Getötete Verkäuferin Warum sprechen wir von einem "mutmaßlichen Mord"? Viele Menschen trauern um die getötete Verkäuferin in Lichtenfels. Mittlerweile sitzt ein Tatverdächtiger in Untersuchungshaft. // Bastian Sünkel von Laura Schmidt Bluttat in Lichtenfels TEILEN  29.03.2023 Lichtenfels – Ein 17-Jähriger wird verdächtigt, Beatrix G. umgebracht zu haben. Als "Täter" darf er trotzdem nicht bezeichnet werden Der Fall der getöteten Blumenverkäuferin Beatrix G. in Lichtenfels hat nicht nur die Stadt erschüttert, sondern auch deutschlandweit ein großes Medien-Echo ausgelöst. Während das Interesse groß ist, gibt es für Teile der Berichterstattung Kritik. "Mutmaßlicher Mord? Echt jetzt?", kommentiert etwa eine Userin unter einem Facebook-Beitrag zur Asyl-Debatte in Schney wenige Tage nach der Tat. Wieder andere debattieren über die Nennung der deutschen Staatsbürgerschaft des Tatverdächtigen: "Es wird schon verzweifelt versucht einen Passdeutschen daraus zu machen" (sic!) Was gilt für die Berichterstattung über Kriminalfälle wie in Lichtenfels? Pressekodex des Presserats Richtlinie und Standardwerk für die Arbeit von Journalisten ist der Pressekodex des Deutschen Presserats. Er ist die Instanz der freiwilligen Selbstkontrolle der Print- und Onlinemedien und tritt nach eigenen Angaben unter anderem für "die Einhaltung ethischer Standards" im Journalismus ein. Warum berichtet die Presse über Kriminalfälle wie in Lichtenfels? Der Pressekodex regelt ganz klar: "An der Information über Straftaten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren besteht ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit. Es ist Aufgabe der Presse, darüber zu berichten." Namen, Fotos und andere personenbezogene Daten, die Täter identifizierbar machen, dürfen nur dann veröffentlicht werden, wenn "das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit im Einzelfall die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegt." Zurückhaltung gegenüber Minderjährigen Im Fall von Lichtenfels gibt es bislang nur einen "dringend Tatverdächtigen". Mit seinen 17 Jahren ist er minderjährig und damit laut Pressekodex besonders schutzwürdig: "Insbesondere in der Berichterstattung über Straftaten und Unglücksfälle dürfen Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs in der Regel nicht identifizierbar sein." Nennung der Nationalität Das Polizeipräsidium Oberfranken spricht direkt in seiner ersten offiziellen Pressemitteilung zur Festnahme des dringend Tatverdächtigen von einem "jungen deutschen Staatsangehörigen", Sprecher Alexander Czech betont des Weiteren, dass es sich nicht um einen Zuwanderer handelt. Der Presserat weist darauf hin, dass die Nennung einer Staatsangehörigkeit "nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens" führen darf. "Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse." Das Polizeipräsidium Oberfranken orientiert sich am Pressekodex, wie ein Sprecher auf Nachfrage erklärt. Entsprechend ist davon auszugehen, dass ein öffentliches Interesse gesehen wurde. "Mutmaßlich": Es gilt die Unschuldsvermutung Für den 17-Jährigen gilt nach wie vor die im Grundgesetz geregelte Unschuldsvermutung: "Jeder Angeklagte gilt bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis seiner Schuld als unschuldig." Dieser Grundsatz gilt auch für die Berichterstattung der Presse. Sie muss sprachlich laut Kodex einiges beachten, unter anderem: "Die Presse darf eine Person als Täter bezeichnen, wenn sie ein Geständnis abgelegt hat und zudem Beweise gegen sie vorliegen oder wenn sie die Tat unter den Augen der Öffentlichkeit begangen hat." Im Fall von Lichtenfels trifft bislang (Stand: 29. März 2023) nichts davon zu. Weiter besagt der Presse-Kodex: "Zwischen Verdacht und erwiesener Schuld ist in der Sprache der Berichterstattung deutlich zu unterscheiden." Heißt nach derzeitigem Stand konkret: Der 17-Jährige ist ein (dringend) Tatverdächtiger, kein Täter. Die Tat ist ein mutmaßlicher Mord, kein Mord. Lesen Sie außerdem: UPDATE Bluttat in Lichtenfels Tote Blumenverkäuferin: Prozessauftakt steht bevor Am 10. März 2023 soll ein damals 17-Jähriger in Lichtenfels die Blumenhändlerin Beatrix G. getötet haben. Nun hat das Landgericht Coburg Details zur Verhandlung gegen den Angeklagten bekanntgegeben. Tote Blumenhändlerin Tat angekündigt? Das steckt hinter dubiosem Forum Die Tötung von Beatrix G. soll im Internetforum crimemarket.is angekündigt worden sein. Was sagt der Betreiber dazu? Wir haben ihn gefragt. Experte erklärt Tote Floristin: Gewalttat führt zu vielen Ängsten Nach dem gewaltsamen Tod von Beatrix G. haben viele Menschen in Lichtenfels Angst und Sorgen. Simon Croner von der psychosozialen Notfallversorgung im Landkreis erklärt, wie man damit umgehen kann. Tote Blumenhändlerin Festnahme nach Schulschluss: Direktor erschüttert Ein Schüler des Meranier-Gymnasiums soll die Blumenverkäuferin Beatrix G. in Lichtenfels getötet haben. Jetzt äußert sich der Schulleiter.