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CHW feiert Jubiläum
Colloquium Historicum: Ex-Landesbischof gratuliert
Prominenter Gratulant bei der Feier zum  100-jährigen Bestehen des Colloquium Historicum Wirsbergense in der Petrikirche: der frühere Landesbischof und jetzige Vorsitzende des Weltkirchenrates, Heinrich Bedford-Strohm
Prominenter Gratulant bei der Feier zum 100-jährigen Bestehen des Colloquium Historicum Wirsbergense in der Petrikirche: der frühere Landesbischof und jetzige Vorsitzende des Weltkirchenrates, Heinrich Bedford-Strohm // Stephan Herbert Fuchs
Kulmbach – Mit einem Festakt in der Petrikirche in Kulmbach feierte das Colloquium Historicum Wirsbergense sein hundertjähriges Bestehen. Der prominente Ehrengast hatte eine besondere Botschaft.

CHW: Dieses Kürzel kennen nicht nur Insider. Es steht für den Geschichtsverein Colloquium Historicum Wirsbergense.

CHW hat steigende Mitgliederzahlen

Weil die Gründerväter im Jahr 1924 alle Akademiker waren, musste es schon ein lateinischer Name sein. Keiner der zehn Geschichtsinteressierten, darunter fünf evangelische und drei katholische Geistliche, hätte es sich damals in seinen kühnsten Träumen ausmalen wollen, dass es den Verein 100 Jahre später noch immer gibt.


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Und nicht nur das: Entgegen dem allgemeinen Trend verzeichnet das CHW sogar steigende Mitgliederzahlen. Während fast alle anderen bayerischen Geschichtsvereine spätestens seit Corona über Mitgliederschwund klagen, wird das Interesse am Colloquium immer größer.

Gründung im Neuenmarkter Bahnhof

Eigentlich stimmt nicht mal der Name, denn das Colloquium Historicum Wirsbergense wurde nicht etwa in Wirsberg gegründet, sondern in Neuenmarkt. Die Gründer waren am 29. Juli 1924, wie damals üblich, mit dem Zug angereist, und der Bahnhof Neuenmarkt hatte schon immer eine zentrale Funktion. So trafen sich die Geschichtsinteressierten in der Bahnhofsrestauration von Neuenmarkt und nahmen erst später den größeren Nachbarort Wirsberg in ihren Vereinsnamen auf. Heute hat der Zusammenschluss längst eine überregionale Funktion.

„Es geht um die Erforschung und Vermittlung fränkischer Geschichte“, sagte Professor Günter Dippold, oberfränkischer Bezirksheimatpfleger und seit 1997 Vorsitzender des CHW, beim Festakt in der Petrikirche in Kulmbach. Ein wenig wunderte er sich schon selbst, dass der Zusammenschluss eine derartige Erfolgsgeschichte verzeichnen darf: „Ein Mensch, der zu Menschen spricht, mag vielleicht gar nicht so aufregend sein, aber es funktioniert.“

Vorsitzender Günter Dippold: Fehlen der Politik kritisiert

Selbst während der Corona-Zeit rissen die Gesprächsfäden nie ab. Ununterbrochen hätten sich Frauen und Männer getroffen, um Vorträge von Fachleuten und kundigen Laien zu hören. Wenn es sein musste, auch mal online, via Zoom. Nach den Worten von Günter Dippold hat das CHW mittlerweile 19 Ortsgruppen mit zusammen über 1950 Mitgliedern.

Geschichte, das sei nicht beschauliches Reden über früher, erläuterte der Vorsitzende sein Verständnis des Vereins. Geschichte lasse uns vielmehr begreifen, „warum alles so ist, wie es ist“.

Während das Kirchenschiff so voll besetzt wie schon lange nicht mehr war und Gäste aus ganz Bayern zu dem Festakt angereist waren, blieb die Zahl der Politiker, von einigen Bürgermeistern aus Stadt und Landkreis Kulmbach abgesehen, höchst überschaubar. Das forderte die Kritik von Günter Dippold heraus: „Ich hoffe, dass das Fehlen der Politik ein Zufall ist und nicht Ausdruck von Geschichtsvergessenheit.“

Heinrich Bedford-Strohm: Neugier ist eine der wichtigsten Tugenden

„Eine der wichtigsten Tugenden der Geschichtsforschung ist die Neugier“, sagte der bisherige Landesbischof und jetzige Vorsitzende des Weltkirchenrates Heinrich Bedford-Strohm, der als Festredner zum CHW gekommen war. Erinnern stehe immer auch im Zentrum der Theologie, nicht umsonst seien acht der zehn Gründerväter Pfarrer gewesen.

Seinen Worten zufolge könne die Geschichtsarbeit vor Ort nicht hoch genug eingestuft werden. Unsere ausgeprägte Erinnerungskultur lebe von den lokalen und regionalen Forschungen vor Ort. Er selbst sei immer wieder beeindruckt, was lokalhistorische Projekte in Sachen Erinnerungskultur so leisten.

Auch Domkapitular Norbert Jung gratuliert

Heinrich Bedford-Strohm stellte auch heraus, dass ein ehrlicher, selbstkritischer Blick die wichtigste Voraussetzung für wahren Patriotismus sei. Auf dieser Basis könnten wir in Frieden und mit gegenseitigem Respekt leben.

Weitere namhafte Gratulanten waren Domkapitular Norbert Jung, der Leiter des Seelsorgebereichs Ansbach, und Klaus Reder, der Bezirksheimatpfleger von Unterfranken. Norbert Jung stellte in seiner Grußbotschaft die Bedeutung des geschichtlichen Studiums anhand einer neuen Veröffentlichung von Papst Franziskus heraus. Darin heißt es unter anderem, dass das Studium der Geschichte sehr dazu beitrage, die Realität wahrzunehmen, und dass ohne das Erinnern nichts voran geht.

Klaus Reder: Zukunftsfähigkeit ist gegeben

Klaus Reder stellte klar, dass er an die Zukunftsfähigkeit von Geschichtsvereinen wie dem CHW glaube. Das Colloquium bestehe nicht nur aus einem tragfähigen Netzwerk, sondern betreibe auch eine rege publizistische Tätigkeit und sei social-media-affin aufgestellt.

Das Colloquium Historicum Wirsbergense veranstaltet alljährlich an rund 40 Orten in ganz Franken Vorträge und Exkursionen. Viele Online-Vorträge werden aufgezeichnet und können dauerhaft abgerufen werden (vimeo.com/user110473539). Die Veranstaltungen des CHW sind öffentlich. Alle Geschichtsinteressierten sind herzlich willkommen. Die Teilnahme ist von wenigen Ausnahmen abgesehen kostenlos. Das Veranstaltungsprogramm gibt es auch online unter chw-franken.de.

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