. Am schlechtesten schneiden übrigens Syrien, der Südsudan und Somalia ab.
Lesen Sie auch: