EU
EU will sich gegen Desinformation wappnen
Soziale Medien spielen eine große Rolle bei der Verbreitung von falschen Informationen.
Soziale Medien spielen eine große Rolle bei der Verbreitung von falschen Informationen.
F. Gutierrez-Juarez, dpa
Katrin Pribyl von Katrin Pribyl Fränkischer Tag
Straßburg – Vor allem über Soziale Medien verbreitet Moskau seine Propaganda. Die Europäische Union reagiert jetzt darauf.

Monatelang entwarf Moskau das Schreckensbild, nach dem in der Region Donbass Zivilisten gefoltert würden, nach dem es Massenmorde und einen Genozid an Russen gebe. Diese und weitere Behauptungen sollten als Rechtfertigung für das Eindringen in die Ukraine dienen und waren Teil einer Desinformationskampagne, die die militärischen Aktionen begleitete und weiterhin begleitet. Es ist nur ein Beispiel für Moskaus Propaganda- und Fake-News-Maschinerie. Aus der bedient sich Russland seit vielen Jahren, auch für Attacken auf die Europäische Union und deren Bürger.

Die Gemeinschaft hat der fein orchestrierten Desinformation der Öffentlichkeit und der vom Kreml oder anderen autoritären Staaten gestreuten Verunsicherung im Internet bislang wenig entgegenzusetzen. Doch das soll sich ändern. Ein Sonderausschuss des Europäischen Parlaments hat fast zwei Jahre lang untersucht, wie die ausländischen Akteure vorgehen und welche Einfallstore die EU bietet. Entstanden ist neben einem Forderungskatalog mit Empfehlungen, der am heutigen Mittwoch in Straßburg verabschiedet werden soll, auch eine Diagnose.

Mangelndes Bewusstsein

In der Öffentlichkeit sei das Bewusstsein darüber niedrig, „wie tief Desinformation schon in die Gesellschaften eingesickert ist“, sagte die grüne Europaabgeordnete Viola von Cramon, die für ihre Fraktion Zuständige für den Ausschussbericht. Die Defizite im EU-Apparat müsste man schließen mit einer rechtlichen Grundlage, aber auch einer besseren finanziellen Ausstattung sowie mehr Institutionen, die professionell auf das Problem vorbereitet sind. Die EU brauche „einen Schutzschild“ gegen diejenigen, „die durch eine Einflussnahme aus dem Ausland die Europäer einer Gehirnwäsche unterziehen und sie manipulieren wollen“, sagte die lettische Politikerin Sandra Kalniete. Zu den Empfehlungen gehört, ein EU-einheitliches Regelwerk zu schaffen.

Man habe innerhalb der EU zu lange geglaubt, man hätte keine Feinde, monierte der Leiter des Ausschusses, Raphaël Glucksmann. Die Brüsseler Blase habe diesen Mythos gepflegt, aber: „Wenn man das glaubt, hat man auch keinen Grund, eine Sicherheitskultur zu entwickeln.“

Viola von Cramon verweist neben Russland auch auf China, dessen Desinformation „viel diffiziler und sehr systematisch“ geworden sei in den letzten Jahren – und deshalb „auch sehr gefährlich“. So könne man etwa auf dem Westbalkan beobachten, wie in verschiedenen Ländern Chinesen regionale Zeitungen aufkaufen oder eigene Blätter und Plattformen gründen, dann Meinungsartikel schreiben, Werbung für China machen oder verbieten, über gewisse Themen zu berichten. „Es wird immer schwieriger, eine China-kritische Berichterstattung aufrechtzuerhalten“, so die Parlamentarierin. Das könne dazu führen, dass Politiker unter Druck geraten, wenn sie über Investmententscheidungen abstimmen müssen, wie beispielsweise Volksvertreter in Bosnien und Herzegowina beklagten.

Einheitliche Regeln gefordert

Eine große Rolle spielen dem Bericht zufolge Soziale Medien. Die Europa-Parlamentarierin Sabine Verheyen (CDU), ebenfalls Mitglied des Sonderausschusses, bezeichnete sie als „Verteilmaschine nicht nur für ausländische Propaganda“. Deshalb brauche man „Transparenzstandards dafür, wie Desinformation erkannt und wann sie gelöscht werden muss“. Bisher gebe es einen Flickenteppich an nationalen Regelungen, kritisierte sie. „Das macht es für Akteure von außen leicht, radikale Parteien in der EU zu finanzieren.“ Der Bericht fordert deshalb ein einheitliches Regelwerk.

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