Über der diesjährigen, nunmehr dritten Vesperkirche in der Morizkirche zu Coburg steht das Motto „Zusammenhalt“. Zwei Wochen, bis zum 30. März, laden die Kirchgemeinden des evangelisch-lutherischen Dekanats Coburg und die Diakonie mit Unterstützung zahlreicher Helfer und Sponsoren zu Speis`und Trank ein. Aber auch zu Gesprächen und Begegnungen, zu Gottesdiensten, zu Musik und Tanz – sie wollen vor allem eines geben: Gemeinschaft und Zusammenhalt.
Volle Kirche
Kaum 10 Uhr an diesem sonnigen Sonntagmorgen, und die Morizkirche ist schon proppevoll. Freundliche lächelnde Gesichter, an den Tischen machen sich die Menschen bekannt. Das Organisationsteam trifft sich zu letzten Instruktionen: Hygiene, wer gibt was aus, wo wird das leere Geschirr abgestellt. „Hier packt jeder mit an“, freut sich Michael Haug.
Alle hier in der Runde sind keine Neulinge bei der Vesperkirche und die meisten von Anfang an dabei. Im vergangenen Jahr hat Ann Engel noch Urlaub nehmen können. Das, bedauert sie, habe heuer nicht geklappt, dafür hat sie ihren Mann Joachim mitgebracht. Maria Kollo ist schon jetzt hellauf begeistert: „Ich bin als Katholikin ökumenisch unterwegs. Das hier ist eine super tolle, die Menschen verbindende Idee, was in der heutigen Zeit so wichtig ist.“ Ann freut sich auf die älteren Damen, die sie kennengelernt hat. Alle sind motiviert und engagieren sich mit Herz und Hand und freuen sich auf die herzliche Gemeinschaft in der Helferschar und mit den Gästen.
Vesperkirchen-Gummibärchen und Bedford-Strohm
Genau das, sagt Pfarrer Veit Röger, sei die Intention der Vesperkirche: „An einem Tisch sitzen, in einer Sprache sprechen, so verschieden wir auch sind.“ So unterschiedlich wie die Vesperkirchen-Gummibärchen, die in Schüsselchen verteilt werden und zum Naschen verleiten. Herzlich begrüßter Gast ist Prof. Heinrich Bedford-Strohm, ehemaliger Vorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland und ehemaliger Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern.
In seiner Predigt geht er auf das Thema Gemeinschaft ein. Wo kann sie besser gelebt werden, als bei einem guten Essen, das verbindet. Eine wirkliche Gemeinschaft vertrage kein oben und kein unten, keine Hierarchien, keine Unterschiede, sie versöhne im Wort Gottes alle Menschen. In diesem Sinne setze die Vesperkirche ein Zeichen der Hoffnung gegen alles, was spaltet. „Lasst uns miteinander rede, einander zuhören, einander annehmen, mit allen Ecken und Kanten“, legt er den Gästen ans Herz und trifft an diesem Sonntagmorgen ganz sicher auf offene Herzen.
Konzerte, Lesungen, Workshops
Pfarrer Veit Röger und Diakonin Nicole Koch stellen vor, was die Vesperkirche in den kommenden zwei Wochen auftischt: verschiedene Gottesdienste von Schlager bis Jugend, Konzerte, Lesungen, Workshops, Spielenachmittage, Markt der Möglichkeiten mit zahlreichen Angeboten sozialer Einrichtungen und vieles mehr – und täglich ein leckeres Drei-Gänge-Menü, das jeweils mit dem gemeinsamen Mittagslied eingeläutet wird. Ein Lied, das von Organist Peter Stenglein extra für die Vesperkirche komponiert und getextet wurde. Am Sonntag stehen Blumenkohlsuppe, Sauerbraten und Klöße, für Vegetarier Gnocchi und Gemüse sowie frisches Obst auf dem Speiseplan.
„Wir sind das erste Mal“
Stefanie und Thomas Weigand sind mit ihrem Sohn Fabian aus Grub am Forst gekommen. „Wir sind das erste Mal“, sagt Stefanie, die sich sofort heimisch und willkommen fühlt. Im vergangenen Jahr, erzählt sie, habe sie so viel Positives gehört, und Zusammenhalt in der Gesellschaft sei ihr ohnehin sehr wichtig.
An einem Tisch haben Gundi Saal, Irmingard Eidt, Sigrid Kranz und Hildegard Gutgesell Platz genommen. Die vier Damen leben allein und freuen sich auf die Gemeinschaft und die Gespräche am Tisch. Irmingard Eidt hat sich jahrzehntelang in der Kirchgemeinde engagiert. „So einfach geht das in meinem Alter leider nicht mehr. Aber ich wasche und bügele noch die Schürzen des Küchenteams. Das kann ich noch, und es ist mir wichtig, dabei zu sein“, sagt sie.
Allein, aber nicht einsam, nennt es Gundi Saal und legt jedem ans Herz: „Man muss dafür auch selbst etwas tun.“ Und Musik, das bestätigen alle, führe immer die Menschen zusammen. Ja, wo man singt, da lass dich ruhig nieder, meint Sigrid Kranz. Wie samstags bei der Musik zur Marktzeit in der Morizkirche, wo viele gern sind. Heike Engel aus Rödental setzt sich zu dem Damen-Quartett und ist gleich herzlich in der Runde aufgenommen: Eben unkompliziert miteinander ins Gespräch kommen, wie Hildegard Gutgesell sagt.
Fotobox
An der Fotobox ist mächtig Betrieb. Unter dem Motto „Zusammenhalt“ werden hier Bilder geschossen – mindestens 555 sollen es am Ende der zwei Wochen sein. Und Reina Freeß und Tochter Ronja halten zusammen: Die beiden haben gemeinsame Hobbys, kochen und essen gern zusammen, treffen sich oft und reden viel miteinander.
Dann ist das Essen bereit. Can Aydin, Dritter Bürgermeister der Stadt, ist begeistert von der Herzlichkeit und Stimmung in der Kirche. Die über 160 Ehrenamtlichen verdienten großen Respekt. „Eine wirklich tolle Idee, diese Vesperkirche, die schon Tradition hat.“ Und in der Fastenzeit, dem kann Aydin nur zustimmen, heißt es in der Morizkirche: Einsamkeit fasten.