Hintergrund Legendärer Auftritt in Coburg Die Comedian Harmonists : Im Jahr 1931 gastierte das legendäre Sextett bei der Gesellschaft der Musikfreunde Coburg. // Musikfreunde Coburg von Jochen Berger TEILEN  23.11.2022 Coburg – Mit einem Revival-Konzert erinnert die Gesellschaft der Musikfreunde an ein Gastspiel der Comedian Harmonists kurz vor der Machtergreifung der Nazis. Kunst findet nicht im luftleeren Raum statt. Das zeigt exemplarisch ein Konzert, das Mitte Oktober 1931 in Coburg zu erleben war. Auf dem Podium im Hofbräusaal: das legendere Sextett Comedian Harmonists. Diese Auftritt rund eineinviertel Jahre vor der Machtergreifung der Nationalsizialisten und die medialen Reaktionen wirken im Rückblick wie eine Zusammenfassung der damaligen politischen Situation. Dieses Konzert von 1931 nimmt die Gesellschaft der Musikfreunde zum Anlass für ein Gastspiel der Berlin Comedian Harmonists am 12. Dezember im Kongresshaus. Ansichten der Hofbräugaststätte, die bis zum ihrem Abriss ein wichtiger Veranstaltungsort in Coburg war. // Sammlung Herold, Initiative Stadtmuseum Coburg Bewusst gesetztes Zeichen der Vielfalt Dieses Ensemble aus Berlin ist seit Anfang des Jahrtausends auf drei Kontinenten unterwegs und präsentiert Lieder ihrer legendären Vorbilder. Bewusst beschränken sich die Künstler nicht darauf, Hits der Comedian Harmonists nachzusingen vom „Kleinen grünen Kaktus“ bis „Veronika, der Lenz ist da“. Sie erzählen vielmehr zudem die Geschichte der Comedian Harmonists und schaffen dadurch einen Rückblick in die Zeit der 20er und 30er Jahre. Konflikte mit dem NSDAP-Oberbürgermeister Auch zur Coburger Stadtgeschichte besteht ein unmittelbarer Bezug. Rudolf Däbritz, Leiter des Gymnasium Casimiranum und damaliger Vorsitzender der Gesellschaft der Musikfreunde, war als erklärter Humanist schon des Öfteren mit den Nationalsozialisten in Konflikt geraten, die sich seit 1929 auf eine Mehrheit im Stadtrat stützen konnten und den Oberbürgermeister stellten. Mit dieser Anzeige in der Coburger Zeitung warb die Gesellschaft der Musikfreunde Coburg im Oktober 1931 für das Gastspiel der Comedian Harmonists. // Musikfreunde Coburg Auftritt im Festsaal des Hofbrauhauses Die Entscheidung der Musikfreunde, neben ihrem klassischen Programm am 17. Oktober 1931 auch dem bekannten Vokalensemble „Comdían Harmonists“ eine Bühne zu geben, ist damit als ein bewusstes Zeichen zur Wahrung der Offenheit und Vielfalt der Kultur zu verstehen. Wie alle Konzerte der Musikfreunde fand der Auftritt in der „Hofbrauhaus- Bierhalle“ statt, im Volksmund als „Bierfestung“ bekannt, eines beliebten Veranstaltungs- und Restaurationsbetriebes mit einem großen Festsaal mit 370 Plätzen. Radio und Schallplatte beflügeln den Aufstieg Die Gruppe hatte sich im Jahre 1928 zusammengefunden und im Laufe des folgenden Jahres die Aufmerksamkeit renommierter Veranstalter erworben. Ihren großen Erfolg verdankte sie auch der rasanten Entwicklung moderner Medien. Am 18. Dezember 1929 waren die Comedian Harmonists erstmals im Radio zu hören. Daneben wurde auch die Schallplatte zu einem wichtigen Element ihres Erfolges. Herablassung und Ablehnung Auf wenig Gegenliebe trafen sie allerdings in den sogenannten nationalen Kreisen, nicht allein wegen ihres Musikstils, sondern auch aufgrund ihrer Biografien. Dort galten sie mit ihren schmissigen Songs nach Vorbild der US-amerikanischen Gruppe „The Revelers“ als typische Vertreter einer seichten und kommerziell orientierten Unterhaltungsmusik. Ein weiterer Grund, ihnen mit Herablassung und Ablehnung zu begegnen, war der jüdische Familienhintergrund von dreien ihrer Mitglieder. Programmzettel für den Auftritt der Comedian Harmonists am 17. Oktober 1931 in Coburg. // Musikfreunde Coburg „Diese kessen Jungens sind eine Sensation“ Unabhängig von der nationalsozialistischen Mehrheit im Stadtrat traf der Auftritt in Coburg jedoch auf eine insgesamt erfreuliche Resonanz in der Lokalpresse. „Nein, ein ,Ereignis’ ist es nicht. Diese kessen Jungens sind eine Sensation.“ So stand es im Coburger Tageblatt vom 19. Oktober 1931 zu lesen, und auch die eher konservativ orientierte Coburger Zeitung ließ es an euphorischem Lob nicht fehlen: „Wohl selten hat eine Künstlerschar eine so starke Anziehungskraft auf das Coburger Publikum ausgeübt wie diese „Sechs„ …“. Auch andere Zeitungen standen dem nicht nach. Polemik der „National-Zeitung“ Die nationalsozialistisch kontrollierte „Coburger National- Zeitung“ sprach allerdings, wie zu erwarten, von jüdischer Kulturzersetzung, die kein anderes Ziel verfolge, als „schnodderigen Kitsch, … gänzlich verbildeten Geschmack … dem Publikum einzuimpfen nach echt jüdischem Muster.“ Das war genau die Art der Diffamierung, die nach 1933 dazu führte, dass die Comedian Harmonists gemeinsame Auftritte nur noch im Ausland abhalten konnten und im Jahre 1935 durch Ausschluss der drei jüdischen Mitglieder aus der Reichskulturkammer zur Selbstauflösung gezwungen waren. Kultur-Tipp Berlin Comedian Harmonist – Montag, 12. Dezember, 19.30 Uhr, Kongresshaus Rosengarten; Veranstalter: Gesellschaft der Musikfreunde Coburg in Zusammenarbeit mit der Initiative Stadtmuseum Coburg . Tickets kosten 30 Euro, für Mitglieder der Musikfreunde 25 Euro, Eintritt frei für Schüler und Studierende; Vorverkauf: Buchhandlung Riemann. Lesen Sie auch Auftritt Mahnende Klänge des Erinnerns Wie das Bennewitz Quartett in Coburg den im Konzentrationslager verstorbenen Komponisten Erwin Schulhoff würdigt. Auftritt Alte Meister - in Coburg neu eingekleidet Wie das Quartett Venerem bei seinem Coburg-Gastspiel Werke zwischen Renaissance und Barock wunderbar frei in die Gegenwart holt.