Mit einem dreifach donnernden „Bad Kissingen Helau, Fidelia Reiterswiesen Helau, BTC-Garitz Helau“ eröffneten die zwei Faschingsvereine aus den Stadtteilen die Faschingssession 2023/24. Sechs Garden und zwei Elferräte waren vor dem Rathaus aufmarschiert, um mit Kanonenschuss und karnevalistischen Versen von Oberbürgermeister Dirk Vogel (SPD) sowohl den Schlüssel zur Stadt als auch die kaum gefüllte Stadtkasse einzufordern.
Machtübernahme bis Aschermittwoch
Der 11. November um 11.11 Uhr ist für die Karnevalsfreunde das Maß aller Dinge, denn dann beginnt nicht nur in den rheinischen Hochburgen die närrische Zeit. Bad Kissingen steht dem närrischen Treiben in nichts nach. Verantwortlich hierfür sind der Biertümpel-Club (BTC) Garitz und die Fidelia aus Reiterswiesen. Ziel des Rathaussturms ist die feindliche Übernahme und vehement werden Schlüssel und Stadtkasse eingefordert, um wenigstens bis zum Aschermittwoch die Kontrolle zu haben. Und so rotten man sich auf dem Marktplatz zusammen, wobei alles im sehr gesitteten Rahmen abläuft – hier ein Bierchen, da ein freundliches Hallo, dort die Garden in ihren Kostümen und der Elferrat im Smoking sowie mit Narrenkappe.
Am Marktplatz sind die Vertreter der Faschingsgesellschaften die Hingucker für Einheimische und Gäste und dabei noch beliebtes Fotomotiv. Das Lächeln gehört zum Standardrepertoire eines Gardemädchens, ebenso wie die Hand auf der Hüfte und der zackige Paradeschritt auf dem Weg zum Rathaus.
Spott für neue Plätze und Fußgängerzone
An der Spitze des Zuges marschierte das Jugendmusikkorps der Stadt Bad Kissingen in ihren Grenadiers-Uniformen. Es folgten die Reiterswiesener Prinzengarde, die „Blauen Husaren“, die Linsenspitzer Garde und die Mini-Garde sowie die Prinzengarde und die Mini-Garde aus Garitz. Nicht nur die rund 80 Mädchen und jungen Frauen, sondern auch die Elferräte winkten den Zuschauern zu und vielfache Helau-Rufe erklangen auf dem Weg zum Rathausplatz.
Dort warteten das Stadtoberhaupt und auch einige Stadträte, um nach Wild-West-Manier das Neue Rathaus zu verteidigen. Während sich die Stadträte in mehr oder weniger wilden Kostümen mit Cowboy-Hut oder Federschmuck zeigten, hatte Vogel für den Faschingsauftritt die zivile Variante mit Wetterjacke und Krawatte gewählt.
Abraumhalde Garitzer Kreisel
Die närrischen Truppen wurden angeführt durch die Sitzungspräsidenten Christian Rüth (BTC) und Alexander Pusch (Fidelia). Sie wurden unterstützt von ihren Mitstreitern Matthias Bühner und Axel Dürheimer, sondern hatten ihren Angriff auf die Stadtpolitik mit wohlgesetzten Worten aus der Feder von Christian Rüth vorbereitet.
Da ging es um die Garitzer „Abraumhalde“, bekannt auch als „Göritzer Kreisel“ mit ampelgeregelter Warteschleife und Tempolimit, um die neugestalteten Plätze als angebliche Zierde der UNESCO-Welterbestadt, und um den Dornröschenschlaf von Marktplatz und Fußgängerzone, bei denen sich Asphalt und Plattenbelag sich künstlerisch vereint. Auch das Terrassenfreibad, das einst mit Weizenturm und Liegewiese der beste Konkurrent zum heimischen Baumarkt-Schwimmtümpel war, stand auf der roten Liste von Rüth und Pusch und beide bedauerten nicht nur den Besucherrückgang, sondern auch die explodierenden Kosten der geplanten Sanierung.
Dauerbrenner fehlendes Hallenbad
Im Schlepptau der vorgezogenen Büttenrede standen auch Hallenbad und Steigenberger Areal in der Kritik und so blieb nur das Fazit gegenüber OB und Stadträten: „So, Schluss jetzt, macht Platz ihr Kissinger Western-Statisten. Ihr könnt nun im Death Valley euer armseliges Dasein fristen.“
Dieser Forderung hatten die Verteidiger außer beschönigenden Worten wenig entgegenzusetzen, auch wenn das Stadtoberhaupt auf humorvolle Art die närrische Sicht auf die Stadtverwaltung zurechtrückte. Schlüsselübergabe und Goldtaler mit schokoladigem Inhalt wechselten die Besitzer und beim geselligen Beisammensein kam es zu Schunkelfolgen und Verbrüderungsszenen zwischen den Kontrahenten.
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