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Früherkennung wichtig
Kulmbacher Mediziner macht Hoffnung: Krebs kein Todesurteil
Pathologe Andreas Gschwendtner
Pathologe Andreas Gschwendtner untersucht am Klinikum Kulmbach Gewebe unter dem Mikroskop auf krankhafte Veränderungen. // Jürgen Gärtner
Kulmbach – Die Medizin macht große Fortschritte - auch in der Krebsbehandlung. Andreas Gschwendtner, der Leiter der Pathologie am Kulmbacher Klinikum, ist der heimtückischen Krankheit auf der Spur.

500.000 Deutsche erkranken jedes Jahr an Krebs. „Das ist eine beachtliche Zahl“, sagt Andreas Gschwendtner. Der Leiter des Instituts für Pathologie am Kulmbacher Klinikum weiß auch, dass rund 220.000 Menschen jedes Jahr in der Bundesrepublik einer Krebserkrankung erliegen. Angesichts dieser Zahlen spricht er von einer „Volkskrankheit“. Krebs sei inzwischen die zweithäufigste Todesursache nach Herz-/Kreislauferkrankungen.

Besonders bedenklich stimmt ihn der Trend, dass immer öfter auch jungen Patienten betroffen sind. „Häufig hängt das mit den Lebensgewohnheiten zusammen – mit Rauchen, Alkoholkonsum, der übermäßig guten Ernährung mit der Folge Adipositas, mit zu viel Sonne. „Alles trägt dazu bei, dass Krebs häufiger wird“, berichtet der 61-Jährige, der als Pathologe nicht nur der Entstehung der heimtückischen Krankheit auf der Spur ist, sondern auch Prognosen für die Therapieauswahl abgibt.

Lungenkrebs
Krebs unter dem Mikroskop: Bei dem großen dunklen Fleck in der Bildmitte handelt es sich um Lungenkrebs. Die umliegenden noch dunkleren Punkte sind Blutgefäße. Das Helle ist gesundes Lungengewebe. // Andreas Gschwendtner

Was genau ist die Pathologie eigentlich? Ganz einfach gesagt: „Die Lehre von den Krankheiten“, erklärt Gschwendtner. Pathologen beschäftigen sich mit den Ursachen, die Krankheiten auslösen und welche Veränderungen sie an den Organen hervorrufen. Heute sind sie vor allem dem Krebs auf der Spur.

Die Spezialisten wie Professor Dr. Gschwendtner suchen in Gewebeproben nach Zellveränderungen, die sie bestimmten Tumorarten zuordnen können. Mehr noch: Sie können auch feststellen, ob der Tumor in dem Organ entstanden ist oder ob es sich um eine Metastase handelt.

Angebot im Kulmbacher Klinikum etwas Besonderes

Was die Pathologen aber besonders macht, ist die Tatsache, dass sie nicht nur diagnostizieren, sondern zugleich Parameter bestimmen, die dabei helfen, präzise Therapien auszuwählen, die genau auf die Behandlung der Erkrankung abgestimmt sind. Dies sei ein riesiger Fortschritt in der Behandlung von Krebspatienten, sagt er.

Über die Serie:

Dass es dieses Angebot auch am Kulmbacher Klinikum gibt, ist keine Selbstverständlichkeit. „Dazu muss in Gerätschaften und Analyseverfahren investiert werden. Das ist für ein Haus in unserer Größe schon etwas Besonderes.“

Mit Mikroskop: Gewebe wird auf Krebs untersucht

Während früher in der Regel Gewebeproben nur bei Operationen entnommen werden konnten, hat sich die Medizin im Laufe der Jahre weiterentwickelt. Heute sind Biopsie-Verfahren Standard. Dazu zählen beispielsweise die Gewebeentnahme bei Magen- und Darmspiegelungen per Endoskop oder die Bronchoskopie (die Spiegelung der Luftwege). Hinzu kommen bildgebende Verfahren wie Computertomografie oder Sonografie.

Die Pathologen schauen sich das entnommen Gewebe dann unter dem Mikroskop mit teils hundertfacher Vergrößerung an. Diese Technik wird als histologische Untersuchung bezeichnet. Die Fachleute erkennen so veränderte Zellen und krankhafte Gewebeverbände.

Pathologie wurde in Franken begründet

Die Histopathologie ist übrigens eine fränkische Entwicklung. Begründet wurde sie 1848 von Rudolf Virchow (1821–1902) in Würzburg. „Das war die Geburtsstunde der Pathologie wie wir sie heute kennen“, sagt Andreas Gschwendtner, der aus Österreich stammt, in Innsbruck studiert und inzwischen der an der Würzburger Universität einen Lehrauftrag im Fach Pathologie hat.

Der 61-Jährige ist angesichts der Fortschritte in der Medizin überzeugt davon, dass Krebs irgendwann heilbar sein wird. „Das Wissen und die Leistungsfähigkeit haben sich exponentiell vermehrt. Es gibt Möglichkeiten, an die man vor 100 Jahren noch nicht im Traum gedacht hat“, sagt er. Das lässt hoffen.

Brust- und Darmkrebs sind heilbar

Schon jetzt seien viele Krebsarten ohne Metastasenbildung durch eine Operation und gegebenenfalls einer anschließenden Bestrahlung heilbar. Dazu zählen Brust- und Darmkrebs. Wichtig ist: „Der Krebs muss auf ein Organ beschränkt sein.“ Der Patient habe nach einer erfolgreichen Behandlung in der Regel eine ganz normale Lebenserwartung.

Ist der Krebs dagegen schon so weit fortgeschritten, dass ein Organ ganz entfernt werden müsste oder sich schon Metastasen gebildet haben, dann sei eine „systematische Therapie“ erforderlich. Dazu zählen beispielsweise Chemo- und Hormontherapien.

„Noch vor einem Jahrzehnt war ein Überleben von mehr als fünf Jahren bei metastasierten Formen nicht möglich. Heute ist bei fast allen Krebsarten diese Schallmauer durchbrochen“, weiß der Pathologe aus Erfahrung. Als geheilt gilt derjenige, bei dem fünf Jahre nach Diagnose und Therapie keine Tumorzellen mehr nachweisbar sind.

Lungenkrebs häufigste Krebstodesursache

Ausnahmen bilden vor allem besonders aggressive Krebsformen. Wie der Lungenkrebs. Der sei inzwischen die häufigste Krebstodesursache bei beiden Geschlechtern.

Je früher eine Krebserkrankung erkannt wird, desto besser die Heilungschancen, erklärt Andreas Gschwendtner weiter. Deshalb legt er jedem Vorsorgeuntersuchungen ans Herz.

Wie entsteht eigentlich Krebs? „Einfach gesagt, haben Zellen vergessen, wie sie wachsen sollen“, sagt Professor Dr. Gschwendtner. Sie vermehren sich dann wie Parasiten auf Kosten anderer Zellen. Wenn sie diese ausgezehrt haben, siedeln sie aus dem betroffenen Organ aus – es entstehen Metastasen.

Doch wie kann es sein, dass Zellen ihr Gedächtnis verlieren? „Das geschieht durch schädigende Einflüsse von außen“, so der Experte weiter. Zum Beispiel durch die Inhaltsstoffe von Zigarettenrauch, die die Zellen in der Lunge schädigen.

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