Urteil
Woher kamen die Drogen?
Druckverschlusstüten sind nach Ansicht des Gerichts typisch für Drogengeschäfte.
Druckverschlusstüten sind nach Ansicht des Gerichts typisch für Drogengeschäfte.
Daniel Karmann/dpa/Archiv
Matthias Einwag2 von Matthias Einwag Fränkischer Tag
Lichtenfels – Mit der Telefonüberwachung hatte der Angeklagte nicht gerechnet.

Für einen Moment schien der Angeklagte zu etwas durchblicken zu lassen. Zu dem Umstand nämlich, dass er mit einer Sache nicht gerechnet hatte: Telefonüberwachung. Es ging am Mittwoch um das Handeltreiben mit der Droge Crystal und einen Mann, der nicht ganz so harmlos zu sein schien, wie er wirkte.

Manchmal lächelte der neben Rechtsanwalt Peter Christ sitzende 41-jährige Mann aus dem Coburger Landkreis. Beispielsweise in dem Moment, in dem Richter Mario Geyer die von der Polizei mitgeschnittenen Dialoge verlas, die im März des vergangenen Jahres über Telefon stattfanden und zwischen ihm, dem Angeklagten, sowie einer vermuteten Kundin geführt wurden. Kein Wort von Crystal, kein Wort von Drogen. Stattdessen Kurzangebundenes um Zeiten möglicher Treffen. Und genau das, so Staatsanwältin Julia Schmidt später in ihrem Plädoyer, sei ja gerade typisch für Drogengeschäfte am Telefon.

Crystal im Toilettenspülkasten

Doch eigentlich ging es um ein Geschehen im April 2022. Da nämlich bekam der Mann Besuch von der Polizei, die als ersten Ort in seiner damaligen Lichtenfelser Wohnung den Toilettenspülkasten aufsuchte. Was sie in ihm fand, waren etwas mehr als sieben Gramm Crystal. Dass diese zum Weiterverkauf bestimmt waren, davon zeigte sich Staatsanwältin Schmidt überzeugt. Der Angeklagte hingegen gab sich ahnungslos. „Ich weiß nicht, wo das herkommt (…) und weiß nicht, was das für Zeug ist“, so der derzeit arbeitslose Mann. „Haben Sie oft Besuch?“, erkundigte sich Richter Mario Geyer, darauf anspielend, ob das Crystal womöglich untergeschoben worden sein könnte. Das suchte der Gefragte für möglich zu halten. Doch was außerdem in seiner Wohnung gefunden wurde und als Indiz für Drogengeschäfte gilt, waren ungewöhnlich viele Druckverschlusstüten. Wirklich wesentlich für die Betrachtung des Falles sollte die Zeugenaussage eines Kripo-Beamten werden, wonach auf den Angeklagten eine Informantin angesetzt wurde. Diese näherte sich um Ware anfragend dem Angeklagten und irgendwann kam es zum Durchsuchungsbeschluss.

Drogen, Diebstahl, Betrug

Erhellend auch das Vorstrafenregister des Angeklagten. Es sprach von neun Einträgen, drei davon lauteten auf erhebliche Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Der Rest drehte sich um Diebstahl, Betrug oder fahrlässige Trunkenheit im Verkehr. Verurteilungen inklusive. Er selbst, das gab er zu, habe vor einem Jahr letztmals selbst zu Suchtmitteln gegriffen. Sein Bewährungshelfer brachte vor den Plädoyers zur Sprache, dass sein Klient eben wegen seiner Abstinenz auch Depressionsphasen habe. Zudem befürwortete er eine Langzeittherapie, „um wieder unter anderem einen Lebensinhalt zu finden“.

Staatsanwältin Schmidt plädierte für eine „noch angemessene Geldstrafe“, auch weil der Wirkstoffgehalt des gefundenen Crystal nicht so hoch war, die geführten Gespräche und die Druckverschlusstüten aber sehr wohl eine überdeutliche Sprache sprächen. Die Geldstrafe, die Schmidt für angemessen hielt, lag bei 1800 Euro.

„Absolute Kleinstmenge“

Rechtsanwalt Christ hielt dem die Forderung nach Freispruch entgegen. Denn was gefunden wurde, sei eine „absolute Kleinstmenge“ gewesen, 14 Prozent von dem, was als nicht geringe Menge gilt. In seinem Urteil verhängte Geyer genau diese Geldstrafenhöhe. Er befand den einstigen Lichtenfelser für eindeutig schuldig. „Sie sagen, Sie wissen nicht, wo das Crystal herkam – das glaube ich Ihnen nicht.“ Auf die Telefonkommunikation zu sprechen kommend, legte Geyer dar, dass die verkürzte Art und Weise „typisch für Leute ist, die der Drogenszene angehören“.

 

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