Als Papst Franziskus am 13. März 2013 von den Kardinälen im Konklave zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt wurde, galt die Reform der römischen Kurie als einer seiner wichtigsten Arbeitsaufträge. Die Verwaltungszentrale des Papstes im Vatikan galt als schwerfällig und unnahbar.
Der Erzbischof von Buenos Aires, Kardinal Jorge Mario Bergoglio, hatte in den Vorgesprächen zur Papstwahl Veränderungen versprochen, die viele Kardinäle und vor allem von Rom immer wieder gemaßregelten Bischöfe in der ganzen Welt für notwendig erachteten.
Antwort nach neun Jahren
Neun Jahre später hat Franziskus nun seine Antwort auf das damalige Versprechen gegeben. Am Samstag veröffentlichte der Vatikan die neue Kurienverfassung „Praedicate Evangelium“ (Predigt das Evangelium). Ob der Papst seine Reformversprechen einhält, liegt nicht allein an der Veröffentlichung dieses vatikanischen Grundgesetzes, das erst an Pfingsten in Kraft tritt.
Einige Veränderungen wurden bereits über die Jahre hinweg eingeführt. Andere müssen ihren Effekt erst noch zeigen. Die Handschrift des der römischen Kurie sehr kritisch gegenüberstehenden Erzbischofs Bergoglio ist jedoch bereits in der Präambel des Textes auszumachen. Dort heißt es, die Mitarbeiter des Papstes sollten mit einer Einstellung des „gegenseitigen Zuhörens“ an die Arbeit gehen.
Jeder habe „etwas zu lernen, das Glaubensvolk, das Bischofskollegium sowie der Bischof von Rom“, also der Papst selbst. Die Kurie stehe nicht zwischen dem Papst und den Bischöfen, sondern diene beiden. Die wohl wichtigste konkrete Ausformung dieser neuen Offenheit betrifft die Tatsache, dass künftig auch Laien und damit auch Frauen die Dikasterien genannten päpstlichen Ministerien führen dürfen.
Leitung der Kurienbehörden ist Männersache
Diese Feststellung ist insofern bedeutsam, als die Leitung der Kurienbehörden bislang ausschließlich männlichen Klerikern, also Kardinälen und Bischöfen vorbehalten war. Papst Franziskus hat diesen Wandel bereits in den vergangenen Jahren vorangetrieben, als er 2018 den katholischen Journalisten Paolo Ruffini zum Chef des Dikasteriums für Kommunikation machte.
Im vergangenen Jahr ernannte der Papst die Ordensschwester Raffaella Petrini zur Generalsekretärin des Governatorats, der vatikanischen Vermögensverwaltung. Petrini ist damit die höchst gestellte Frau im Vatikan. Zuvor waren etwa die Ordensangehörigen Alessandra Smerilli sowie Nathalie Becquart zu Sekretärinnen bzw. Untersekretärinnen in anderen Kurienbehörden ernannt worden. Dabei handelt es sich um stellvertretende Behördenleitung.
Eigenes Dikasterium für Evangelisierung
Eine weitere wichtige Änderung ist die Schaffung eines eigenen Dikasteriums für Evangelisierung. Damit werden die frühere Missionskongregation Propaganda fide sowie der päpstliche Rat für Evangelisierung zusammen gelegt. In dieser Behörde tut der frühere Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst in Folge seines Rücktritts als Diözesenchef seinen Dienst.
Leiter des Ministeriums ist der Papst selbst. Das neue Dikasterium wird in der Vatikanverfassung an erster Stelle aller Ministerien genannt, womit Franziskus seine Bedeutung hervorheben möchte.
Verbreitung des Evangeliums
Die Evangelisierung, also die Verbreitung des Evangeliums, so heißt es in der Präambel, sei die Aufgabe, die Jesus Christus seinen Jüngern (und den Bischöfen als deren Nachfolger) anvertraut habe. Erst danach wird in der Vatikanverfassung die Glaubenskongregation genannt.
Ihr beigeordnet wird in Zukunft die päpstliche Kommission für den Schutz von Minderjährigen. Sie wurde 2014 als Reaktion auf die Fälle sexualisierten Missbrauchs durch Kleriker in der katholischen Kirche gegründet und wird vom Bostoner Erzbischof, Kardinal Sean O'Malley geleitet.
Schutz von Minderjährigen
Die Glaubenskongregation ist unter anderem für Disziplinar- und Strafverfahren gegen Kleriker zuständig. Die Verortung der Kommission bei der Glaubenskongregation stelle „einen bedeutenden Fortschritt bei der Aufwertung des Mandats der Kommission dar, was nur zu einer stärkeren Kultur des Schutzes in der gesamten Kurie und der gesamten Kirche führen kann“, sagte O'Malley.
Kommissionsmitglieder wie der chilenische Aktivist Juan Carlos Cruz, der selbst von hohen Klerikern missbraucht wurde, kritisieren die geringe Durchschlagskraft der Kommission. Sie kann dem Papst Vorschläge zur Verbesserung des Schutzes von Minderjährigen machen und die Ortskirchen bei der Entwicklung von Strategien beraten. Die Möglichkeit, Vorschläge und Strategien auch durchzusetzen, hat die Kommission hingegen nicht.