Nach dem Auftauchen eines Gewaltvideos am Rande des Kulmbacher Altstadtfest häuften sich die Reaktionen von besorgten Bürgern auf unserer Facebook-Seite. Ein Kommentar allerdings bekam besonders viele Likes. Userin Nina Baer-Schuhmacher richtete einen Brief an Oberbürgermeister Ingo Lehmann, mit der Hoffnung: „Vielleicht liest er es ja“.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
ich möchte mich heute mit einem Anliegen an Sie wenden, das mir und vielen anderen Bürgerinnen und Bürgern sehr am Herzen liegt. In letzter Zeit haben wir in unserer Stadt, Kulmbach, das Gefühl, dass die Lebensqualität und die Sicherheit deutlich leiden. Besonders die Atmosphäre bei Festen und Veranstaltungen hat sich verändert, und viele von uns fühlen sich zunehmend unwohl und unsicher.
Es bereitet uns Sorgen, dass wir unsere Kinder und Jugendlichen kaum noch unbeschadet in der Stadt unterwegs sein lassen können. Das Gefühl der Beklemmung wächst, und wir haben den Eindruck, dass die Sicherheitslage sich verschlechtert hat. Es ist frustrierend, wenn wir das Gefühl haben, dass unsere Anliegen und Sorgen öffentlich nur als Einzelfälle abgetan werden.
Wir bitten Sie daher herzlich, sich dieser Problematik anzunehmen und Maßnahmen zu ergreifen, um das Sicherheitsgefühl in unserer Stadt wieder zu stärken. Es ist uns wichtig, dass Kulmbach wieder ein Ort wird, an dem sich alle Bürgerinnen und Bürger sicher und wohlfühlen können.
BR-Leserin bekommt Antwort aus dem Rathaus
Wir haben den Brief an das Rathaus weitergeleitet und um eine Antwort gebeten. Jetzt hat Ingo Lehmann der Userin geantwortet:
Der Brief von OB Lehmann im Wortlaut:
Vielen Dank für Ihre offenen Worte und Ihre ehrliche Rückmeldung. Ich nehme Ihre Sorgen sehr ernst – denn mir liegt ebenso wie Ihnen viel daran, dass Kulmbach eine lebenswerte und sichere Stadt bleibt, in der sich alle wohlfühlen können.
Die Vorfälle der vergangenen Zeit haben viele Menschen in Kulmbach beunruhigt. Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Gerade deshalb war es mir wichtig, nicht abzuwarten, sondern gemeinsam mit der Stadtverwaltung und der Polizei zügig zu handeln.
Wir haben in enger Abstimmung ein Maßnahmenpaket geschnürt, das kurzfristig greifen soll, aber auch langfristige Perspektiven bietet. Dazu zählen unter anderem neue Regelungen im Umgang mit gefährlichen Gegenständen, verstärkte Sicherheitsmaßnahmen bei Großveranstaltungen und klarere rechtliche Grundlagen für Alkoholverbote auf öffentlichen Flächen. Gleichzeitig wollen wir durch die Wiedereinführung von Streetworkern gezielt auf junge Menschen zugehen, die sich dauerhaft im öffentlichen Raum aufhalten und deren Lebenssituation oft mit vielen Herausforderungen verbunden ist.
Ich kann Ihnen versichern, dass unsere Polizei unter Hochdruck arbeitet und derartige Vorfälle sehr ernst nimmt. Auch mir und meiner Verwaltung ist selbstverständlich daran gelegen, ein Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten. Zugleich muss ich aber auch in aller Deutlichkeit darauf hinweisen, dass unsere Möglichkeiten als Kommune nur sehr begrenzt sind. Mit den jetzt auf den Weg gebrachten Maßnahmen ermöglichen wir aber beispielsweise unserer Polizei intensivere Kontrollen und geben Ihr mehr Handlungsspielraum.
Mir ist es wichtig, dass sich in Kulmbach niemand aus Angst oder Unsicherheit zurückzieht – weder von unseren Festen noch vom öffentlichen Leben. Sicherheit entsteht nicht allein durch Verbote, sondern vor allem durch das Gefühl, dass man sich aufeinander verlassen kann. Dafür braucht es klare Regeln, ein gutes Miteinander und eine Verwaltung, die entschlossen und verantwortungsvoll handelt.
Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen und für Ihren Beitrag zu einem offenen und ehrlichen Dialog. Kulmbach ist unsere gemeinsame Stadt – und wir alle tragen Verantwortung dafür, dass sie ein guter Ort für alle bleibt.
Ihr
Ingo Lehmann
Maßnahmen sollen Kulmbach sicherer machen
Bereits am Mittwoch hatte die Stadt das von Ingo Lehmann erwähnte Maßnahmenpaket vorgestellt. Darin soll es neben den im Brief erwähnten Streetworkern auch darum gehen, die Innenstadt durch Waffen- und Alkoholverbotszonen sicherer zu machen. Die Maßnahmen sollen schnellstmöglich in Kraft treten.