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Erster Einsatz
Ameisen ziehen um: Von der Tonne in den Wald
Die neuen Ameisenhegerinnen des Landkreises, (von links) Anja Vorndran und Martina Faber.
Die neuen Ameisenhegerinnen des Landkreises, (von links) Anja Vorndran und Martina Faber. // Jörg Liebe
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Landkreis Bad Kissingen – Ameisenschutz ist Naturschutz – im Landkreis gibt es jetzt zwei Ameisenhegerinnen. Welche Aufgaben sie haben und warum ihr erster Einsatz gleich etwas Besonderes war.
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Über zwei Ameisenhegerinnen informiert der Landkreis Bad Kissingen in einer Pressemitteilung. 

Jeder kennt sie, doch nur wenige kennen ihren Wert: Ameisen leisten unglaublich viel für den Naturschutz. Aber die kleinen Insekten brauchen manchmal selbst Schutz und Hilfe. Insbesondere bei Baumaßnahmen ist es teilweise erforderlich, ein Nest umzusiedeln.

Diese Arbeit übernehmen in Bad Kissingen seit neuestem zwei ansässige Ameisenhegerinnen, in Zusammenarbeit mit der Höheren und Unteren Naturschutzbehörde.

Der erste Einsatz

Der erste Einsatz war auch gleich etwas Besonderes: Ein Volk der Kahlrückigen Waldameise (Formica polyctena) hatte nicht, wie üblich, ein Hügelnest auf dem Boden gebaut. Vielmehr machten es sich die Insekten in einer verrosteten Metalltonne bequem.

Es stellte sich zudem später heraus, dass der Behälter bis knapp zur Hälfte mit Fensterglasscheiben befüllt war. Trotzdem fühlten sich die Insekten hier wohl. „Metall und Glas verbreiten und halten die Wärme, die Ameisen lieben und brauchen“, fasste Reinhold Kern vom Ameisenhegering Miltenberg zusammen.

Er lobte die unentgeltliche Arbeit der Ameisen, die Schädlinge regulieren, den Boden lockern und zur Verbreitung von Pflanzen beitragen. Doch Kern war nicht nur wegen der besonderen Situation in den Landkreis gereist – er prüfte mit der Umsetzung das praktische Wissen der beiden neuen Ameisenhegerinnen.

Neue Heimat auf einem Grundstück des Bund Naturschutzes

Nach und nach wurden Ameisen und Glas getrennt, letzteres wurde vom Landwirt ordnungsgemäß entsorgt. Erstere erreichten in großen Plastikbehältern per Hänger ihre neue Heimat, die auf einem Grundstück des Bund Naturschutz liegt.

Hier, inmitten von Obstbäumen und Wald, versorgt mit ausreichend Sonne und Futter, sollen die Ameisen wachsen und gedeihen. Nach der gelungenen Umsiedlung bescheinigte Reinhold Kern den beiden Ameisenhegerinnen Martina Faber, Rangerin im Naturpark Biosphärenreservat Bayerische Rhön, und Anja Vorndran, Mitarbeiterin am Landratsamt Bad Kissingen, den bestandenen praktischen Teil ihrer Ausbildung.

Die beiden haben damit ihre zweiteilige, umfassende Schulung bei der Ameisenschutzwarte Bayern e. V. in Theorie und Praxis abgeschlossen. Damit sind sie offiziell befähigt, die wertvolle Arbeit zur Erhaltung und Umsiedlung von Waldameisenvölkern durchzuführen. „Ameisen gelten nicht nur als Polizei des Waldes, sie selbst sind auch eine wichtige Nahrungsquelle und ein Leckerbissen für Vögel“, erklärt Martina Faber.

Aufgaben eines Ameisenhegers

Auf den ersten Blick sieht ein Ameisennest, das mehrere Hunderttausend (immer weibliche) Arbeiterinnen samt Königin umfasst, nach Chaos aus. Dieser Eindruck täuscht. „Ameisen sind perfekt organisiert, jede Ameise erfüllt eine bestimmte Aufgabe im Nest oder im Außenbereich, hier ist alles umfassend geregelt“, zeigt sich Vorndran fasziniert.

Neben Umsiedlungen umfasst die Aufgabe der Ameisenheger die Dokumentation und Nachsorge der Nester nach der Umsiedlung, die Hege von bereits bestehenden Ameisennestern, die Identifikation und Kartierung von geschützten Ameisenarten, die Antragstellung für eine Umsiedlung bei der Höheren Naturschutzbehörde und die Beratung im Umgang mit geschützten Ameisenarten.

Die Insekten dürfen nicht selbstständig umgesiedelt oder getötet werden, denn sie fallen unter das Artenschutzrecht. Das unsachgemäße Entfernen oder Zerstören eines Nestes, stellt einen Straftatbestand dar und kann nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) mit einer hohen Geldstrafe geahndet werden.

Antrag für Umsiedlung zwingend nötig

Bevor ein Nest umgesiedelt werden darf, müssen unterschiedliche Fragen geklärt werden: Um welche Ameisenart handelt es sich genau? Wo am Haus oder auf dem Grundstück befindet sich das Nest (Lage)? Warum sollen die Insekten umgesiedelt werden?

Die beste Zeit für eine Ameisenumsiedlung ist im April und Mai. Unbedingt nötig ist eine Antragstellung für eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zur Umsiedlung. Weitere Informationen dazu gibt es bei der Unteren Naturschutzbehörde, Tel. 0971 801-4085. 

Wer sich für eine Ausbildung zum Ameisenheger interessiert, der findet hier Termine für Schulungen: www.ameisenfreunde.de

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