Künstlerin mit 94 Jahren Ein Gespräch mit Forchheims Grande Dame der Ölmalerei Die Forchheimer Malerin Gerda Poiger mit einem ihrer Gemälde // Liliana Wopkes von Liliana Wopkes TEILEN  23.04.2024 Forchheim – Ein Leben ohne das Malen ist für Gerda Poiger unvorstellbar, auch mit 94 Jahren. Die Künstlerin im Gespräch über das Malen und den Blick auf das eigene Leben. Es führen viele Treppenstufen zu Gerda Poigers Wohnung, also schnaubt man sich verwundert nach oben in der Gewissheit, den Fahrstuhl übersehen zu haben. Denn hier müsste die 94-jährige Gastgeberin schließlich täglich rauf und runter gehen, oder nicht? Den Weg zur Wohnung der Malerin weisen an den Wänden des Treppenhauses Bilder, die ihre Handschrift tragen. Gerda Poiger wartet in der geöffneten Wohnungstür. Sie sieht durchaus so aus, als würde sie jeden Tag diese Treppe in Angriff nehmen, ohne sich groß zu beklagen. Die gemütliche, großzügig geschnittene Wohnung macht keinen Hehl daraus, dass hier nach wie vor gemalt wird. Von Vergangenem erzählen, sorgfältig aufgeräumt, unzählige Bilder zum Teil jahrzehntealte Geschichten vom Alltag, den Gedanken und Reflexionen der Malerin. Mit 94 Jahren kann Poiger nicht mehr so malen wir früher, bleiben lassen kann sie es aber nicht Ist das Malen für sie jetzt, im hohen Alter, Erholung oder Notwendigkeit? „Beides“, sagt Gerda Poiger. „Aber ich male nicht mehr so kontinuierlich wie früher.“ Überhaupt sei alles, was sie tut „ein bisschen kürzer. Ich kann nur noch eine halbe Stunde lesen, ähnlich ist es beim Malen.“ Die Malerin spricht mit einer eindrucksvoll nüchternen Akzeptanz von dem, was mit 94 Jahren noch möglich ist. Es ist so, wie es eben ist. Gerda Poiger blickt mit 94 Jahren auf ihr Leben zurück. // Liliana Wopkes Wie war früher das Malen? „Da konnte ich spontan den ganzen Vormittag malen, bis die Suppe angebrannt ist“, lacht sie. Zeit und Raum waren dann vergessen. Jetzt ginge vieles „über den Kopf. Das Spontane, die Impulsivität fehlt mir ein bisschen“. Das Malen braucht Poiger wie die Luft zum Atmen Das Malen gehört zu Gerda Poigers Leben wie das Essen und Trinken, vielleicht wie die Luft zum Atmen. Gerade in Zeiten großer Anspannung ist ihr Bedürfnis groß, vor der Staffelei zu sitzen und zu malen. Sie weiß heute noch genau, wann das Leben sie gezwungen hat, darauf zu verzichten. Wann nur ein verstohlenes Bild hie und da entstehen konnte. Als die Tochter klein und die eigene Mutter an Krebs erkrankt war zum Beispiel, der Beruf dabei natürlich nicht auf später verschoben werden konnte. Wie fing das Malen an? „Der Vater hat recht gute Sachen gemacht, Aquarelle“, erzählt sie. Die kleine Gerda eifert ihm nach. Das Mädchen ist gut in der Schule, mit 19 Jahren hat die junge Frau bereits das erste Staatsexamen bestanden und arbeitet als Lehrerin. Irgendwann, Ende der 50er-Jahre, hat sie einen neuen Nachbarn, den Künstler und Kunsterzieher Hans Dreßel. „Besonders einschneidend“ nennt Poiger die Begegnung mit dem Mann, der Forchheim einen markanten künstlerischen Stempel aufgedrückt hat und der ihr Freund werden sollte. Bei ihm lernt sie die Ölmalerei: „Dort hab ich gesessen, meistens abends, habe ein Glas Rotwein getrunken, mich unterhalten – und gelernt“. Ab dem Zeitpunkt malt sie nur noch in Öl. Ihr Leben lang wird ihr die Arbeit an der Staffelei Ruhe und Entspannung schenken. Wenn Gerda Poiger von ihrem Leben erzählt, scheint es ein Wimpernschlag gewesen zu sein – der Beruf, die Tochter, das Malen, Glück und Katastrophen. Seit unglaublichen dreißig Jahren ist die Lehrerin in Rente. „Das Schöne im Alter“, meint sie, „ist, dass man über alles nachdenken kann.“ Ihr Leben könne sie erst jetzt angemessener bewerten. Offenbar ermöglicht uns nur die Distanz, vermeintlich Gutes in unserem Leben letzten Endes als flüchtig und so manche angebliche Katastrophe als Glücksfall zu erkennen. Lesen Sie auch: Neuer Küchenchef für die Post Lieber Schäuferla statt Sterneküche Der Traditionsgasthof in Egloffstein steht kurz vor ihrer Wiedereröffnung mit einem völlig neuen Team und Konzept. Was den neuen Küchenchef dazu bewegt, seine Sterneküche in München gegen den Traditionsgasthof zu tauschen? Wir haben ihn getroffen. Mit Geschenk nach Rom Ein Schmied aus Wiesenttal ist auf dem Weg zum Papst Der Haager Schmied Hubert Hunstein macht sich Ende April auf den Weg in die Heilige Stadt. Im Gepäck hat er seinen Schmiedehammer und das Kreuz von Muggendorf im Kleinformat, das er dem Papst übergeben will. Er spielt den Jedermann Auf einen Kaffee mit Benjamin Bochmann Der Schauspieler Benjamin Bochmann probt zurzeit für Auftritte in Bamberg und Forchheim, blickt dabei Kunigunde und Jedermann in die Seele. Was bewegt Bochmann selbst?