Sobald das Thermometer über die 25-Grad-Marke klettert, zeigt sich ein fragwürdiges Bild: Menschen fahren Rad – oft in luftiger Kleidung, den kühlen Fahrtwind genießend – und neben ihnen hechelt der Hund an der Leine, oft am Limit. Diese Szene ist vor allem in den Sommermonaten verbreitet, während sie im restlichen Jahr kaum zu beobachten ist.
Der vierbeinige Begleiter, der im heißen Tempo nebenherläuft, häufig am Halsband geführt, ist durch die Anstrengung und den aufgeheizten Asphalt extrem gefährdet. Die Frage drängt sich auf: Was bewegt Hundehalter zu solchem Tun? Gibt es wirklich den Irrglauben, dass Hunde Hitze besser vertragen? Oder dient die kurze „Runde“ am Rad als Ersatz für einen ausgedehnten Spaziergang?
Nicht „auspowern“
Dabei ist ein grundlegender Unterschied wichtig: Hunde sollten nicht „ausgepowert“, sondern „ausgelastet“ werden. Während der Mensch oft einen Ausgleich zwischen Büroalltag und sportlicher Betätigung sucht, benötigen Hunde vor allem ausreichend Ruhe. Ein gesunder, zufriedener Hund schläft zwischen 18 und 20 Stunden am Tag – vorzugsweise in der entspannten Nähe seines Menschen. Die natürlichen Verhaltensweisen freilaufender Hunde verdeutlichen dies: Sie bewegen sich gemächlich in ihrem eigenen Tempo, legen häufig Pausen ein und vermeiden bei hohen Temperaturen körperliche Anstrengung. Rennen bleibt die Ausnahme – und schon gar nicht auf heißem Asphalt bei 30 Grad im Schatten.
Auch ein Blick in den Hundesport zeigt, wie problematisch körperliche Belastung bei Wärme sein kann. So gelten im Zughundesport wie Bikejöring oder Canicross strenge Temperaturgrenzen. Ab etwa 15 Grad wird von intensiver Belastung abgeraten, viele Veranstalter verbieten Starts oberhalb dieser Temperaturen. Der Grund: Hunde können sich nicht wie Menschen effektiv durch Schwitzen abkühlen. Ihre Temperaturregulierung erfolgt fast ausschließlich über das Hecheln – eine Überhitzung kann daher schnell auftreten.
Was unter kontrollierten Wettbewerbsbedingungen als zu riskant eingeschätzt wird, sollte im Alltag erst recht vermieden werden, insbesondere bei untrainierten Hunden, die an der Leine mitlaufen müssen und zusätzlich dem aufgeheizten Asphalt ausgesetzt sind. Stattdessen braucht es Aktivitäten, die mental fördern und im ruhigen Tempo absolviert werden können. Gemeinsames Erleben, Lausbubenstreiche beim Schnüffeln und Beobachten oder das Erkunden von neuen Wegen – all das lässt den Hund auf natürliche Weise Hund sein.
Wichtig ist: Sinnvolle Auslastung bedeutet nicht Geschwindigkeit, sondern mentale Stimulation, liebevolle Zuwendung und Erholungsphasen. Wer glaubt, seinen Hund durch schnelle Läufe „müde machen“ zu müssen, verfehlt das Ziel: Anhaltender Adrenalinausstoß sorgt langfristig für Stress, Nervosität und ein unausgeglichenes Verhalten des Tieres.
Ein klarer Appell daher: Bitte verzichten Sie auf Fahrradtouren mit Ihrem Hund bei Hitze. Wer selbst Bewegung braucht, kann einen Spaziergang machen, aber sich dabei vorab vorstellen, wie es wäre, barfuß und mit einer dicken Jacke in der prallen Mittagssonne zu rennen. Vielleicht wird dann verständlich, wie der Hund sich fühlt.