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Wettbewerb
Coburger Ingenieure hoffen auf Preis fürs Globe
Das überspannende System wird aus der Luft eingehoben.Modelleisenbahnfreunde Rödental
Globe-Dach: Das überspannende System wird aus der Luft eingehoben. // Ingenieurgruppe Knörnschild & Kollegen
Signet des Fränkischen Tags von Gabi Bertram
Coburg – Die Coburger Ingenieurgruppe Knörnschild & Kollegen bewirbt sich mit dem Bauprojekt des Globe-Theaters um den Bayerischen Ingenieurpreis.

Preiswürdig ist das neue Rundtheater am Alten Güterbahnhof in Coburg auf jeden Fall. Verantwortlich für den Bau sind Coburger Ingenieure von der Firma Knörnschild & Kollegen, die sich nun mit dem Prestigeobjekt für den Bayerischen Ingenieurspreis bewerben. Derzeit werden die Bewerbungsunterlagen noch einmal gesichtet und ausgefeilt. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Ingenieure den Preis im Visier. Eine Bewerbung aber kann erst eingereicht werden, wenn der Bau vollendet und eingeweiht ist.

Rechnen sich hohe Chancen aus

Der promovierte Bauingenieur Jonas Schmidt, Projektleiter für die Bereiche Tragwerksplanung und Brandschutz beim Projekt Globe, ist zuversichtlich: "Wir haben sehr gute Chancen auf den Bayerischen Ingenieurpreis, weil die Herausforderungen und Schwierigkeiten beim Bau sehr groß waren und die Detaillösungen besonders, in einigen Abschnitten einmalig sind."

Rundbau-Idee von Coburger Studierenden

Jonas Schmidt hat sich mit seinem Team vier Jahre intensiv mit dem Projekt und den Anforderungen eines solchen Baus beschäftigt, hat federführend das Tragwerk entwickelt. Basierend auf der Idee eines runden Theaterbaus, die von den Coburger Studierenden Isabel Stengel und Anders Macht stammt, lehnt sich der Entwurf an das elisabethanische Globe Theatre in London an.

Das Coburger Pendant hat einen Durchmesser von 36 Metern und eine Höhe von 18 Meter und, sagt Schmidt, sei damit in dieser Größenordnung einmalig. Während das Untergeschoss und zwei Treppenhäuser sowie das Kulissenlager aus Stahlbeton bestehen, ist der viergeschossige Hauptbau weitgehend aus Fichtenholz.

Außen- und Innenwände sowie das Dach sind aus Brettsperrholz, die Geschossdecken als Holz-Beton-Verbundkonstruktion ausgeführt. Der Deckenbereich im dritten Obergeschoss ist als unterspanntes System konstruiert. Verbaut wurden insgesamt unter anderem rund 3400 Quadratmeter Brettsperrholz, 400 Kubikmeter Brettschichtholz sowie weitere 2000 Quadratmeter für die Holzfassade.

Parallelen zu Stadiondächern

Die besondere Herausforderung, erklärt Schmidt, habe beim Holztragwerk im Detail gelegen. Auf bereits vorhandene Lösungen oder Lösungsansätze hätte man nicht zurückgreifen können und eigene, speziell auf das Projekt Globe Coburg zugeschnittene Konstruktionen entwickelt. Als Besonderheiten nennt der Projektant das spezielle Druck-Zugring-System, das so ähnlich wie bei Stadiendächern ausgeführt wird. Dabei stützt ein stählerner Druckring unterhalb des Daches die kreisrunde Dachkonstruktion ab, damit leitet damit die Kräfte über Streben von der Dach- in die Deckenebene und von dort in den Zugring ab.

Geometrische Formen

Ein weiteres Highlight ist das unterspannte System, das hohe Träger durch ein filigranes und ressourcenschonendes Tragwerk oberhalb des Zuschauersaals ersetzt. Einmalig in der Geometrie nennt Schmidt die Holz-Beton-Verbunddecke, bei der geometrisch aufwendige Stahlbetonfertigteile auf Brettsperrholzelemente aufgeschraubt wurden.

Verantwortlich zeichnet die Ingenieurgruppe Knörnschild & Kollegen mit Brandschutzexpertin Antje Ziems auch für das eigens für den Coburger Theaterrundbau entwickelte Brandschutzkonzept. Bei diesem Bau aus Holz, so Schmidt, sei das eine besondere Herausforderung gewesen. Für den runden Hauptbau seien die meisten Details individuell hinsichtlich der Kriterien des Feuerwiderstandes entwickelt worden. Dabei habe man die meisten Bauteile auf eine Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten bemessen.

Individualismus statt Standardbauweise

Insgesamt – und das unterstreicht die Meisterleistung der Coburger Bauingenieure – wurden wenig Standarddetails für das Globe und die drei Nebengebäude umgesetzt. Vielmehr sind es viele spezielle und individuelle, auf das Projekt zugeschnittene Detaillösungen, die die Tragwerkskonstruktion auszeichnet und so einmalig macht. Hier, meint Schmidt, habe eines nahtlos ins andere gegriffen, was letztlich den Erfolg ausmacht. Planen, berechnen und konstruieren seien nur die eine Seite der Bearbeitung, die andere sei die Umsetzung auf der Baustelle.

In zahlreichen Vorträgen im In- und Ausland sowie Veröffentlichungen wurde das Bauprojekt bisher vorgestellt und fand allerorts bei den Fachexperten höchste Anerkennung. Wissenschaftler und Fachexperten werden es sein, die in einer Jury über die Vergabe des Bayerischen Ingenieurpreis zu befinden haben. Das Globe dürfte zweifelsfrei hochgradig preisverdächtig sein. Ja, und dieses Resümee zieht der Bauingenieur Jonas Schmidt für sich: „Das Globe Theater in Coburg ist eines meiner bisher anspruchsvollsten und auf jeden Fall das spektakulärste Projekt.“ 

Mehr zum Globe? Alle Artikel rund um den Bau, den Umzug und die Premieren finden Sie in unserem Dossier!

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