80 Jahre CSU Steht die CSU so stark unter Druck wie nie? Die CSU steht unter Druck - noch nie musste sie im bürgerlich-konservativen Lager rechts der Mitte mit mehr Konkurrenz klarkommen als derzeit. (Illustration) // picture alliance / dpa Politikwissenschaftlerin Ursula Münch sieht nicht nur die CSU unter Druck - die gesamte Union sei durch die AfD herausgefordert wie nie. (Archivbild) // Ursula Düren/dpa CSU-Chef Söder sieht die Demokratie in Gefahr - die AfD zu stoppen sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die CSU ein konservatives Bollwerk gegen radikale Kräfte. (Archivbild) // Peter Kneffel/dpa von dpa TEILEN  vor 3 Stunden München – Die CSU feiert ihren 80. Geburtstag. Doch so richtig in Feierlaune ist die Partei nicht - zu groß sind die politischen Herausforderungen. Auch wegen eines Gegners ganz rechts außen. Artikel anhören Sie können uns nicht hören? Diese Funktion können Sie exklusiv mit PLUS nutzen. Erhalten Sie uneingeschränkten Zugriff auf alle Audioinhalte, Artikel und vieles mehr. Vorlesefunktion freischalten Bereits -Zugriff? Jetzt Anmelden Kämpfe und Krisen hat die CSU seit ihrer Gründung 1945 mehr als genug erlebt. Immer wieder musste sie sich oft harten Debatten und Kampagnen mit politischen Mitbewerbern stellen. Insbesondere Auseinandersetzungen mit anderen konservativen Parteien rechts der Mitte spielten eine entscheidende Rolle bei der Identitätsbildung der CSU. Heute ist die CSU zwar unstreitig die dominierende Partei in Bayern - zur Wahrheit gehört aber auch: Im Jahr 2025, zu ihrem 80. Geburtstag, steht die CSU so stark unter Druck wie selten zuvor. «Nicht nur die CSU, die gesamte Union ist offensichtlich unter massivem Druck», fasst Politikwissenschaftlerin Ursula Münch von der Akademie für Politische Bildung am Starnberger See die Lage zusammen. Auch wenn die CSU sich - anders als die CDU in Ostdeutschland - nicht so große Sorgen um die AfD machen müsse, habe sie ebenfalls enorme Probleme. «Die Stärke der AfD auch in Bayern hat die CSU nicht mal selbst zu verantworten, dennoch wird sie zunehmend für sie zum Problem.» Söder sieht gesamte Demokratie wegen AfD unter Druck Für CSU-Chef Markus Söder ist aber nicht nur die CSU unter Druck: «Die Demokratie insgesamt steht unter Druck. Die AfD ist in ganz Deutschland die vielleicht größte Herausforderung für die Demokratie.» Der CSU weist Söder im Kampf gegen die AfD eine entscheidende Rolle zu: Sie sei als mit Abstand noch stärkste konservative Kraft das Bollwerk gegen die Machtübernahme radikaler Kräfte. «In der Weimarer Zeit haben am Ende die Radikalen gewonnen, weil man sie gewähren ließ. Die Lehre daraus ist: Wir müssen als Demokraten in den Nahkampf gehen und die AfD stellen.» Für die CSU als Regierungspartei ist es - so Münch - aber ein bedenkliches Zeichen, wenn aus Unzufriedenheit mit Regierungsarbeit Wähler zur AfD abwanderten. Das gelte für den Bund wie für Bayern. Dabei habe die CSU - anders als andere konservative Parteien - seit Jahren selbst gar nicht so viel an die AfD verloren. In Bayern verliere aber etwa die Regierungsmehrheit mit den Freien Wählern Zustimmung, weil der Koalitionspartner in Umfragen verloren habe. Strauß-Leitsatz über Parteien rechts der CSU gilt nicht mehr Fakt ist, dass der einst von CSU-Ikone Franz Josef Strauß vorgegebene Leitsatz «Rechts von der CDU/CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben» nicht mehr gilt. Während sich die CSU in früheren Jahren gegen Angriffe von rechts - etwa gegen die Republikaner in den 1980er-Jahren oder in den 1950er- und 1960er-Jahren gegen die Bayernpartei - derart erwehren konnte, dass die Konkurrenz in der Bedeutungslosigkeit verschwand, erscheint diese Lösung bei der AfD selbst für Optimisten als völlig aussichtslos. Und nicht nur das: Mit den Freien Wählern muss die CSU in Bayern seit Jahren mit einer anderen konservativen Partei regieren. Zwischenzeitlich hatte die Partei von Hubert Aiwanger auch auf den Einzug in den Bundestag gehofft. Nachdem dieses Vorhaben im Februar bei der Wahl erneut krachend gescheitert war, ist die Stimmung in der Bayern-Koalition wieder ruhiger. Spätestens im Kommunalwahlkampf Anfang 2026 dürfte sich das wieder ändern. Zeiten der absoluten Mehrheiten sind lange vorbei Die Zeiten, in denen die CSU dank absoluter Mehrheiten alleine regieren konnte, sind lange vorbei. Mehr noch, in der Partei rechnet - anders als vor einigen Jahren - wegen der AfD und der Freien Wähler auch niemand mehr mit derartigen Ergebnissen. In Umfragen ist die AfD in Bayern mit annähernd 20 Prozent längst zweitstärkste Kraft - in einigen Ost-Bundesländern erreicht sie bereits 40 Prozent, bundesweit liefert sie sich mit bis zu 27 Prozent ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Union. Söder setzt auf Optimismus und Popularität Dabei sei die Verteidigung der Demokratie «eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung», sagt Söder. Die CSU setze auf klare Standpunkte, klare Themen, klare Wortwahl, auf Präsenz. «Wir stellen dem Defätismus Optimismus entgegen. Das gelingt uns sehr gut. Wir müssen in Akademien wie in Bierzelten bestehen. Nicht populistisch, aber populär.» Zu Söders Strategie gehört auch eine aufwendige Performance in sozialen Netzwerken. Mit einer Mischung aus Unterhaltung - etwa selbst gesungenen Wiesn-Hits oder Fotos seines Mittagessens - und politischen Botschaften erreicht er Millionen von Menschen. Dies ruft umgekehrt aber auch immer wieder Kritik auch aus der CSU hervor. Rufen nach einer engeren Zusammenarbeit mit der AfD erteilt Söder regelmäßig klare Absagen - dies würde die Union zerstören, warnt er. «In anderen Ländern gibt es kaum noch konservative Parteien. Sie wurden von ultrarechten Parteien marginalisiert oder waren Steigbügelhalter radikaler Kräfte.» In Österreich sei die FPÖ bereits die stärkste Arbeitnehmerpartei, in Bayern liege die AfD hinter der CSU schon auf Rang zwei. Aggressive Rhetorik versus klare Werte Laut Münch ist der Kampf gegen die AfD für die CSU auch deshalb besonders schwierig, weil sie beispielsweise in den sozialen Netzen nicht mit der gleichen aggressiven Rhetorik zurückschlagen könne, wie sie angegriffen werde. Söder sieht das weniger als Problem: «Man kann auch erfolgreich gegen die AfD sein, wenn man andere Waffen und Argumente wählt als sie selbst. Wir brauchen klare Werte, einen klaren Kompass und keinerlei Kooperation.» Umgekehrt versucht die CSU aber auch, der AfD Positionen wegzunehmen, indem sie genannte «Probleme» zu lösen versucht. Dies zeigt sich an der Migrationsfrage, wo die CSU seit Jahren einen immer härteren Kurs fährt. Unionsintern derzeit nur Friede, Freude, Eierkuchen? Anders als in früheren Jahren ist die Stimmung innerhalb der Union so gut und klar geregelt wie schon lange nicht. Seit Friedrich Merz in der CDU das Zepter übernommen hat, gibt es bei den Unionsschwesterparteien scheinbar nur noch Friede, Freude, Eierkuchen. Natürlich gibt es auch hier weiterhin unterschiedliche Meinungen - diese werden aber anders als etwa im jahrelangen Asylstreit, bei der Kanzlerkandidatenkür 2021 ober beim Kreuther Trennungsbeschluss 1976 nicht mehr auf offener Bühne ausgetragen. Obwohl jedoch die Asylzahlen schon länger sinken, profitieren CSU und CDU davon in Umfragen wenig bis kaum. «Wir sind mittendrin auf dem Weg der Lösung. Nach der Sicherung der Grenze braucht es jetzt verstärkt Rückführungen», betont Söder dennoch. Generell gelte: «Wir müssen gut und stark regieren und weniger in der Koalition streiten. Und wir dürfen nicht an den Erwartungen der Bevölkerung vorbei regieren.» AfD besetzt längst auch Themen abseits Migration erfolgreich Für Münch ist dies aber auch ein klares Indiz dafür, dass die AfD längst auch andere Themen erfolgreich besetzt. Hinzu komme, dass die Menschen wegen der wirtschaftlichen Misere frustriert seien. Ein Stimmungswechsel zulasten der AfD sei nur erreichbar, wenn es mit der Wirtschaft wieder bergauf gehe.