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Sammler aufgepasst!
Der Grüne Knollenblätterpilz kann leicht verwechselt werden
Von blassgrün bis weiß sind die Hüte der Exemplare, die Hans Krautblatter gesammelt hat.
Von blassgrün bis weiß sind die Hüte der Exemplare, die Hans Krautblatter gesammelt hat. // Bernhard Panzer
Höchstadt a. d. Aisch – Der Biologe Hans Krautblatter warnt Pilzsammler vor dem Grünen Knollenblätterpilz. Das tödlich giftige Gewächs tritt häufig auf und kann leicht mit essbaren Pilzen verwechselt werden.

Hans Krautblatter kann sich noch genau erinnern. Es war eine dieser Pilzexkursionen, die der Höchstadter Biologe gerne mit anderen Mykologen unternimmt. Es war Mitte August, irgendwann in den 1990er Jahren, irgendwo in Franken. Damals fiel eine unglaubliche Massenansammlung an Grünen Knollenblätterpilzen auf. Im gleichen Sommer füllte eine Nachricht die Schlagzeilen: Eine Pilzvergiftung hatte eine ganze Familie ausgelöscht.

Entdeckung beunruhigt den Experten

Der Höchstadter Biologe ist häufig in den Wäldern. Im Sommer 2023 tauchte der Grüne Knollenblätterpilz, der als der giftigste seiner Art gilt, wieder einmal in Massen auf. Auf einer Fläche, nur so groß wie ein Zimmer, habe er um die 50 Exemplare gezählt. Deshalb warnt der Experte. Denn leider könne man den tödlich giftigen Pilz mit dem Champignon verwechseln, sagt Krautblatter.

Tückisch: Die Hüte bleichen aus

Der Grüne Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) findet in den fränkischen Wäldern immer wieder mal paradiesische Voraussetzungen für ein kräftiges Wachstum. Wenn es warm und ausreichend feucht ist, ist genau der richtige Zeitpunkt für den Grünen Knollenblätterpilz. 

Wichtiges Merkmal des Grünen Knollenblätterpilzes: die Knolle. Die haben Champignons nicht.
Wichtiges Merkmal des Grünen Knollenblätterpilzes: die Knolle. Die haben Champignons nicht. // Bernhard Panzer

Was ist es aber, das den Pilz, dessen Verzehr schon in geringen Mengen tödlich verlaufen kann, so heimtückisch macht? Man müsste doch annehmen, dass die kräftige grüne Farbe des Hutes auch leichtsinnige Sammler abschreckt. Leider ist es laut Krautblatter aber so, dass das Grün mit den Tagen verblasst, bis der Hut nahezu weiß wird. Und dann wird das Auge schnell getäuscht: Der todbringende Wulstling erscheint wie ein harmloser Zeitgenosse. Zudem riecht er auch noch angenehm und soll sogar gut schmecken. Das allerdings nur einmal: Denn schon ein einziges Exemplar trägt genügend tödliches Gift in sich, um einen Mensch zu töten.

Knolle und weiße Sporen 

Wie aber kann man den Grünen Knollenblätterpilz von anderen, genießbaren Pilzen unterscheiden? Der Höchstadter Experte rät bei Pilzen mit Lamellen dazu, den Stiel nicht abzuschneiden, sondern aus dem Boden zu drehen. Beim Knollenblätterpilz taucht dann die Knolle auf – ein für ihn typisches Merkmal.

Mit einem Champignon unverwechselbar ist auch die Farbe der Sporen, die beim Giftpilz immer Weiß ist. Man kann die Probe aufs Exempel machen: Den Hut über Nacht, mit den Lamellen nach unten, auf ein Blatt Papier legen und anderntags taucht weißes Sporenpulver auf. Beim Champignon, so Krautblatter, ist es braun.


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Pilzberater helfen weiter

Freilich legt der Kenner den Sammlern vor allem ein Vorgehen ans Herz: Man sollte ausschließlich diejenigen Pilze ernten, bei denen man sich hundertprozentig sicher ist. Das setzt eine gewisse Erfahrung voraus, wozu auch Pilzbestimmungen beitragen, wie sie bei Pilzberatern möglich sind. Der Höchstadter Biologe ist selber als solcher tätig.

50 Jahre sind es bestimmt, die er den Sammlern in die Körbe schaut, damit diese bedenkenlos ihre Ernte mit nach Hause nehmen können. Und die Menschen kommen gerne und zahlreich. Manchmal denke er, er müsste – wie ein Arzt – eine feste Sprechstunde einrichten, sagt Krautblatter. 

Gefahr am Kindergarten

Wie dieser Job Leben retten kann, verdeutlicht der Höchstadter an einem Beispiel. Da habe eine Mutter tatsächlich mal einen grünen Knollenblätterpilz vorbeigebracht und gesagt, dass im Umfeld eines Kindergartens viele solcher Pilze stehen würden. Da war dann schnelles Handeln erforderlich. Gefunden wurden dann um die 30 Exemplare.

Man hat damals zur Sicherheit auch den Boden ausgetauscht. Warum der Grüne Knollenblätterpilz, der zur Gattung der Wulstlinge zählt, manchmal massenhaft vorkommt, dafür hat Krautblatter keine wissenschaftliche Erklärung. Der Pilz mag warme Sommer. Vielleicht spielt also auch der Klimawandel eine Rolle, so wie bei anderen Pflanzen und Tieren auch.

Vergiftungen durch den Grünen Knollenblätterpilz treten erst sehr spät nach dem Verzehr auf. Diese außergewöhnlich lange Latenzzeit macht sie so heimtückisch. Außerdem enthält der Grüne Knollenblätterpilz gleich zwei Gifte, von denen eines hitzebeständig ist. Der Verzehr führt somit trotz Erwärmung zu einer Vergiftung. Bereits 50 Gramm eines frischen Pilzes können für Menschen tödlich sein.

Vorgehen bei einer Vergiftung

Das Intoxikationsgeschehen durch den Grünen Knollenblätterpilz läuft in drei Phasen ab. 

  1. In der ersten Stufe kommt es zu den typischen Vergiftungserscheinungen durch einen Pilz. Diese sind unstillbares Erbrechen, choleraartige Durchfälle, Kopfschmerzen und starke Bauchschmerzen. Diese treten meist in einer Zeitspanne von vier bis 24 Stunden nach dem Verzehr auf.
  2. In der zweiten Phase scheint man sich zwei bis vier Tage lang zu erholen. „Eben diese Phase, in der man denkt, alles sei gut, ist besonders heimtückisch“, sagt Stefan Fischer von der Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Mykologie. Der Begriff Mykologie bezeichnet die Wissenschaft der Pilze.
  3. Die dritte Phase einer Vergiftung durch den Grünen Knollenblätterpilz kennzeichnet primär das Versagen der Leber. Durch das Gift des Pilzes, das nach dem Verzehr in die Blutbahn gelangt, werden die Leberzellen abgetötet. Daher kann ab diesem Punkt nur noch eine Lebertransplantation helfen. „Die Überlebenschancen liegen hier jedoch nur noch bei 40 bis 45 Prozent“, sagt Fischer. Das Gift im Blut kann durch das Medikament Silibyn gestoppt werden.

Sofort Giftnotruf wählen

Sollte nach einer Pilzmahlzeit eines der besagten Symptome auftreten, sollte sofort der Giftnotruf und in lebensbedrohlichen Fällen auch der Notruf gewählt werden. Zudem wird empfohlen, Reste der Pilze aufzuheben, sodass Experten die Pilzart erkennen und Ärzte entsprechend handeln können. Dennoch kann eine Vergiftung mit dem Grünen Knollenblätterpilz nach drei bis zehn Tagen zu Koma, Multiorganversagen und zum Tod führen.

Wer sich beim Sammeln der Pilze unsicher ist, kann seinen Fund bei Pilzsachverständigen auf giftige Exemplare untersuchen lassen. Der Grüne Knollenblätterpilz ist verantwortlich für 90 Prozent der tödlichen Vergiftungen durch Pilze in Deutschland.

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